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US-Politologe: Romney fehlt Anziehungskraft bei konservativen Republikanern

Für den Politologen Jackson Janes ist der US-Vorwahlkampf zur Präsidentschaftswahl nach dem "Super Tuesday" noch nicht entschieden. Dem Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney fehle es in den noch ausstehenden Südstaaten an Anziehungskraft in konservativen Kreisen der Republikaner - im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Rick Santorum.

Das Gespräch führte Tobias Armbrüster |
    Tobias Armbrüster: Der Super-Tuesday, das ist normalerweise der Tag der Entscheidung bei den Vorwahlen zum Präsidentenwahlkampf in den USA – ein Dienstag, normalerweise vollgepackt mit Vorwahlen in mehreren Bundesstaaten. Gestern war es wieder so weit: Acht Monate vor den eigentlichen Wahlen haben die republikanischen Wähler in zehn Bundesstaaten über ihren Wunschkandidaten abgestimmt. Es waren natürlich nicht nur republikanische Wähler, sondern alle US-Bürger, die sich daran beteiligen konnten. Und ein erstes Ergebnis liegt vor: Mitt Romney, der Favorit, hat demnach in fünf Staaten gewonnen, darunter auch im besonders hart umkämpften Ohio. Sein härtester Widersacher, Rick Santorum, hat immerhin drei Bundesstaaten für sich entschieden. – Zugeschaltet aus Washington ist uns jetzt Jackson Janes, er ist Direktor am American Institute for Contemporary German Studies, einem Forschungsinstitut, das sich intensiv mit den amerikanisch-deutschen Beziehungen befasst. Schönen guten Morgen, Herr Janes.

    Jackson Janes: Guten Morgen!

    Armbrüster: Herr Janes, war das jetzt der große Tag für Mitt Romney?

    Janes: Nein, das glaube ich eben nicht. Es ist ja ein langer Weg vor ihm, denn er hat noch zu kämpfen aufgrund dessen, was heute Abend passiert ist. Er hat natürlich, wie Sie gesagt haben, fünf Staaten gewonnen und ein dicker Apfel war natürlich Ohio, aber es ist ja so eng geworden mit seinem Widersacher, dem Herrn Santorum, dass dieses Rennen nach wie vor noch einige Tage, wenn nicht einige Rennen vor sich hat.

    Armbrüster: Wieso konnte Rick Santorum so viel Boden gut machen?

    Janes: Auf der einen Seite ist es so, dass da, wo er gewonnen hat, das ist eine zunehmende südliche Position von den Bundesstaaten, die er gewonnen hat, und da ist seine konservative Nachricht beziehungsweise seine konservative Mitteilung, ich bin der konservative Kandidat, ich bin der echte konservative Kandidat. Das kommt gut an bei den Leuten dort. Hart umkämpft war Ohio, das ist etwas anders, verlagert politisch, und ich glaube, was auf Romney zukommt in den nächsten Tagen ist eine Reihe von Primaries, von Vorwahlen, die in den Südstaaten stattfinden, und da muss er zeigen, dass er dort hier Anziehungskraft ausüben kann, und bisher ist das zweifelhaft.

    Armbrüster: Was hat Mitt Romney bislang falsch gemacht?

    Janes: Ich glaube, das Problem ist, es mangelt an Authentizität. Natürlich hat er eine gewisse Belastung für manchen Konservativen, da er Gouverneur war von diesem linksliberalen Bundesland Massachusetts. Das Programm, die Gesundheitsreform, was er da verabschiedet hat, ist auch suspekt. Also es kommt eigentlich darauf an, wie Authentizität darzustellen ist, und hier momentan leidet Romney an genau das und Santorum bringt das rüber. Die Frage ist, wie lange noch.

    Armbrüster: Sehen Sie denn tatsächlich eine Chance, dass Rick Santorum den Vorsprung, den Mitt Romney ja immer noch hat, dass Rick Santorum diesen Vorsprung tatsächlich noch aufholt?

