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Umstrittene Ernennung
Medienmogul und Minister in NRW

Stephan Holthoff-Pförtner ist seit einigen Wochen Medienminister in Nordrhein-Westfalen. Ihm gehören 17 Prozent an einem der größten Medienhäuser des Landes. Experten sehen Interessenskonflikte, für die Landesregierung ist das jedoch kein Problem. Eine Kommission prüft nun den Fall.

Von Moritz Küpper | 10.08.2017
    Im Bild ist Stephan Holthoff-Pförtner, Jurist und seit Juni 2017 Medienminister in Nordrhein-Westfalen.
    Nordrhein-Westfalens neuer Medienminister Stephan Holthoff-Pförtner. (dpa / Sophia Kembowski)
    Es war der einzige Name, der in Armin Laschets Kabinettspräsentation keine Überraschung mehr war:
    "Zum Minister für Bundes- und Europangelegenheiten, Internationales und Medien werde ich berufen Herrn Dr. Stephan Holthoff-Pförtner."
    Bereits am Morgen vor der Bekanntgabe hatte der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger per Pressemitteilung bekanntgegeben, dass Holthoff-Pförtner als Präsident zurücktreten werde – um eben Minister zu werden. Doch dies war nur ein Abschied, denn Holthoff-Pförtner bleibt weiterhin – obwohl er auf sein Stimmrecht verzichtet – Anteilseigener der Funke Medien-Gruppe. Rund 17 Prozent hält er an einem der größten Medienhäuser des Landes, die Anteile sollen einen Wert von 250 Millionen Euro haben.
    "Naja, das gibt es ein strukturelles Problem. Ein Minister soll die Interessen des Landes, oder anders formuliert: das Gemeinwohl vertreten. Nun hat jeder Mensch auch eigene Interessen, aber im Normalfall sind diese eigenen Interessen weit entfernt, von dem, was im Geschäftsfelds des Ministers zu machen ist."
    Sagt Martin Morlok, Rechtsprofessor an der Universität Düsseldorf.
    Die Regierung wiegelt ab
    "Hier haben wir nun die Besonderheit, dass Herr Holthoff-Pförtner starke persönliche Interessen auf dem Gebiet der Medien hat und zu gleicher Zeit auch für diese Medien in der Regierung zuständig ist. Und das bringt eben mit sich, dass seine Orientierung am Gemeinwohl strukturell, das betone ich, gefährdet ist, durch sein Eigeninteresse."
    Zustimmung erhält Morlok von seinem Professorenkollegen Hans-Herbert von Arnim, Verfassungsrechtler der Universität Speyer.
    "Wenn man selbst so starke Interessen hat, an den Auswirkungen der eigenen Medienpolitik, dann ist so jemand eigentlich als Medienminister nicht tragbar."
    Auf Seiten der Landesregierung wiegelt man dagegen ab:
    "Wie jedes weitere berufene Kabinettsmitglied wird auch Minister Holthoff-Pförtner sein Handeln alleine an Verfassung und Gesetz sowie am Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Bürgerinnen und Bürger orientieren und sich damit entsprechend seines geleisteten Eides verhalten."
    Eine Ministerehrenkommission soll helfen
    Sagt Regierungssprecher Christian Wiermer. Holthoff-Pförtner werde sich an Entscheidungen, die seine Verlagsgesellschaft unmittelbar betreffen, nicht beteiligen, kündigte zudem Ministerpräsident Laschet an: Eine sogenannte Ministerehrenkommission werde mögliche Interessenskonflikte prüfen. Wer?
    "Bei der Ministerehrenkommission handelt es sich um ein internes Beratungsgremium des Ministerpräsidenten und aller Mitglieder der Landesregierung."
