Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Treffen in Brüssel
EU-Innenminister sprechen über Asyl-Reform

Die EU-Innenminister treffen sich am Freitag in Brüssel. Dabei geht es vor allem um die Terror-Bekämpfung und die Reform des europäischen Asylsystems. Diskutiert werden dürften auch die Pläne der EU-Kommission, über Griechenland einreisende Asylbewerber wieder zurückzuschicken.

Von Annette Riedel | 09.12.2016
    Eine Frau sitzt an einem Camping-Kocher in einem Flüchtlingslager in Thessaloniki, Griechenland.
    Eine Frau sitzt an einem Camping-Kocher in einem Flüchtlingslager in Thessaloniki, Griechenland. (AFP / SAKIS MITROLIDIS)
    Seit 2011 hatte auch Deutschland Asylbewerber nicht mehr nach Griechenland zurückgeschickt. Weil für Flüchtlinge die Bedingungen dort nicht zumutbar sind. Das hat sich geändert, meint nun die EU-Kommission: "Griechenland hat unter äußerst schwierigen Umständen in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte gemacht, um ein funktionierendes Asylsystem aufzubauen."
    Es müsse aber noch erhebliche weitere Fortschritte machen, so EU-Innenkommissar Avramopoulos, damit sukzessive, ab nächsten März, danach von Griechenland aus illegal weiter in die EU gereiste Asylbewerber zurückgeführt werden können. Davon ausgenommen: besonders Schutzbedürftige.
    "Wenn ein EU-Land eine Dublin-Rückführung durchführen will, muss es in jedem Einzelfall vorher die Zusicherung der Griechen bekommen, dass der betreffende Asylbewerber so aufgenommen werden kann, wie es europäisches Recht vorsieht."
    Umverteilungs-Ziel noch lange nicht erreicht
    Die EU-Kommission empfiehlt. Ob sie zurückführen oder nicht, liegt aber in der Verantwortung der EU-Länder. In ihrer Verantwortung - und das wird Avramopoulos den Innenministern heute mit Sicherheit noch einmal sehr deutlich machen - liege es zudem, ihren Verpflichtungen voll nachzukommen, Griechenland mit Experten und Expertise zu unterstützen. Und natürlich Griechenland im Rahmen der im vergangenen Jahr beschlossenen Umverteilung Flüchtlinge abzunehmen.
    Zwar sind im November - ein Rekord - 1.400 Flüchtlinge von Griechenland und Italien in andere Länder umgesiedelt worden. Aber mit insgesamt 8.000 Umverteilten ist man vom Ziel, 160.000 bis Ende nächsten Jahres verteilt haben zu wollen, noch immer weit entfernt.
    Nicht ausgeschlossen, dass die EU-Kommission den Druck auf jene EU-Länder erhöht, die nur zögerlich bereit sind, die entsprechenden Beschlüsse umzusetzen: "Die Kommission versucht zu überzeugen, aber wir verfügen andererseits auch über die nötigen Mittel, um Druck auszuüben, sollte es nötig sein. Aber so weit sind wir noch nicht."
    Rückkehr zu einem funktionierenden Schengen-Raum
    Die Frage stellt sich, warum die EU-Kommission jetzt empfiehlt, wieder mit der Rückführung zu beginnen, wenn andererseits die Umverteilung noch immer nicht wirklich funktioniert. Wohl auch als eine Form der Abschreckung: "Asylbewerber müssen wissen, dass sie ihren Aufenthaltsort nicht selbst wählen können und dass sie gegebenenfalls zurückgeschickt werden."
    Und es geht auch darum, wieder zu einem funktionierenden Schengen-Raum zurückzukommen - also dem Reisen ohne Grenzkontrollen innerhalb der EU: "Die Rückkehr zu einem funktionierenden Dublin-System ist die Voraussetzung, um zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurück zu kommen."
    Dass das Dublin-System, so wie es ist, nicht mehr funktioniert, ist mittlerweile fast allen klar. Die EU-Innenminister werden heute in Brüssel auch die Vorschläge weiter diskutieren, die die EU-Kommission für eine Dublin-Reform gemacht hat.
    "Das System beruht bisher auf dem Prinzip, dass Asylverfahren in dem EU-Land durchgeführt werden, in dem ein Bewerber zuerst ankommt. Das ist nicht fair und bedeutet eine riesige Belastung für einige wenige Länder."
    Das "alte" Dublin soll weiter gelten
    EU-Kommissions-Vizepräsidenten Timmermans hatte im Frühjahr die Vorstellungen der Kommission vorgestellt, wie eine gerechtere Lastenverteilung bei Asylverfahren erreicht werden könnte. Bis das "neue" Dublin steht, soll also erst einmal das "alte" Dublin wieder gelten. Der CSU-Europa-Abgeordnete Markus Ferber findet es gut.
    "Wir haben in den letzten Jahren Griechenland Geld gegeben, technische Unterstützung, personelle Unterstützung. Und deswegen ist es richtig, dass ab dem nächsten Jahr auch wieder Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeschickt werden können."
    Dass findet Ferbers grüne Kollegin im EU-Parlament, Ska Keller, nicht: "Es ist nicht gut. Die Flüchtlinge würden in eine Umgebung zurückgeschickt werden, wo sie nicht angemessen untergebracht wären, wo ihre Asylanträge nicht angemessen geprüft werden."