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Spagat zwischen Exzellenzvorgaben und Geldnot

Die Unis in der Hauptstadt Berlin haben klamme Kassen. Wegen einer dünnen Grundfinanzierung durch den Senat, werden inzwischen schon 40 Prozent der Mittel extern durch Drittmittel finanziert. Dennoch herrscht ein Engpass bei der Lehre und die Frage der Abhängigkeit von Außen steht auch im Raum.

Von Verena Kemna |
    Alle drei Berliner Universitäten müssen sparen. An der Freien Universität Berlin sei bereits die Hälfte der Professorenstellen durch Drittmittel finanziert, erklärt FU-Präsident Peter-André Alt. Auch Hans-Ulrich Heiß vom Institut für Telekommunikationssysteme der Technischen Universität Berlin spricht von einer zu knappen Grundfinanzierung.

    "Es geht insgesamt um die Relationen. Den 265 Millionen Landeshaushalt, die die TU hat, stehen 155 Millionen Drittmittel gegenüber. Das heißt, wenn man beides zusammenzählt, dann hat der externe Anteil bereits fast 40 Prozent eingenommen und das ist natürlich eine Form von Abhängigkeit, die man so nicht noch steigern möchte."

    Dazu kommt, dass sich die Berliner Hochschulen durch doppelte Abiturjahrgänge auf weitere 6000 Studienplätze einstellen müssen, finanziert vom Land Berlin mit zusätzlichen 70 Millionen Euro. An der knappen Grundfinanzierung und dem schlechten Betreuungsschlüssel ändert das aber nichts. Erik Marquardt studiert Chemie an der TU im siebten Semester. Er schätzt sich glücklich, schließlich hat er als einer von durchschnittlich sechs Bewerbern überhaupt einen Studienplatz in Berlin ergattert. Der Chemiestudent ist auch Studierendenvertreter. Er weiß, dass sich viele Studierende in den meistens überfüllten Hörsälen schlecht oder gar nicht betreut fühlen.

    "Manchmal ist es so, dass man ein Jahr länger studieren muss, dadurch, dass man nicht in alle Veranstaltungen reinkommt. Manchmal ist es so, dass man in Seminaren mit 60, 70, 80 Leuten sitzt und da eben schon merkt, dass es in einzelnen Seminaren keine gut Betreuungssituation gibt."

    Als Studierendenvertreter fordert er mehr Personal für mehr gute Lehre. Derzeit werden an allen Berliner Universitäten Defizite in der Lehre durch Drittmittel aufgefangen. So seien an der Freien Universität Berlin bereits über die Hälfte der eintausendachthundert wissenschaftlichen Mitarbeiter über Drittmittel finanziert, erklärt FU Präsident Peter-André Alt. Dabei brauchen die Universitäten auch langfristige Professuren und Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Von derzeit 104 Juniorprofessuren an der Freien Universität Berlin konnten etwa zwanzig einen längerfristigen Vertrag bekommen. Doch Peter-Andre Alt will sich damit nicht zufrieden geben.

    "Ich möchte gerne, dass wir mit den außeruniversitären Einrichtungen die ein gutes Budget haben, Karrierewege entwickeln. Ich möchte gerne mehrere gemeinsame Berufungen realisieren, damit man so auch mehr Planbarkeit in der Sicherheit von Karrieren entwickeln kann und das kann man mit Max-Planck Instituten und Fraunhofer Instituten, die ihrerseits ein Interesse haben, dass ihr Nachwuchs bei uns tun kann, was er bei ihnen nicht tun kann, nämlich lehren. Das ist für jede akademische Karriere unabdingbar."

    Sowohl die Kooperation mit außeruniversitären Instituten als auch eine längerfristige zusätzliche Finanzierung durch den Bund seien wichtig für die künftige Finanzierung der Berliner Hochschulen. Mit mehr Geld aus der leeren Berliner Landeskasse rechnet auch Hans-Ulrich Heiß von der Technischen Universität Berlin nicht. Er rechnet vor, dass eine Hochschule wie die seine nicht nur als Kostenfaktor gelten dürfe.

    "Im Jahr 2009 haben die Spin Off's der TU Berlin einen Gesamtumsatz von 765 Millionen generiert und 14.000 Arbeitsplätze und wenn man Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer und Körperschaftssteuer zusammen nimmt und das mit dem Landesbudget von 265 Millionen vergleicht, dann kann man sagen, dass mit jedem Euro der in die TU Berlin gesteckt wird mehr als ein Euro an Einnahmen wieder zurück kommt."