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Tierfutter
Teurer als Hühnchen

Katzen- und Hundefutter ist oft um ein Vielfaches teurer als das Geflügel, das eingeschweißt unter Folie in den Kühltruhen der Supermärkte liegt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Marktbegehung der Verbraucherzentrale Bremen. Dabei enthält das Tierfutter oft zahlreiche tierische Nebenerzeugnisse - Produkte, die ein Mensch nicht essen würde.

Von Franziska Rattei |
    Tiernahrung lagert in der Bremer Tiertafel
    Tiernahrung in der Bremer Tiertafel (deutschlandradio.de / Franziska Rattei)
    Die Tür zum kleinen Vereinsbüro der Bremer Tiertafel hat sich gerade erst geöffnet, da stehen schon knapp 20 Menschen Schlange. Gabi Meinert war eine der ersten an der Ausgabe-Theke. Sie schichtet das Futter für ihre Katze, ihren Hund und ihre beiden Chinchillas in Rucksack und Einkaufs-Trolley. Fast 10 Kilogramm Futter in Dosen und Plastikbeuteln. Das müsste reichen für die nächsten paar Wochen.
    "... prima danke... Meine Schatzis freuen sich."
    Das Futter, das die Bremer Tiertafel austeilt, ist gespendet. Gabi Meinert bekommt es wegen ihres geringen Einkommens geschenkt. Wenn es die Bremer Tiertafel nicht gäbe –
    "Dann würde ich auf Essen verzichten. Aber ich könnte meine Tiere nicht abgeben. Dann könnte ich nicht mehr leben. Ich kann meine Tiere nicht weggeben."
    Das Tierfutter im Geschäft kann Gabi Meinert sich nicht leisten. Es kostet bis zu drei Mal mehr als billiges Geflügelfleisch, das eigentlich für den menschlichen Verzehr bestimmt ist. Das hat die Verbraucherzentrale Bremen bei einem Preisvergleich in verschiedenen Supermarkt-Ketten festgestellt. Regina Aschmann arbeitet bei der VZ Bremen im Bereich Ernährung und hat die Untersuchung begleitet:
    "Wir sind der Auffassung: es kann nicht sein, dass ein Huhn für einen Menschen nur ungefähr ein Drittel von dem kostet, was das Katzenfutter für die geliebte Katze zu Hause kostet. Das ist eine Diskrepanz, und die wollten wir einfach mal aufzeigen."
    Auch Martin Rode, Landesgeschäftsführer beim Bund für Umwelt und Naturschutz Bremen, hält das Ergebnis der Verbraucherzentrale für erschreckend.
    "Wenn Fleisch so billig ist, kann es kein gutes Fleisch sein. Das geht nicht. Wenn ich etwas ordentlich und angemessen produzieren will, hat es seinen Preis. Die Jagd nach immer billigeren Preisen führt dazu, dass die Qualität zwangsläufig stark absinken muss."
    Billig-Geflügel für drei Euro pro Kilogramm oder weniger kann nur aus Massentierhaltung stammen, sagt Rode. Dennoch: die Bundesbürger kaufen es, im Durchschnitt rund 20 Kilogramm pro Jahr.
    "Beim Tierfutter kommt der Aspekt hinzu, dass jemand, der ein Tier hält – seinen Hund meinetwegen – seinem Hund gern Gutes tut. Und plötzlich ist die Relation zu Preis und dem, was ich an Ware haben will, eine andere."
    Die Liebe zum Haustier - ein Grund, warum die Deutschen jährlich knapp drei Milliarden Euro für Heimtier-Fertignahrung ausgeben. Billiggeflügel wäre eine ungesunde Alterative, sagt Cornelia Ewering. Sie ist Tierärztin und arbeitet beim Tierfutterhersteller "Mars Petcare" in Verden an der Aller als Ernährungsexpertin.
    "Wenn man seine Tiere ausschließlich mit Fleisch ernährt, dann entwickeln die Juckreiz, struppiges, mattes Fell, Allergien, chronische Leber- und Nierenschäden. Und das hängt damit zusammen, dass es eben nicht ausgewogen ist."
    Die Rezepturen für hochwertiges Heimtierfutter basierten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, Analysen, Qualitätskontrollen und Akzeptanz-Tests, sagt die Tierärztin. Der Preis für qualitativ hochwertiges Tierfutter sei also gerechtfertigt. Regina Aschmann von der Verbraucherzentrale Bremen hält diese Argumentation für vorgeschoben.
    "Dort sind viele tierische Nebenerzeugnisse enthalten. Das sind Produkte, die wir nicht essen würden: Milz, Lunge, Haut, Borsten... Zum Zweiten: die Anbieter werben ja nicht mit Milz oder Lunge, sondern sie werben mit Lachs oder Kaninchen. Wenn man sich die Zutatenliste einmal anschaut, dann wundert man sich doch über den geringen Anteil. Oft sind die Anteile dieser 'wertgebenden Anteile' unter fünf Prozent, vier Prozent."
    Die jeweiligen Anteile müssen laut Gesetz auf der Verpackung angegeben werden. Und wer künftig kein Billiggeflügel mehr kaufen will, hat auch die Wahl. Auf Bio-Siegel achten oder bei der Verbraucherzentrale eine entsprechende Liste anfordern.