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Virtualisierte Anwendungen
Konkurrenten beruhigen übermütigen Marktführer

Virtualisierte Anwendungsprogramme gibt es für Smartphones von Apple, Google und Blackberry. Gerüchten zufolge überlegt auch Microsoft, Android-Apps auf Smartphones lauffähig zu machen. Achim Killer weiß mehr.

Achim Killer im Gespräch mit Manfred Kloiber | 08.03.2014
    Manfred Kloiber: Was ist mit Microsoft ?
    Achim Killer: Ja, da gibt’s Gerüchte. Die US-Internet-Publikation The Verge etwa berichtet, dass man sich in Redmond überlegt, ob man vielleicht nicht doch Android-Apps auch auf Windows-Phones lauffähig machen sollte. – Sinnig könnte das durchaus sein. So sehr unterscheidet sich die Situation von Microsoft und die von Blackberry schließlich nicht. Es gibt nicht viel mehr native Apps für Windows Phone als für Blackberry.
    Manfred Kloiber: Und Apple? Liebäugelt Apple auch mit Android-Apps?
    Killer: Das würde mich wundern. Apple greift das Premium-Segment vom Smartphone-Markt ab. Etwas weniger fein formuliert, das, wo richtig Geld verdient wird. So ein Segment will abgeschottet sein. Diese Strategie fährt Apple ja auch auf dem Desktop. Mit einem Unterschied allerdings. Da gibt es Parallels. Darauf lässt sich ein virtuelles Windows installieren. Und das war existenziell wichtig für Mac-Rechner in der Zeit, als Apple noch ein Nischenanbieter war. Denn nur so haben sich Apple-Nutzer damals die Wintel-Welt erschließen können.
    Kloiber: Trotzdem hat die Virtualisierung das Wintel-Monopol nicht verhindern können. Das hat ja lange Zeit im PC-Bereich geherrscht.
    Java auf Handys gang und gäbe
    Killer: Ja, aber da hat sich mittlerweile die Situation doch sehr geändert. Für PCs ist Anfangs noch in Assembler programmiert worden – hochkompliziert, aber der Code ist dann auch höchsteffizient gelaufen. Auf Handys hingegen war Java von Anfang an gang und gäbe. So eine Java Virtual Machine arbeitet nicht sehr effizient. Da muss der Prozessor, bevor er das eigentliche Programm verarbeitet, erst einmal die Übersetzung vom Java-Bytecode in Binaries bewerkstelligen. Das kostet natürlich Rechenleistung.
    Kloiber: Und die spielt heute keine Rolle mehr, sagen Sie?
    Killer: Na ja, Sie haben letzte Woche vom Mobile World Congress berichtet. Da sind jede Menge Handys mit 8-Kern-Prozessoren vorgestellt worden. Solche Computer hätte man früher mit Wasser gekühlt, sie in ein Rechenzentrum gestellt und Mainframes genannt.
    Kloiber: Aber Vorteile von Java- und anderen virtuellen Maschinen, die gibt’s schon auch?
    Ungeheuere Menge an Applikationen in kurzer Zeit
    Killer: Klar. Es ist ja eine ungeheuere Menge an Applikationen, die da in kürzester Zeit geschrieben worden sind, viel mehr als in drei Jahrzehnten für PCs. So was geht natürlich nur quick and dirty. Und da ist es ganz gut, dass zwischen solchen Programmen und der richtigen Maschine noch eine virtuelle liegt. Das sorgt für eine gewisse Sicherheit und natürlich für Portabilität. Gegeneinander abgeschottete Softwarewelten gehören der Vergangenheit an. Wenn es für ein Handy die richtige virtuelle Maschine gibt, dann läuft darauf alles.
    Kloiber: Was die Konkurrenz belebt, würde ich mal vermuten.
    Killer: Genau. Es ist ja so, dass Java- und Android-Apps bei allen Handys auf virtuellen Maschinen laufen, also nicht wie bei PCs, wo man einige Programme bloß unter Windows nativ fahren kann, unter Linux hingegen nur auf einer virtuellen Maschine. Bei Android- und bei Java-Apps herrscht Wettbewerbsgleichheit zwischen den Betriebssystemen. Ob das allerdings Unternehmen wie Blackberry, Jolla und eventuell Microsoft sehr viel helfen wird, ist mehr als fraglich. Das sind mehr latente als wirkliche Konkurrenten für Google.
    Kloiber: Das müssen Sie jetzt erläutern.
    Prekäre Situation auf dem Smartphone-Markt
    Killer: Na ja, diese Unternehmen befinden sich ja alle mehr oder weniger in einer prekären Situation auf dem Smartphone-Markt. Die Success-Stories von Blackberry und Microsoft liegen weit in der Vergangenheit. Und bei Jolla ist’s genauso. Das Unternehmen besteht im Wesentlichen aus Software-Resten, die von Nokia übrig geblieben sind. Wenn unter deren Betriebssystemen Android-Apps laufen, wie’s bei Blackberry und Jolla der Fall ist und wie’s eventuell bei Microsoft der Fall sein wird, dann können sie gegen Google konkurrieren. Erfolgreich konkurrieren können sie aber nur dann, wenn es auch noch positive Gründe gibt – für Blackberry- oder Sailfish-OS statt Android. Und die sehe ich nicht.
    Kloiber: Aber diese Konkurrenten können verhindern, dass der Marktführer übermütig wird.
    Killer: Ja. Und das ist gut für die Anwender.