    Janes: Es ist ja wahrscheinlich so: Die müssen eine bestimmte Zahl von Delegierten bekommen bis zu der Nationaltagung, dem Parteikongress da in Florida im Herbst, im August, und ich glaube nicht, dass beide diese Grenze erreichen werden von 1144 Delegierten. Das heißt, es könnte durchaus sein, dass zwischendurch eine gewisse Abmachung getroffen werden könnte, ein Kompromiss geschlossen wird. Obama hat nichts hier zu fürchten, aber Romney könnte sagen, ich bin derjenige, der am meisten quantitativ Bundesländer gewonnen hat, ergo sollte ich die Nominierung bekommen, aber dafür muss er einen Vize in seine Mannschaft nehmen und das könnte auch jemand sein, der momentan in dem Rennen ist, oder es könnte auch ein konservativer Kandidat sein, der nicht in dem Rennen momentan ist, aber widerspiegelt, was Romney fehlt. Insofern: Ich glaube, was falsch läuft bei Romney ist die Anziehungskraft, die er nicht hat in den echten konservativen Kreisen von den Bundesländern, wo er noch zu gewinnen hat und wie er dann ankommt. Das ist für meine Begriffe momentan nicht so ganz glasklar, wie er das schafft.

    Armbrüster: Es ist also zurzeit noch äußerst unsicher, wer das Zugpferd wird. Was sagt uns diese Unsicherheit bei der Kandidatensuche, was sagt uns die aus über den Zustand der Republikanischen Partei?

    Janes: Dass es sehr geschachtelt, sehr zersplittert und sehr unsicher ist, wie die Partei überhaupt auszusehen hat. Es gab eigentlich vor einiger Zeit einfach eine gewisse Binsenweisheit, diese Wahl ist eigentlich ja leicht zu gewinnen wegen der wirtschaftlichen Lage, wegen der Zustände, die eigentlich dann quer über das Land geherrscht haben, und jetzt ist es so, die Unsicherheit dieser vier – anfangs waren es sieben, jetzt sind es vier – Leute, die um diese Nominierung kämpfen, zeigt eigentlich, wie die Partei in sich zerrissen ist, und die Frage ist, wie könnte auch dann anschließend, egal wer gewinnt, sei es Santorum oder Romney, wie kann ein Kandidat alle diese Zerrissenheiten an sich dann bringen, sodass eine halbwegs kohärente Politik gefahren werden kann, um gegen Obama zu gewinnen. Die Frage bleibt noch offen.

    Armbrüster: Wie blicken jetzt in diesen Stunden die Demokraten um Barack Obama, wie blicken die auf diesen Super-Tuesday?

    Janes: Mit großer Begeisterung. Obama hat neulich gesagt, er braucht eigentlich nur eine Videokamera dabei zu haben in den nächsten Monaten, einfach dann laufen zu lassen, wie die republikanischen Kandidaten um sich gestritten haben, um einfach zu zeigen, wollt ihr diesen Schlamassel haben, oder wollt ihr mich haben. Aber an sich momentan ist eine zunehmende wirtschaftliche positive Entwicklung gut für Obama, das ist natürlich ausschlaggebend. Aber irgendwann kommt natürlich dann doch ein Kandidat heraus, und dann wird es Mann gegen Mann sein, also Obama gegen, sagen wir mal, Romney, und dann muss er tatsächlich irgendwie zeigen, dass er es besser kann. Momentan die Zerrissenheit der Partei, das ist eigentlich für die meisten Amerikaner ziemlich fast langweilig geworden, aber irgendwann kommt dann das Rennen zum Ende und dann muss Obama natürlich ziemlich ernsthaft gegen jemand kämpfen. Ich denke momentan aus meiner Erfahrung, dass das wahrscheinlich Romney wird, aber trotzdem können sie sich jetzt freuen, aber irgendwann wird es ernst.

    Armbrüster: Jackson Janes war das, der Leiter des American Institute for Contemporary German Studies, live aus Washington. Vielen Dank, Herr Janes, dass Sie sich die Zeit genommen haben heute Morgen oder vielmehr in dieser Nacht, denn es ist ja Nacht in Washington. Besten Dank also.

    Janes: Danke schön.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.