    Im Jahre 2000 erstmalig eingesetzt, soll das Gremium die Vermögensverhältnisse und externen Tätigkeiten der Mitglieder der Landesregierung überprüfen. Es hat keine direkten Eingriffs- oder Sanktionsbefugnisse. Auf eine erste Anfrage des Deutschlandfunks vor gut einem Monat teilte die Staatskanzlei mit, dass sie die Namen nicht veröffentlichen könne, da es sich – Zitat – um "ein rein internes Gremium" handele. Nachdem die Namen bereits in Medien kursierten, klingt dies nun anders:
    "Bis vor kurzem war die formale Bestellung der Mitglieder der Ministerehrenkommission noch nicht ganz vollzogen. Das ist jetzt erfolgt. Insofern können wir auch die Namen bekanntgeben: Der Ministerpräsident hat entschieden, die von der Vorgängerregierung berufene Ministerehrenkommission personell unverändert erneut zu berufen…"
    … nämlich den Notar Hans-Christoph Schüller, die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, und den Ex-Gewerkschaftschef Hubertus Schmoldt.
    Vorgeschobene Argumente
    "Naja, an sich ist es sinnvoll, da eine Kommission einzuschalten, bloß wird hier der dritte Schritt vor dem ersten gemacht: Denn er ist ja doch, wenn ich recht weiß, schon längst im Amt, der Herr Holthoff-Pförtner, als Medienminister und erst irgendwann, ich weiß nicht, wann, soll die Kommission darüber entscheiden. Man hätte umgekehrt vorgehen müssen. Ihn erst dann berufen, nachdem die Kommission grünes Licht gegeben hätte."
    Kritisiert Verfassungsrechtler von Arnim. Für ihn mutet die Ministerehrenkommission als ein öffentlich vorgeschobenes Argument an. Das vermutet mittlerweile auch Alexander Vogt, medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion:
    "Wir haben mittlerweile August. Gute sechs Wochen hätte die Regierung Laschet diese Kommission einberufen können. Es hätte schon eine Bewertung längst stattfinden können. Und hier ist es so, dass aus unserer Sicht noch nichts geschehen ist, und dass Laschet hier auch anscheinend versucht zu verzögern, dass dort eine Bewertung stattfindet, weil er, glaub ich, mittlerweile selber merkt, dass seine Entscheidung schon ziemlich schwierig ist."
    Opposition übt Kritik
    Im Koalitionsvertrag gebe es zahlreiche medienpolitische Punkte, die aus Vogts Sicht die Funke-Mediengruppe betreffen:
    "Wenn wir beispielsweise sehen, dass das Landesmediengesetz geändert werden soll, was die Rahmenbedingungen für private, lokale Radiosender festsetzt und das Digitalgeschäft. Wenn wir sehen, dass das WDR-Gesetz geändert und bearbeitet werden soll, was die Werbezeiten regelt, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Anspruch nehmen darf, und auf der anderen Seite natürlich die privaten Radiosender sich 100 Prozent aus Werbeeinnahmen finanzieren."
    Zumal eine Vertretung auch nicht einfach wäre: In NRW dürfen Staatssekretäre nicht im Plenum des Landtags reden. Holthoff-Pförtners Staatssekretär habe zudem den Dienstsitz Berlin, wegen der Zuständigkeit für Bundesangelegenheiten. Alles kein Problem, heißt es dagegen aus dem Ministerium. Und Konfliktfälle löse eben die Ministerehrenkommission. Die berichtet an den Ministerpräsidenten. Armin Laschet pries bei der Amtseinführung Holthoff-Pförtners zahlreiche
    "Das politische Fingerspitzengefühl fehlt"
    Funktionen, Mitgliedschaften und seine enge Verbindung zum Ruhrgebiet. All das wollte Laschet in seine Landesregierung holen. Doch dabei, so Verfassungsrechtler von Arnim:
    "Irgendwie scheint mir da das politische Fingerspitzengefühl des Ministerpräsidenten, der ihn ja schließlich berufen hat, zu fehlen, dass er überhaupt jemanden beruft und das jetzt verteidigt und irgendwie dann eine spätere Kommissionsempfehlung vorschiebt, das ist mir nicht recht nachvollziehbar."
    Zumal, so sein Professorenkollege Morlok aus Düsseldorf, es ja so ist:
    "Dass das Urteil der Öffentlichkeit nicht abgelöst werden kann, durch das Urteil dieser Kommission."
    Dennoch bleibt es spannend zu erfahren, wann denn das Ergebnis der Ministerehrenkommission kommt. Und, wie es denn nun ausfällt.