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Sigmar Gabriel
Truppenbesuch mal anders

Wenn ein deutscher Außenminister reist, wird dem Zufall möglichst wenig überlassen. Überraschungen sind unerwünscht. Ab und an kommt es dennoch zu kurzen Szenen, die niemand voraussehen kann – so geschehen bei Sigmar Gabriels Besuch in Washington. Dort traf er auf eine Gruppe Bundeswehrsoldaten.

Von Klaus Remme |
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) unterhält sich am 18.05.2017 vor dem Weißen Haus in Washington, D.C. (USA) nach seinem Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater des US-Präsidenten, McMaster, mit deutschen Soldaten, die zu einer Weiterbildung in Washington sind. Der deutsche Außenminister Gabriel ist zu einem zweitägigen Besuch in den Vereinigten Staaten von Amerika und besucht anschließend Mexiko. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa | Verwendung weltweit
    Bundesaußenminister Gabriel bei einem spontanen Treffen mit Bundeswehrsoldaten in Washington. Der Minister erzählt auch von seiner Zeit bei der Bundeswehr. (dpa/Bernd von Jutrczenka)
    Als Sigmar Gabriel nach seinem Gespräch mit dem Nationalen Sicherheitsberater McMaster das Weiße Haus verlässt, warten die mitreisenden Journalisten schon eine Weile auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Auf seinem Weg entdeckt Gabriel unter den Touristen eine Gruppe Bundeswehrsoldaten in Uniform. Der O-Ton zur Ukraine und zum Streit mit der Türkei muss warten:
    "Der Minister will 'Guten Tag' sagen zu den Soldaten,"
    erklärt seine Sprecherin kurz. Spontanes, ungeplantes Gespräch zwischen deutschen Soldaten und dem Außenminister. Mikrofone schwenken um. Gabriel fragt im Sekundentakt das Wesentliche ab, woher, warum, wohin! 20 Soldaten, aus Sonthofen, gerade angekommen, Ausbildungslehrgang südlich von St. Louis, aber erst mal drei Tage Washington. Akklimatisierung, politische Bildung, heißt es. Gabriel ist offensichtlich beeindruckt:
    "Irgendwie hab ich, als ich bei der Bundeswehr war, was falsch gemacht. Ich bin durch Celle gefahren, das war’s. Das Schlimmste war, dass ich in Celle meinen LKW-Führerschein bei der Bundeswehr machen musste, da sind so kleine Gassen. Da gab’s einen verrückten Oberfeldwebel, der hat mich wahnsinnig gemacht.
    Genug Smalltalk. Die Bundeswehr ist schließlich gerade in aller Munde:
    Außenminister Gabriel: "Ich hab jetzt gelesen, sie dürfen nicht mehr 'Schwarzbraun ist die Haselnuss' singen. Ich bin sicher, dass das die Demokratie in der Bundeswehr ganz doll voranbringt. Diskutieren sie so was auch? Ist ja ne irre Geschichte."
    Gabriel: Solche Verrücktheiten hat es immer mal gegeben
    Ein Hauptmann meldet sich, alles persönliche Meinung sagt er, er sei ja hier kein Gruppensprecher:
    "Manche Dinge sind halt einfach ein bisschen aus dem Ruder gelaufen, man muss nicht den Wehrmachtsstahlhelm und den SS-Dolch ausstellen, das passt nicht ins rechte Licht."
    Außenminister Gabriel: "Ehrlich gesagt, hat‘s solche Verrückheiten immer mal gegeben. Bewaffnete Einheiten ziehen Bekloppte an. Ja, natürlich, Rechtsradikale fühlen sich angezogen, und die Bundeswehr hat‘s immer geschafft, das zu bewältigen, rauszufinden. War vielleicht bei der Wehrpflicht-Armee einfacher.
    In diesem Punkt scheinen sich Politiker und Offizier einig:
    "Man sagt, das ist eine Berufsarmee. Man tut sich schwer mit dem Budget und mit der Zeit, insgesamt ist die Auftragsdichte ja 150 oder 200 Prozent und dann fallen natürlich Dinge hinten runter."
    Darf nicht sein, konzediert Gabriel. Aber: Nach wie vor halte er die Bundeswehr für eine weitgehend ungebrochene Erfolgsgeschichte:
    "Ich finde das schrecklich, was da passiert ist, mit diesem Franco A. und wenn das jetzt noch vertuscht worden ist, noch schlimmer. Auf der anderen Seite, gucken sie sich an, wie lange es in Deutschland Armeen gibt. Das ist das einzige Mal, dass wir eine über Jahrzehnte hinweg, stabile, demokratische, in der Bevölkerung verankerte Armee haben."
    Die Sprecherin scharrt mit den Füssen, der Zeitplan drückt, diese Zufallsbegegnung kommt an ihr Ende.
    "Vielen Dank. Machen sie et jut."
    Natürlich kommt dann noch schnell die Frage nach dem Foto.
    "Wenn ihnen ein Foto mit einem Politiker nicht peinlich ist."
    Ist offensichtlich niemandem peinlich. Da stehen sie nun, die deutschen Soldaten und der deutsche Außenminister, direkt vor dem Weißen Haus. "Das war ja lustig", sagt Gabriel Sekunden später zu den Journalisten, holt Luft und redet über die Ukraine und die Türkei. Die Soldaten ziehen weiter. Ihre nächste Station in Washington: Kriegsdenkmäler.