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Ukraine-Konflikt
Kurzarbeit für Tschechien?

Noch hinterlässt der Ukraine-Konflikt geringe Spuren in der tschechischen Wirtschaft, doch es wird bereits nach Wegen aus einer drohenden Krise gesucht. Eine Möglichkeit könnte ein bewährtes Instrument der Arbeitsmarktpolitik aus Deutschland sein: die Kurzarbeit.

Von Stefan Heinlein |
    Tschechischer Präsident Milos Zeman (Mitte, erste Reihe) posiert mit den neuen Ministern und Mitgliedern der neuen Regierung am 29. Januar 2014 in Prag.
    Arbeitsmarktpolitisch könnte die Mitte-links-Regierung um Milos Zeman bald in Bewegung kommen. (AFP - MICHAL CIZEK)
    Nur wenige Tage gönnte sich Lubomir Zaoralek in diesem Sommer Abstand von der Politik. Die Ukraine-Krise fordert den tschechischen Außenminister nicht nur auf dem internationalen Parkett, sondern auch daheim in Prag. Seit Wochen folgt Krisensitzung auf Krisensitzung. Die Mitte-links-Regierung ist besorgt über die Folgen der Sanktionspolitik:
    "Wir müssen uns überlegen, was diese russischen Sanktionen langfristig für unsere Wirtschaft bedeuten. Wenn die Krise länger anhält, könnten einige tschechische Exportgüter vom russischen Markt verschwinden."
    Suche nach Wegen aus der drohenden Krise
    Noch allerdings sind die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen in Tschechien kaum zu spüren. Nur einzelne Lebensmittelproduzenten klagen bereits über leichte Umsatzeinbußen. Insgesamt exportierte die tschechische Wirtschaft im vergangenen Jahr Waren im Wert von mehr als vier Milliarden Euro nach Russland - wichtig sind vor allem die Automobil- und Maschinenbaubranche. Hier fürchtet Tschechien künftig den Verlust von russischen Aufträgen. Eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe sucht deshalb mit Hochdruck nach möglichen Wegen aus der drohenden Krise, so ihr Chef Tomas Prouza:
    "Es ist die Priorität der Regierung Arbeitsplätze zu erhalten und mögliche Folgen der Sanktionen auf die Beschäftigung zu verhindern. Wir empfehlen daher, der Regierung die sogenannte Kurzarbeit einzuführen."
    Das in Deutschland seit vielen Jahren bewährte Instrument der Arbeitsmarktpolitik ist in Tschechien bislang unbekannt. In der Vergangenheit blieben alle Versuche, die Kurzarbeit einzuführen, in den Kinderschuhen stecken. Die Ukrainekrise könnte jetzt der Politik Beine machen hofft Arbeitgeberpräsident Jaroslav Hanak:
    "Wir sprechen seit Jahren über Kurzarbeit. Alle Regierungen haben aber bislang nicht verstanden worum es eigentlich geht. Man wollte Kurzarbeit aus EU-Geldern bezahlen. Das war nicht besonders schlau. Ich glaube fest daran, das wir ab Jahresanfang die Kurzarbeit ohne große Folgen für den Staatshaushalt einführen können."
    Nach deutschem Vorbild
    Tatsächlich sind diesmal die Aussichten die Kurzarbeit nach deutschem Vorbild einzuführen deutlich besser als in der Vergangenheit. Noch in dieser Woche sollen konkrete Pläne auf den Tisch. Auch der Vorsitzende des größten Gewerkschaftsverbandes Josef Stredula gibt bereits grünes Licht:
    "Die Regierung hat endlich kapiert hat man um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen muss. Nur gemeinsam können wir die Krise lösen. Das ist bei den Verhandlungen zu spüren. Es wird sehr offen geredet."
    Beifall für die neue arbeitsmarktpolitische Beweglichkeit der tschechischen Mitte-links-Regierung gibt es auch von großen deutschen Investoren wie Bosch und der Volkswagentochter Skoda. In Stellungnahmen heißt es - man sei froh über alle Schritte, um Arbeitnehmer entsprechend der Auftragslage flexibel einsetzen zu können, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Trotz der Ukrainekrise sei aktuell allerdings die Einführung von Kurzarbeit noch nicht notwendig.