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Steul: "Interessantes und zukunftsfähiges Modell"

Der Intendant des Deutschlandradios, Willi Steul, hat das Kirchhof-Gutachten zur Neuordnung der Rundfunkgebühren begrüßt. Der dort vorgeschlagene allgemeine Rundfunkbeitrag pro Haushalt sei einfacher und besser handhabbar als die gerätebezogene Gebühr.

Willi Steul im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Tobias Armbrüster: Die Rundfunkgebühr steht zurzeit auf dem Prüfstand. Die Ministerpräsidenten der Länder wollen in den kommenden Wochen entscheiden, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft finanziert werden soll. Gestern hat der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof sein Gutachten zu einer neuen Haushaltsabgabe vorgestellt. Wie der Name schon sagt, müsste jeder Haushalt diese Gebühr zahlen, egal ob in der Wohnung ein Empfangsgerät steht oder nicht. - Im Studio begrüße ich jetzt den Intendanten des Deutschlandradios, Willi Steul. Schönen guten Morgen, Herr Steul.

    Willi Steul: Guten Morgen, Herr Armbrüster.

    Armbrüster: Was halten Sie von dieser Haushaltsabgabe?

    Steul: Ich halte das grundsätzlich für ein sehr interessantes und auch zukunftsfähiges Modell. Wissen Sie, heute wird ja in der Gesetzesgrundlage, die die Rundfunkgebühr begründet, das Gerät definiert, und wissen Sie, es gibt ja mittlerweile Kühlschränke, mit denen können sie ins Internet gehen, und es wird Geräte geben, jetzt nicht nur das Handy, sondern Geräte, mit denen sie Rundfunk und Fernsehen empfangen können, die wir uns heute gar nicht vorstellen können. Deshalb halte ich das Weggehen von der gerätebezogenen Gebühr hin zu einer Haushaltsgebühr oder haushaltsbezogenen Gebühr für das einfachere, für das bessere und überhaupt das besser handhabbare.

    Armbrüster: Ich schätze mal, viele Hörer, die das jetzt mitbekommen, denken sofort, oh je, müssen wir dann mehr Rundfunkgebühr zahlen?

    Steul: Wie hoch die Gebühr sein wird, das kann man nicht sagen. Wir haben heute eine zunehmende Zahl von Menschen, die in diesem alten Modell, wenn sie umziehen, sich nicht mehr wieder anmelden. Es gibt dann die Kontrollen durch die GEZ, durch die Gebühreneinzugszentrale. Da gibt es zwar im ganz winzigen Promillebereich auch Peinlichkeiten in diesem System. Das würde wegfallen. Man weiß über die Einwohnermeldeämter, wie die Haushalte sind, und die Rundfunkgebühr könnte - aber ich will mich dazu nicht äußern, weil das muss man erst rechnen und das wurde noch nicht getan, wir kennen noch nicht präzise das, was die Politik schließlich beschließen wird - aber die Rundfunkgebühr pro Haushalt könnte dann niedriger sein als die Rundfunkgebühr heute.

    Armbrüster: Paul Kirchhof hat nun festgestellt, dass eine solche Abgabe mit der Verfassung vereinbar wäre. Ist das Ganze damit schon beschlossene Sache?

    Steul: Nein, überhaupt nicht. Wir, das heißt ARD, ZDF und Deutschlandradio, wir drei Säulen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, haben gemeinsam Herrn Kirchhof eingeladen und haben ihn gefragt, die Frage gestellt, Herr Kirchhof, wie könnte ein Modell aussehen - nicht ein Modell, was wir vorgegeben haben -, wie könnte ein Modell aussehen, was gerecht ist, was einfacher ist und was den verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt. Paul Kirchhof hat dann in völliger Freiheit des Wissenschaftlers und ehemaligen Bundesverfassungsrichters sein Gutachten geschrieben - das sind ungefähr 80, 90 Seiten - und er kommt zu dem Schluss, ein solches Modell, was er nun vorschlägt, dies sei mit allen diesen Kriterien sicher und verfassungsrechtlich sauber, es sei gerecht. Wissen Sie, das ist so wie: Man zahlt ja auch für die Straße Anliegergebühr, obwohl man kein Auto hat. Er geht davon aus, dass in der modernen Welt der moderne, normale Haushalt irgendein Gerät hat, über das man Rundfunk und Fernsehen empfangen kann, und deshalb begründet er damit, weil auch die gesamte Verfassungsgerichtssprechung der letzten Jahrzehnte davon ausgeht oder definiert, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Element für das Funktionieren unserer Demokratie und muss deshalb bezahlt werden durch eine Gebühr, durch einen Beitrag, durch eine Abgabe - das sind juristische Begriffe, die sich ein bisschen unterscheiden -, deshalb begründet Kirchhof auch die Pflicht, dass jeder Haushalt zu dieser öffentlich-rechtlichen Finanzierung beizutragen habe.

    Armbrüster: Was würde diese Abgabe, diese Haushaltsabgabe, wenn sie denn kommt, denn nun bedeuten für die drei Programme Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen?

    Steul: Nichts! Wir gehen davon aus - und das hat gestern Abend in einer Stellungnahme auch Ministerpräsident Beck, der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, gesagt -, er geht davon aus, dass die Einnahmeseite für die Öffentlich-Rechtlichen gleich bleibt, dass wir also keine, sagen wir, Verluste haben bei einer Umstellung des Systems, also bedeutet das für uns nur eine, in einem anderen Gebührenmodell, einem einfacheren und vielleicht auch gerechteren Gebührenmodell, gesicherte Einnahmesituation.

    Armbrüster: Der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof hat gestern sein Modell für eine Haushaltsabgabe vorgestellt, die an die Stelle der Rundfunkgebühr treten könnte. Wir haben darüber gesprochen mit Willi Steul, dem Intendanten des Deutschlandradios. Vielen Dank, Herr Steul, für dieses Gespräch.