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Theurer: Viele haben mich zur Kandidatur aufgefordert

Für die baden-württembergische FDP-Vorsitzende Birgit Hombuger geht es heute in Stuttgart um alles. Michael Theurer, ihr Vize, tritt heute gegen sie an. Seine Kandidatur begründet er damit, einen anderen Führungsstil einführen zu wollen. Dieser soll "weniger autoritär und diskussionunterdrückend" sein

Michael Theurer im Gespräch mit Christian Bremkamp |
    Michael Theurer: Ja, einen wunderschönen guten Morgen!

    Bremkamp: Herr Theurer, als hätte die FDP im Moment nicht schon genug Probleme mit ihrem Personaltableau, warum wollen Sie jetzt auch noch Frau Homburger aus dem Amt drängen?

    Theurer: Fakt ist, dass die FDP am 27. März in Baden-Württemberg ihren Stimmenanteil halbiert hat und viele Mandate verloren hat, die Wähler haben uns die Gelbe Karte gezeigt, und viele Mitglieder fordern jetzt eine programmatische Erneuerung der FDP, die nicht durch Personaldiskussionen belastet wird. Viele haben mich aufgefordert, hier zu kandidieren und konsequent Verantwortung zu übernehmen. Und genau deshalb trete ich heute an.

    Bremkamp: Aber diese Personaldiskussionen, die beflügeln Sie doch gerade mit Ihrem Antritt?

    Theurer: In der Demokratie ist es wichtig, dass es Alternativen gibt, und deshalb verbinde ich meine Bereitschaft, für den Landesvorsitz zu kandidieren, auch mit klaren Forderungen. Es geht ja jetzt im Landtag in schwieriger Situation darum, für die FDP eine intelligente Opposition zu machen, das heißt konstruktiv. Wenn zum Beispiel Grün-Rot die Direktwahl der Landräte einführt, dann ist das eine alte Forderung der FDP, die mit der CDU nicht zu machen war. Das müssen wir unterstützen, überhaupt war in der Vergangenheit die zu enge Anlehnung an die CDU in Baden-Württemberg ein Problem der FDP. Mit mehr Eigenständigkeit - da bin ich mir sicher - hätten wir auch aus der Schwäche von Mappus Gewinn für die FDP ziehen müssen. Im Landtag darf es deshalb keine Koalition in der Opposition geben, und auch in Berlin rate ich unserer Partei mehr Eigenständigkeit. Nur dann sind wir sichtbar und nur dann wird die FDP im Jahr 2013 bei den Bundestagswahlen Erfolg haben können.

    Bremkamp: Stichwort Hauptstadt: Verliert Frau Homburger ihr Parteiamt in Stuttgart, dürfte es für sie auch schwierig werden, ihre Funktion als Fraktionschefin in Berlin zu behalten. Eine Schwächung der Landespartei auf Bundesebene, können Sie so etwas wollen?

    Theurer: Die FDP in Baden-Württemberg steht hinter der Koalition in Berlin, hinter dem Personal, auch hinter Frau Homburger als Fraktionsvorsitzende. Der Landesverband Baden-Württemberg darf sich aber darauf nicht reduzieren lassen, wir sind die Südwest-FDP mit großen Traditionen, Graswurzeldemokratie, das heißt Bürgerorientierung, vor allen Dingen aber auch natürlich kleine und mittlere Unternehmen in den Fokus zu nehmen und - was wir etwas vernachlässigt haben - auch die öko-liberale Tradition, also eine vernünftige Umweltpolitik, also das heißt Umweltpolitik als Technologiepolitik. Und damit ist klar, wir müssen als Landesverband unsere eigenen Dinge ordnen.

    Bremkamp: Was stört Sie denn an der Arbeit von Frau Homburger?

    Theurer: Es geht jetzt nicht um die Vergangenheit, sondern es geht um die Zukunft. Wir brauchen einen Führungsstil, der weniger autoritär und diskussionunterdrückend ist, wir brauchen einen offenen Führungsstil, einen Führungsstil, der die Basis und die Bürgerinnen und Bürger mehr und stärker einbindet. Also genau darum geht es jetzt, eine Öffnung der Partei für die großen Themen der Zukunft. Und wir haben ja gerade vorher gehört, etwa in der Eurofrage, Rettungsschirm, fragen sich schon viele Bürgerinnen und Bürger, was wird aus ihren Ersparnissen? Wie kriegen wir es hin, eine Ordnungspolitik zu machen, die ihren Namen verdient, die soziale Marktwirtschaft zukunftsfähig zu machen, und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa?

    Bremkamp: Nun sind Sie ja bereits Partei-Vize in Baden-Württemberg. Bot Ihnen diese Position bislang zu wenig Gestaltungsspielraum, oder warum jetzt der Drang nach Höherem?

    Theurer: Die Grundlinie wird natürlich von der Parteispitze, also von der Vorsitzenden und Spitzenkandidaten gemacht, das ist ganz klar. Ich habe meinen Job gemacht, das ist auch nachgewiesen, und jetzt geht es um die Zukunft. Da gibt es Punkte, wo ich in der Vergangenheit zu stark auf Parteiführung gehört, zu wenig stark eingebracht, und genau deshalb haben ja viele Mitglieder gesagt, Michael Theurer tritt jetzt an und übernimmt konsequent Verantwortung. Und genau deshalb kandidiere ich jetzt, um einen anderen Führungsstil einzuführen, die Mitglieder stärker mitzunehmen und vor allen Dingen die FDP für die Zukunftsthemen zu öffnen.

    Bremkamp: Sie gehen ja noch weiter und legen Bundeswirtschaftsminister Brüderle den Rückzug als Partei-Vize nahe. Warum das, wollen Sie so etwas wie der Revoluzzer aus dem Schwabenland werden?

    Theurer: Das entspricht ja nicht den Tatsachen im Hinblick auf den Bundesparteitag habe ich dabei klar und deutlich gemacht, welch gute Arbeit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle macht, der hat bei Opel dafür gesorgt, dass keine Staatssubventionen notwendig sind, er ist eingetreten für eine moderne Wettbewerbs- und Kartellpolitik ...

    Bremkamp: ... dann kann er doch bleiben, wo er ist?

    Theurer: Es geht bei der Bundesspitze auch darum, ob neue Gesichter an die Parteispitze kommen können, und deshalb habe ich Herrn Brüderle geraten, sich genau zu überlegen, ob er antritt. Wenn er antritt, hat er alle Chancen.

    Bremkamp: Aber ist nicht genau das das Problem der FDP im Moment, dass da so viel über Namen, Funktionen, Parteiämter gesprochen wird und nicht über Inhalte, obwohl Sie dies ja immer anführen?

    Theurer: Genau, es geht jetzt darum, dass wir nicht über Namen, Nasen und Personen sprechen, sondern über Kompetenzen, über Qualifikationen und über Rollen. Und da ist meine Baustelle der Landesverband Baden-Württemberg, weil wir hier Kompetenzen brauchen, die moderierend sind, die offen sind, die einen neuen Führungsstil einführen.

    Bremkamp: Michael Theurer war das, der Mann, der heute gerne neuer FDP-Chef in Baden-Württemberg werden würde. Ich danke Ihnen für das Gespräch!

    Theurer: Ja ich danke Ihnen, schönen Tag!