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Sotschi
Von der Olympia- zur WM-Stadt

Genug Hotelzimmer und ein Stadion am Strand: Die WM-Stadt Sotschi profitiert derzeit von Bedingungen, die teilweise schon für die Olympischen Winterspiele 2014 geschaffen wurden. Auch für die Zeit nach der Fußball-WM gibt es große Pläne für die Stadt am Schwarzen Meer.

Von Thielko Grieß | 23.06.2018
    Das Fischt-Stadion in Sotschi wurde für rund 47 Millionen Euro vom Olympia- zum Fußballstadion umgebaut.
    Das Fischt-Stadion in Sotschi wurde für rund 47 Millionen Euro vom Olympia- zum Fußballstadion umgebaut. (imago sportfotodienst)
    Der gräuliche Kieselstrand zieht sich nur wenige Meter vom Hotel der deutschen Mannschaft entfernt am Ufer des Schwarzen Meeres entlang. Hier stehen Liegestühle, wird Eis verkauft, auf der Promenade sind Skater, Jogger und Fahrradfahrer unterwegs. Das 5-Sterne-Hotel selbst ist vom Weg aus gut einsehbar.
    Vor wenigen Wochen gab es dort noch Zimmer für dieses Wochenende, wenngleich nicht mehr die teuersten. Verlangt wurden der doppelte Preis und eine Buchung von mindestens drei Nächten. Inzwischen sind alle Betten weg, aber es gibt noch andere Unterkünfte zu erschwinglichen Preisen. Das liegt vor allem daran, dass in Sotschi seit gut einem Jahrzehnt viel gebaut worden ist. Sergej Jurtschenko, stellvertretender Bürgermeister der Schwarzmeerstadt mit Zahlen.
    "Die Stadt hat touristisches Potenzial. Das liegt daran, dass wir ziemlich viele Zimmer in Hotels haben, die wir für die Olympischen Spiele gebaut haben. Dort können gleichzeitig 200.000 Menschen untergebracht werden. Und das in einer Stadt, die 500.000 Einwohner hat. Diese Zimmer sind klassifiziert, gehören also zu mit Sternen klassifizierten Hotels."
    Sotschi lebt vom Tourismus
    Die neuen Bauten haben allerdings auch zu einem Stadtbild geführt, in dem nun Investorenarchitektur dominiert. Sotschi ist ein Ort, der vom Tourismus lebt und ihm das allermeiste unterordnet. Die Fußballer übernachten in Sichtweite des früheren Olympia-Stadions, das für umgerechnet rund 47 Millionen Euro zum Fußballstadion umgebaut wurde. Tribünen wurden hinzugebaut, um den Platzvorgaben der FIFA zu entsprechen. Nach der WM werden sie wieder abgebaut. Wenige Kilometer vom Stadion entfernt liegt der Flughafen: also alles recht komfortabel, um schnell hin und wieder wegzukommen.
    Nur mit dem eigentlichen Sotschi hat dieser Stadtteil, der Adler heißt, wenig zu tun. Die meisten Fans werden wohl eher im Zentrum der Stadt übernachten als in der Nähe des Stadions. Über seit den Olympischen Spielen ausgebaute Schnellstraßen sind die gut 30 Kilometer vom Stadion ins Zentrum rasch zu überwinden - ohne im alltäglich auch schon mal dichten Verkehr stecken zu bleiben, verspricht der stellvertretende Bürgermeister:
    "Wir lassen noch einmal 134 Busse mehr fahren, die zwischen dem Flughafen und dem Stadion 'Fischt' pendeln, zwischen Flughafen und Fan-Fest, zwischen Fan-Fest und Stadion und so weiter. Wir haben die Logistik so berechnet, dass die Fans ohne große Staus fahren."
    Gute Infrastruktur
    Außerdem sind Züge unterwegs. Die Erfahrungen nach den ersten beiden Spielen in Sotschi zeigen, dass es klappt; wer wollte, ist wohl rasch im Zentrum angekommen. Dort, direkt am Jachthafen, ist zum Beispiel auch das Fan-Fest aufgebaut worden. Die Verkehrsinfrastruktur und das Stadion sind aber nicht das einzige, worauf die Stadtoberen stolz sind: "Es gibt zwei Fußballfelder, auf denen jetzt WM-Mannschaften trainieren - aber es sind ganz normale Fußballfelder. Das heißt, der Kinder- und Jugendfußball werden sich noch stärker entwickeln."
    Auf den Investitionen ruhen ohnehin viele Hoffnungen in Russland, um den Fußball landesweit voranzubringen und in prestigeträchtigen Turnieren mehr erreichen zu können. Der örtliche Verein spielt unter ferner liefen, weshalb die Mächtigen im russischen Fußball auf die Idee verfallen sind, einen schon existenten Klub nach Sotschi umziehen zu lassen. Der Zweitligist Dynamo Sankt Petersburg siedelt aus dem kühlen Norden in den warmen Süden und nimmt den Namen FK Sotschi an. Er soll die Zuschauer ins Stadion locken. Denn das ist es, was sie hier brauchen, um die teuren Bauten weiter sinnvoll zu nutzen.
    Auch wenn Jurtschenko dies noch anfügt: "In der Formel 1 findet der Grand Prix von Russland im September statt. Nächstes Jahr die Weltmeisterschaft im Boxen. Das sind große Veranstaltungen. Und noch andere: Ironstar oder ein Marathon zum Beispiel. Bis 300 Veranstaltungen jährlich."
    Der Vertrag über die Formel-1-Rennen läuft bis 2025. Wie Sotschi die auch für Großveranstaltungen geeigneten Arenen außerdem füllen kann, ist aber noch nicht ausgemacht.