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Terrorangst und Silvester
Der Böller-Streit

Böller oder Bombe? Viele haben mit dem Geräusch von besonders lauten Feuerwerkskörpern schon in normalen Zeiten Stress. Nach den Anschlägen von Paris kommt der Faktor Angst hinzu. Der Grünen-Politker Hans-Christian Ströbele fordert nun ein Verbot. Sein Vorschlag erntet aber vor allem in den sozialen Medien größtenteils Spott und Häme.

Von Tobias Zihn | 02.12.2015
    Ein Feuerwerker zeigt am 19.12.2014 bei einem Pressetermin in der Feuerwehrakademie in Hamburg zwei Böller der Kategorie F4 (orange Farbe) und einen in Deutschland nicht zugelassenen Böller (schwarze Farbe).
    Viele Feuerwerkskörper sind in Deutschland nicht zugelassen. (dpa / picture-alliance / Bodo Marks)
    "Die Leute wissen ja nicht, was das ist, was so fürchterlich bumst", begründet Hans-Christian Ströbele seinen Vorschlag. Seit den Terroranschlägen von Paris haben laute Geräusche in Frankreich - aber auch hier in Deutschland - wiederholt für falschen Alarm gesorgt. Immer wieder standen dabei Feuerwerkskörper im Verdacht, die Unruhen ausgelöst zu haben. Fußballfans sind bereits angehalten, keine Böller mehr in den Stadien zu zünden.
    Sinnvoll ist laut Ströbele ein Verbot von größeren Feuerwerkskörpern mit der drei- bis zehnfachen Knallkraft normaler Böller. In Deutschland darf der lauteste Böller 120 Dezibel in acht Metern Entfernung vom Ort der Zündung nicht überschreiten. Das entspricht einem sogenannten Kanonenschlag. Der Politiker ist der Meinung, dass viele Menschen in Deutschland angesichts der latenten Terrorgefahr "verunsichert sind und durch extrem laute Silvesterkracher in Schrecken versetzt werden."
    Niederländische Städte verbannen Silvesterknaller
    In den Niederlanden geht es den Krachmachern bereits an den Kragen. 56 Städte und Gemeinden planen einer Umfrage zufolge, am 31. Dezember böllerfreie Zonen einzurichten. Auch wegen des Terrors schwinde langsam aber sicher die Toleranz für Feuerwerk, sagt eine Sprecherin des Verbandes der niederländischen Kommunen. Vor allem um Altenheime und Krankenhäuser werden die Sicherheitsbereiche eingerichtet. Die Gemeinde Zeist bei Utrecht will die Knallerei auch rund um Flüchtlingsheime verbieten. Aufgrund ihrer traumatischen Erlebnisse könnten die Asylsuchenden Angst bekommen, hieß es zur Begründung.
    Ströbeles Vorschlag erntet Kritik
    Ströbeles Vorschlag stößt hierzulande bislang auf wenig Zustimmung. Das mag zum einen daran liegen, dass das deutsche Sprengstoffgesetz bereits sehr streng ist. "Wir sind in Deutschland viel weiter als die Niederländer und andere Nachbarländer", erklärt Klaus Gotzen, Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie - und verweist auf Paragraf 23 des Gesetzes. Darin heißt es: "Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern ist verboten". Das gilt gleichermaßen für Ausrichter von großen Feuerwerken als auch für Einzelpersonen. Wer dagegen verstößt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bestraft werden.
    Ströbele spricht sich in seinem Vorstoß zusätzlich für eine Ausweitung der knallfreien Zonen aus. Dass Feuerwerkslärm für traumatisierte Menschen eine Qual sein kann, erklärt Christa Roth-Sackenheim vom Berufsverband Deutscher Psychiater: Laute Geräusche könnten bei Menschen mit Kriegserlebnissen schlimme Erinnerungen hervorrufen und Traumata auslösen.
    Häme und Spott bei Twitter
    In den sozialen Netzwerken ruft der Ströbele-Vorschlag überwiegend Spott hervor:
    Politiker-Kollegen haben bislang Ströbeles gefordertes Böllerverbot kaum kommenrtiert - mit Ausnahme des Bundestagsabgeordneten Sebastian Steinecke (CDU):