Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Viele Innovationen
Boom der E-Bikes

Wenn's darum geht, kraftvoll in die Pedale zu treten, nehmen die Deutschen nach den Niederländern europaweit einen Spitzenplatz ein. Jedes vierte Rad, das im Fachhandel verkauft wird, ist inzwischen ein E-Bike, ein Rad mit elektrischem Hilfsmotor. In Friedrichshafen findet dazu sogar eine spezielle Messe statt.

Von Thomas Wagner | 31.08.2016
    Bei einem Test von E-Lastenfahrrädern fahren Tester auf zwei speziellen E-Bikes.
    Zwei E-Lastenfahrräder unterwegs. (picture alliance / dpa / Martin Schutt)
    Wenn der 80-jährige Martin Klein aus Überlingen am Bodensee mit seinem E-Bike losspurtet, bleiben die Jüngeren häufig auf der Strecke: "Wenn die jungen Leute mit ihren Rennrädern hinauffahren, und da siehst du: Der da vorne quält sich schon - und dann, wenn du ihn dann überholst und zurückschaust, wo er bleibt, ist das natürlich ein Supergefühl."
    Vor allem ältere Radfahrer wie Martin Klein erleben auf dem E-Bike immer mal wieder solche Erfolgserlebnisse und damit auch ein Stück mehr Lebensqualität. Allerdings: Zunehmend wollen sich auch die sportlich Jüngeren nicht mehr von den Älteren auf ihren E-Bikes abhängen lassen - und fahren selbst elektrisch und sportlich gleichermaßen.
    "Inzwischen ist es so, dass sich durch das e-Mountainbike, durch sportliche und sportive E-Bike-Modelle die Zielgruppe sich erheblich erweitert hat. Viele jüngere Leute kaufen sich heute ein E-Bike, was vor zehn Jahren noch völlig undenkbar war", so Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrieverbandes, auf der Fahrradmesse "Eurobike" in Friedrichshafen. Über eine halbe Million E-Bikes werden in diesem Jahr in Deutschland verkauft, mehr als je zuvor. Und dieser Boom hängt damit zusammen, das gerade Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor ein wichtiger Baustein für eine umweltfreundlichere urbane Mobilitätskultur sind. Das zeigt sich auch auf dem Testparcours auf dem Messegelände.
    "Ja, so ein E-Cargo-Bike muss auf einem stabilen Zwei-Bein-Ständer stehen. Und jetzt geht's los. Jetzt muss ich einfach nur reintreten."Tobias Spindler hat, wenn er sich auf das Lastenfahrrad des Darmstädter Herstellers Riese und Müller schwingt, keine Schweißperlen auf der Stirn. Das Bike sieht so aus wie eine Art Mini-Lieferwagen auf zwei Rädern. Ins Auge fällt die Ladefläche über dem Vorderrad. "Das ist die kurze Version mit der 60 Zentimeter Ladefläche. Was heißt das in Bierkästen? Ich glaube, bei der 60er Ladefläche passen zwei Bierkästen hintereinander."
    Umweltfreundliche Alternative bei wachsendem Verkehr
    Doch der Transport erfrischender Getränke in sommerlicher Hitze ist nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten des Lastenfahrrades mit elektrischem Rückenwind. "Durch Internetbestellungen, durch Online-Dienste sind die Zustell-Dienstleistungen dramatisch angestiegen. Der ganze Paket- und Päckchenverkehr in den Städten hat ja in den letzten zehn Jahren drastisch, dramatisch zugenommen. Insofern sind die E-Lastenbikes, E-Cargo-Bikes genau für diese Dienstleistungsbranche eine wirklich sinnvoll und vor allem umweltfreundliche Alternative."
    Mancherorts wurde aus dieser Auffassung bereits ein in verbindliche Regeln gegossenes Stück Mobilitätspolitik. "Es gibt schon Städte, die die Zustell-Logistik komplett auf E-Cargo-Bikes umgestellt haben. Also in Cambridge in England darf man in einem bestimmten Bannkreis nur noch so anliefern. In Deutschland ist mir da leider noch nichts bekannt."
    Doch auch in Deutschland nimmt das Fahrrad, ob mit oder elektrisches Helferlein in der Radnabe, angesichts von Staus und zu wenig Parkplätzen eine immer wichtigere Funktion in den Mobilitätskonzepten ein, als Alternative zum Auto. Innovativen Start-ups gelingt es, aus diesem Trend sogar ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Das Freiburger Unternehmen "Leaserad" mit seiner jüngsten Idee "Jobrad" gehört dazu.
    "Jobrad ist die Übertragung des Dienstwagenkonzeptes auf das Fahrrad", erklärt Jungunternehmer Ulrich Prediger. Beim "Job-Rad"-Konzept, das auf der Fahrradmesse "Eurobike" vorgestellt wird, bekommen Arbeitnehmer ein Leasingfahrrad, das sie für den Weg zur Arbeit und zurück steuerlich begünstigt nutzen können. "Wir haben mit Jobrad ein Produkt entwickelt, mit dem Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Dienstfahrrad anbieten können. Es wird geleast. Der Mitarbeiter verzichtet auf etwas Bruttogehalt, spart dadurch Lohnsteuer und Sozialangaben. Dadurch wird das Ganze günstiger als ein Kauf."
    Von den Finanzämtern sei diese Form des Fahrradleasings akzeptiert worden, so der Job-Rad-Initiator. "Wir wachsen sehr stark. Wir haben 3.000 Arbeitgeber in Deutschland mit über einer Million Mitarbeitern, die sich so ein Jobrad holen können. Wir haben 2.500 Händler in Deutschland, die mit uns zusammenarbeiten. Und: Momentan ist kein Ende in Sicht."