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UNESCO-Lehrstühle in Deutschland
"Es lassen sich viele Türen öffnen, die sonst nicht so leicht aufgehen"

Ellen Wilkinson, britische Kultusministerin, sah 1946 in der UNESCO ein Mittel, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern. Die Aufgabe: Förderung von Bildung und kultureller Erziehung weltweit - bis heute. Aber was sind UNESCO-Lehrstühle, von denen es derzeit in Deutschland zwölf und weltweit 600 gibt?

Von Michael Watzke |
    UNESCO-Logo am Hauptquartier in Paris.
    Das UNESCO Logo am Hauptquartier in Paris. (AFP/Joel Saget )
    "UNESCO-Lehrstuhl? Keine Ahnung!"
    "Weiß nicht, noch nie gehört!"
    "Muss ich passen!"
    Unterwegs zu einem Mann, der es wissen muss. Er steht in Lederjacke und Jeans vor dem Institut für Pädagogik der Universität Erlangen.

    "Ich heiße Eckart Liebau und bin Inhaber des UNESCO-Lehrstuhls für kulturelle Bildung, der seit dem Jahr 2010 in Erlangen eingerichtet ist."
    Förderung von Kulturforschung, Umwelt und Bildung
    Geisteswissenschaftler Liebau, ein 67 Jahre alter, emeritierter Pädagogik-Professor, will helfen...
    "... Kulturforschung, Umwelt und Bildung zu fördern und auf diese Weise zu Frieden und Verständigung und nachhaltiger Entwicklung beizutragen. Das sind die wesentlichen Ziele der UNESCO."
    Aber welche Rolle kann dabei ein Universitäts-Lehrstuhl spielen? Um das zu erklären, nimmt Professor Liebau die sieben Buchstaben von "... UNESCO – U, N, E, S, C, O" und beschreibt mit diesen Buchstaben den UNESCO-Lehrstuhl für "Arts and Education":
    "U steht in diesem Beispiel für die Universität Erlangen-Nürnberg. Die Universität Erlangen-Nürnberg ist die zweitgrößte Uni in Bayern. Sie hat 40.000 Studenten, ist eine vielfältige Universität. Schwerpunkte im Bereich der Naturwissenschaften, Medizin und Technik. Aber auch mit einer großen geistes- und sozialwissenschaftlichen Tradition. Sehr gut platziert. Eine sehr erfolgreiche Universität."
    Nürnberg als Vorbild in Sachen Geschichtsaufarbeitung
    Professor Liebau tritt vor den Eingang der Universität Erlangen mit Blick Richtung Süden, zur Nachbarstadt Nürnberg. Denn das N von UNESCO soll in diesem Fall für Nürnberg stehen.
    "Nürnberg ist deswegen ein wichtiger Bezugspunkt, weil kulturelle Bildung dort über viele Jahre intensiv gepflegt worden ist und bis heute gepflegt wird. In Nürnberg hat Herrmann Glaser gewirkt, und Hermann Glaser ist sozusagen einer der Väter der kulturellen Bildung in Deutschland. Mit Blick auf die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus ist Nürnberg vorbildlich. Es gibt seit vielen Jahren eine intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Dimensionen dieser Geschichte. Es gibt das Dokumentationszentrum, das eine wichtige Rolle spielt. Es gibt eine intensive Beschäftigung in den Schulen. Also Nürnberg ist da wirklich top!"
    Der Lehrstuhl soll die UNESCO-Ziele wissenschaftlich fundieren
    Der UNESCO-Professor tritt in den Innenhof der pädagogischen Fakultät. Hier erklärt sich der nächste Buchstabe. E wie Erziehung.
    "E wie Education oder eben "Arts and Education". Das ist unser Hauptthema und heißt: kulturelle Bildung im Bereich der Künste, von Literatur über bildende Kunst und Theater zur Musik. Die Künste bilden die Grundlage dafür, wie sich die menschlichen Sinne ausbilden: Man lernt das Hören durch Musik, man lernt das Sehen durch Bilder, man lernt Bewegung durch Tanz und Theater."
    Und das überall auf der Welt. Das ist die Grundlage der UNESCO. Der Lehrstuhl für kulturelle Bildung soll diese Ziele wissenschaftlich fundieren. Und die Studentinnen und Studenten?
    "S wie Studenten: Es ist so, dass der Lehrstuhl selber keinen eigenen Studiengang anbietet. Dass aber sehr wohl UNESCO-bezogene Inhalte in die Lehre einfließen."
    Unterschiedliche Kulturen als Bereicherung erleben
    Mit anderen Worten: Man kann zwar nicht "UNESCO Arts+Education" studieren. Aber der emeritierte Professor Liebau berät Studentinnen und Studenten, die sich in ihrem Pädagogik-Studium mit kultureller Bildung befassen. Die UNESCO zahlt dem Lehrstuhl dafür kein Geld. Sie verleiht nur den Titel. Das führt zu...
    "C wie Chancen: Chancen sind, dass das Thema bekannter wird. Dass man politische Unterstützung gewinnen kann. Dass man wissenschaftlich vertieft zu dem Thema arbeiten kann. Die Chancen sind insofern groß, als sich mit dem UNESCO-Titel viele Türen öffnen, die sonst nicht so leicht aufgehen."
    Geöffnete Türen führen schließlich zum letzten Buchstaben: O wie offen.
    "Offenheit bedeutet insbesondere, den Blick zu öffnen, für andere Erfahrungen zugänglich zu sein, unterschiedliche Kulturen nicht abzuwerten, sondern als - erstmal - anders wahrzunehmen. Sich damit auseinanderzusetzen und das als Bereicherung zu erleben."