Samstag, 27. April 2024

Archiv

Trauer um Schriftsteller
Ralph Giordano ist tot

Der Schriftsteller Ralph Giordano ist tot. Ein Familienmitglied bestätigte Medienberichte, wonach der Publizist im Alter von 91 Jahren in Köln gestorben ist. Sein ganzes Leben beschäftigte er sich mit Krieg, Holocaust und Aufarbeitung.

10.12.2014
    Der Schriftsteller Ralph Giordano sitzt am 20.03.2013 in Hamburg im Gästehaus des Senats - vor einem Senatsempfang zu seinem 90. Geburtstag.
    Der Schriftsteller Ralph Giordano ist tot. (picture alliance / dpa / Angelika Warmuth)
    Giordano soll an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs gestorben sein, den er sich vor einigen Wochen zugezogen hatte. Der Schriftsteller und Journalist lebte seit 1972 in Köln. Geboren wurde er am 20. März 1923 in Hamburg. Giordano, dessen Mutter Jüdin war, entging selbst nur kanpp dem Holocaust.
    Er beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit der Aufarbeitung der NS-Diktatur und widmete viel Raum auch seinem eigenen Verhältnis zu Israel. Über die Geschichte seiner Familie schrieb er das international erfolgreiche Buch "Die Bertinis", das auch verfilmt wurde. Weitere bekannte Werke sind "Die zweite Schuld oder von der Last ein Deutscher zu sein" und "Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte". Insgesamt verfasste Giordano 23 Bücher, von denen viele Bestseller wurden, auch im Ausland. Viel beachtet wurde auch seine Autobiografie "Erinnerungen eines Davongekommenen" von 2007.
    Giordano im DLF: "Zweiter Weltkrieg war die Urkatastrophe"
    Ende August sagte Giordano im Deutschlandfunk, der Zweite Weltkrieg sei die "Urkatastrophe der Menschheitsgeschichte" gewesen. Die Verbrechen bis zum Kriegsende seien so ungeheuerlich gewesen, wie es das zuvor noch nicht gegeben habe. "Der 1. September 1939 hat etwas Geschichtliches eingeleitet, was zu verstehen die menschliche Vorstellungskraft sich sträubt."
    Giordano erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter etwa das Bundesverdienstkreuz und der Leo-Baeck-Preis vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Als Fernsehmann arbeitete er ab 1961 zunächst beim Norddeutschen Rundfunk, drehte dann von 1964 bis 1988 für den WDR rund 100 Filme aus aller Welt.
    Zu seinem 90. Geburtstag am 20. März des vergangenen Jahres war er in seiner Geburtsstadt Hamburg groß geehrt worden. Es war einer der wenigen öffentlichen Termine, die er noch wahrnehmen konnte. "Mein Energiehaushalt, mein Kräftepotenzial ist reduziert, das spüre ich deutlich", sagte er damals. Hinter ihm liege eine "ungeheuere Strecke" und ein "mörderisches Jahrhundert".
    (kis/vic)