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Taizé-Treffen in Prag
In Krisenzeiten Hoffnung ausstrahlen

Von Kilian Kirchgeßner |
    So voll ist die Prager Messehalle, dass der Gesang kaum bis zu den hintersten Plätzen vordringt. Zehntausende sind es, die hier beim Abendgebet dabei sind - auf dem Betonfußboden der Halle sitzen sie, ganz vorne knien die Brüder von Taizé in ihrem weißen Ordens-Habit um ein Kreuz. Einer von ihnen ist Frère Alois - der Prior der ökumenischen Taizé-Gemeinschaft.
    "Sicher gibt es auch eine politische Dimension dieses Treffens, auch wenn es zuerst um Glauben geht. Konkret ist es so, dass zu diesem Treffen auch viele aus der Ukraine kommen, aus Weißrussland und Russland. Und jetzt in der augenblicklichen Situation, dass Prag ein Ort sein kann, wo Menschen aus diesen Ländern einander begegnen können, aufeinander hören können; ist ein wichtiger Schritt, glaube ich."
    2.500 junge Ukrainer sind nach Prag gereist. Eine von ihnen, die hier in den Messehallen um Frieden beten, ist Julia. Die 23-Jährige ist aus Kiew angereist. Es falle ihr schwer, über die Krise in ihrer Heimat zu sprechen, sagt sie. Aber dann kommt sie doch ins Erzählen:
    "Wenn Du bei Taizé dabei bist, bist Du das Gesicht der Ukraine - das hat ein Pater zu mir gesagt. Es ist eine großartige Chance zu zeigen, dass wir eine europäische Nation sind, dass wir in Frieden leben und unsere Tradition und Kultur mit anderen teilen wollen."
    Herr, schenke uns Frieden - das singen die Tausenden Jugendlichen in der Prager Messehalle; das Lied gibt den Grundton des Treffens vor. Die europäischen Jugendtreffen hätten eigentlich immer Frieden und Versöhnung zum Ziel, sagt Frère Alois. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu:
    "Und jetzt in der Situation, wo Gewalt an vielen Orten mehr ausbricht, wird das sicher noch wichtiger, dass junge Menschen, dass in jedem Land Menschen des Friedens leben und dass die Jugendlichen mithelfen wollen, dass es in Europa und darüber hinaus Frieden gibt."
    Mehr als symbolische Kraft kann das Treffen nicht entfalten. Die allerdings kann sehr stark sein. Schon einmal fand das jährliche Taizé-Jugendtreffen in Prag statt - 1990 war das, kurz nach der politischen Wende. So groß war der Enthusiasmus dieser Zeit, dass das Taizé-Treffen zu einer riesigen Kundgebung wurde. Mehr als 80.000 Teilnehmer waren damals, vor 24 Jahren, dabei. Frère Alois:
    "Ich erinnere mich besonders an Menschen, die auch einen Preis bezahlt haben für diesen Kampf um Freiheit. Und die wussten, dass Freiheit kein leichter Weg ist. Dass Freiheit auch ein Verantwortungsbewusstsein beinhaltet, auch beinhaltet, dass wir Verantwortung übernehmen. Freiheit ist nicht nur 'ich habe recht auf alles', sondern bedeutet Solidarität."
    Genau diese Botschaft sei heute, ein Vierteljahrhundert später, wieder brennend aktuell geworden. Den Wert der Freiheit zu zeigen, das sei eines der Hauptanliegen des diesjährigen Treffens in Prag.
    "Also es ist kein Spaziergang, sondern es ist wirklich ein Pilgerweg, dass Jugendliche auch jetzt in unserer Zeit - die oft schwieriger ist als vor 25 Jahren - wo es mehr Enthusiasmus gab, mehr Zukunftshoffnung gab, dass Jugendliche auch heute Hoffnung ausstrahlen können. Darauf freue ich mich am meisten."
    So ähnlich geht es auch Julia, der Teilnehmerin aus der Ukraine:
    "Taizé ist ein sehr warmer Ort, wo man sich wie zu Hause fühlt, und das sind nicht nur leere Worte, ich habe wirklich das Gefühl, dass wir alle Brüder und Schwestern sind."
    Wie eine Verschnaufpause sei das Treffen für sie, bevor sie dann wieder zurückfährt in ihre Heimat.