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Vor 100 Jahren Ermordung der Zarenfamilie
Ein grausames Ende durch die Bolschewiki

Die Ermordung des letzten Zaren von Russland sorgte überall in Europa für Schlagzeilen. Am 16. Juli 1918 erschossen die Bolschewiki Nikolaus II., seine Frau und die fünf Kinder in ihrem Gefängnis in Jekaterinburg - und vergruben sie in einem nahe liegenden Waldstück.

Von Christoph Schmitz-Scholemann |
    Undatierte Aufnahme des letzten russischen Zaren Nikolaus II. und seiner Ehefrau Alexandra Feodorowna (geborene Alix, Prinzessin von Hessen-Darmstadt) mit ihren Kindern (l-r) Olga, Alexej (vorn), Maria, Anastasia (vorn) und Tatjana.
    Zar Nikolaus II. mit Familie (picture-alliance / dpa)
    Das Ende des letzten russischen Zaren Nikolaus II. und seiner Familie war eine Schmach für die russische Revolution – aber auch die Folge einer hoffnungslos verunglückten Herrschaft, die mit der Unausweichlichkeit einer antiken Tragödie auf ihren katastrophalen Schlussakt zustrebte.
    Als sein Vater, Zar Alexander III., 1894 starb, war sein 26 Jahre alter Sohn Nikolaus tief erschrocken:
    "Ich bin nicht darauf vorbereitet, Zar zu sein. Ich verstehe überhaupt nichts von Regierungsgeschäften."
    Zu diesem Mangel an politischer Begabung gesellte sich ein Übermaß an Pech. Die Krönungsfeierlichkeiten im Mai 1896 endeten mit einer Massenpanik und über tausend Toten. Dabei war Nikolaus II. eigentlich ein wohlerzogener und herzensfrommer Mann, der seine fünf Kinder liebte und umsorgte und sich mit seiner zu Esoterik und Migräne neigenden Frau, der ehemaligen Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt, gut verstand.
    "Mein Familienleben ist ideal. Alle fünf Kinder essen täglich mit ihrem Vater zu Mittag."
    Zugleich aber war Nikolaus beherrscht von Aberglaube und Wankelmut, was ihn immer im falschen Augenblick dazu trieb, den starken Mann zu spielen. So kam es, dass er sein Land 1904 in einen verlustreichen Krieg gegen Japan trieb. Dadurch verschlimmerte sich die ohnehin schon schlechte Wirtschaftslage so sehr, dass die hungernden Arbeiter von Petersburg friedlich zum Zarenpalast zogen, wo sie gnadenlos zusammengeschossen wurden.
    Zar Nikolaus traf politische Fehlentscheidungen
    Zarte Ansätze von Demokratie, die Nikolaus 1905 zuließ, kassierte er alsbald wieder ein. 1914 stolperte er in den Ersten Weltkrieg. Wieder musste das Volk hungern und politisch angeheizte Unruhen mündeten in eine revolutionäre Stimmung. Am 15. März 1917 notierte Nikolaus in sein Tagebuch:
    "Man verlangt meine Abdankung. Das sei nötig, um die Ordnung in Russland zu bewahren. Ich erklärte mich einverstanden und unterschrieb die Erklärung. Alles um mich her ist Verrat, Feigheit und Betrug."
    Innerhalb weniger Stunden wurde der Alexanderpalast vor den Toren Petersburgs zum Gefängnis der Zarenfamilie, was Nikolaus anfangs noch als Erleichterung empfand.
    "Heute Morgen erfahren, dass wir eine Zeitlang hier bleiben müssen. Das ist ein angenehmer Gedanke. Habe Briefe und Papiere verbrannt."
    Ein halbes Jahr lang lebte die Familie Romanow, wie sie jetzt hieß, in ihrem komfortablen Gefängnis, immer in der Erwartung, man würde ihr einen hübschen Landsitz auf der Krim zuweisen oder die Ausreise nach England ermöglichen.
    Gefangenschaft in Sibirien
    Es kam ganz anders. Ende August brachte man die Romanows nach Tobolsk in Sibirien, wo sie im November vom Sieg der Bolschewisten hörten. Im April 1918 wurden Nikolaus und seine Frau zusammen mit dem Sohn nach Jekaterinburg in den Ural verfrachtet. Die vier Töchter durften vorerst nicht mit. Die Tagebücher der Zarin aus dem Sommer 1918 zeigen den Alltag dieser Gefangenschaft.
    "15. Mai, Mittwoch. Heute Morgen wurde allen verboten, hinauszugehen. Ein alter Mann malte alle Scheiben von draußen weiß an, sodass man nur am oberen Rand einen Streifen vom Himmel sehen kann.
    22. Mai: Keine Nachricht von den Kindern.
    23. Mai: Gegen 11 kamen plötzlich die Mädchen. Gott sei bedankt für solche Freude!
    16. Juli: Grauer Morgen, später lieblicher Sonnenschein. Acht Uhr Abendessen."
    Wenige Stunden später weckte der wachhabende Soldat Jurowsky die siebenköpfige Zarenfamilie und ihre Getreuen: Leibarzt, Zugehfrau, Diener und Koch. Dem Befehl, sich ins Untergeschoss zu begeben, gehorchte die kleine, noch schläfrige Gruppe. Als sie sich dort setzte, betraten elf bewaffnete Männer den Raum und eröffneten das Feuer auf die Wehrlosen, einer Anordnung des örtlichen Arbeiter- und Bauernsowjets folgend. Ein Zeuge berichtete später:
    "Als ich ins Zimmer kam, lagen alle Gefangenen auf dem Boden, in riesigen Blutlachen. Alle waren tot, außer dem Zarensohn, der noch wimmerte. Jurowsky ging hin und verpasste ihm zwei, drei Schüsse aus nächster Nähe. Dann hörte er auf, zu wimmern."
    Die Leichen der Ermordeten wurden noch in derselben Nacht in einem nahegelegenen Waldstück vergraben.