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Ukraine
Eklat um deutschen Botschafter in Kiew

Eine Interview-Äußerung des deutschen Botschafters in Kiew über Wahlen in den ostukrainischen Separatistengebieten sorgt in der Ukraine weiter für Empörung. Der deutsche Gesandte Ernst Reichel wurde ins Kiewer Außenministerium zitiert - dort ruderte er offenbar zurück.

Von Sabine Adler |
    HANDOUT - Auf dem von Alexej Gontscharenko (r) zur Verfügung gestellten Foto ist ein Stück der früheren Berliner Mauer am 08.02.2017 vor der deutschen Botschaft in Kiew (Ukraine) zu sehen. Das Wort "NEIN" hatte Gontscharenko zuvor mit roter Farbe auf das Mauerstück geschrieben. (zu dpa "Ukrainischer Abgeordneter beschmiert Mauer-Denkmal in Kiew" am 08.02.2017 - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur bei Nennung: "Foto: Alexej Gontscharenko/dpa") Foto: -/Alexej Gontscharenko/dpa |
    Das mit Graffiti beschmierte Mauer-Denkmal vor der deutschen Botschaft in Kiew (Alexej Gontscharenko/dpa)
    Das Interview sollte 25 Jahre ukrainisch-deutsche Beziehungen würdigen, stattdessen geriet es zum Eklat: Der deutsche Botschafter in Kiew, Ernst Reichel, hatte wörtlich gesagt: "Wahlen im Donbass können nicht unbedingt nur dann stattfinden, wenn es dort keine russischen Truppen mehr gibt oder wenn auf jeder Stadtverwaltung die ukrainische Flagge weht."
    Dieser Satz und ein anschließender Vergleich mit der DDR lösten Empörung aus. Etliche ukrainische Gäste blieben dem Botschaftsempfang fern, im Parlament und in den Medien wurde hitzig diskutiert, ein Abgeordneter wurde gar handgreiflich.
    "Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang sagen, dass wir das sehr bedauern, dass ein ukrainischer Abgeordneter heute auf dem Gelände der Deutschen Botschaft ein historisches Stück der Berliner Mauer beschmiert hat."
    Schmierattacke eines Parlamentariers auf deutsche Botschaft
    Der Sprecher des Auswärtigen Amtes meinte Aleksej Gontscharenko von der Präsidentenpartei Block Poroschenko, der mit roter Farbe in großen Lettern auf die Mauer das deutsche Wort NEIN geschrieben hat. Das Mauerfragment, das seit 2009 in Kiew steht, ist erst im November von einer halbnackten Femen-Aktivistin mit einem Hammer attackiert worden.
    Wut und Empörung über das Interview im Sender RBK Ukraine halten an. Es war in Anwesenheit eines Dolmetschers und Pressesprechers geführt, die Übersetzung autorisiert worden. Die Aussagen von Botschafter Reichel seien kein Versehen gewesen, sagt Interviewer Valeri Kalnysch einem Kollegen im ukrainischen Fernsehen.
    "Dieses Beispiel mit der DDR ist ein Beleg dafür, dass es sich nicht um einen Versprecher handelte, sondern um die feste Überzeugung des Botschafters."
    Die Volkskammerwahlen im März 1990 hätten stattgefunden, obwohl sich die Westgruppe der sowjetischen Truppen noch in der DDR befanden.
    Der deutsche Botschafter in Kiew wurde ins ukrainische Außenministerium zu einem Treffen mit einem - wie es heißt - ranghohen Vertreter gebeten und ruderte dort offenbar zurück. Laut Ukrainiska Prawda habe er da betont, dass Wahlen im Donbass nicht stattfinden könnten, solange auf dem Gebiet russische Streitkräfte stünden.
    "Einen Widerspruch gibt es nicht"
    Das wiederholte der Sprecher des Auswärtigen Amtes so dezidiert heute nicht.
    "Was der Botschafter gesagt hat, ist, dass der Prozess der Regionalwahlen nach den Vereinbarungen der Konfliktparteien in Minsk und darüber hinaus stattfinden muss und stattfinden kann."
    Martin Schäfer vom Auswärtigen Amt mochte in den vorherigen Interview-Äußerungen des Botschafters in Kiew keinen Widerspruch zur Auffassung der Bundesregierung erkennen.
    "Einen solchen Widerspruch gibt es nicht, unsere Bemühungen zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zielen darauf ab, die Souveränität der Ukraine über ihr gesamtes Hoheitsgebiet wieder herzustellen. Und niemand innerhalb der Bundesregierung hat irgendwelche Zweifel daran, dass es für die Separatisten im Donbass logistische, finanzielle, auch militärische Unterstützung aus Russland gibt."
    Das Auswärtige Amt legt sich allerdings auch nicht fest, ob vor den Wahlen in der Ostukraine die russischen Streitkräfte abgezogen sein müssen.
    Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin hatte in Anspielung auf frühere Wahlen dort unter Separatistenherrschaft getwittert: "Genug der Farcen".