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Vor 25 Jahren gestorben
Bill Graham - der große Impresario der amerikanischen Rockszene

Miles Davis, Janis Joplin, Jimi Hendrix und Cream: Er holte die ganz Großen auf die Bühne und organisierte unter anderem die Tourneen der Rolling Stones. Bill Graham gilt als Schlüsselfigur der jungen US-Rockgeneration. Weniger bekannt ist hingegen Grahams bewegte Vergangenheit, die ihn vor allem eines lehrte: den Willen zu überleben.

Von Karl Lippegaus |
    Der US-amerikanische Impresario Bill Graham im Jahr 1985.
    Der US-amerikanische Impresario Bill Graham im Jahr 1985. (imago / Leemage)
    Bill Graham wurde am 8. Januar 1931 in Berlin geboren als Wolodja Grajonca. Der einzige Sohn russisch-jüdischer Emigranten, die in den 20er-Jahren nach Deutschland ausgewandert waren. Erst später, als der Vollwaise in der New Yorker Bronx aufwuchs, verstand er allmählich die Hintergründe dessen, was er in Nazi-Deutschland durchgemacht hatte. Seine Schwestern waren in alle Himmelsrichtungen geflohen, seine Mutter war auf dem Transport ins Konzentrationslager Auschwitz umgekommen.
    "1939 lebte ich in einem Kinderheim in Berlin. Und im Sommer gab es einen zweiwöchigen Austausch mit einem Kinderheim in Frankreich. In diesen zwei Wochen brach der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland aus.
    Meine jüngste Schwester Tanya war mit in dieser Gruppe, als die deutsche Invasion in Frankreich stattfand. Das Rote Kreuz schickte jemanden, um uns zu holen, und so hatten wir die Möglichkeit, zum "Rest der Zivilisation" zu gelangen, während die Invasionstruppen weiter in den Süden vordrangen.
    Meine Schwester und ich gelangten mit Bussen, Autos und zu Fuß bis nach Lyon. Und da wurde sie krank. Erkältung. Unterernährung. Dort ist sie dann gestorben."
    Der Wille zu überleben
    Schon in Berlin wurde aus "Wolodja" zu Tarnzwecken "Wolfgang". Sein Vater war zwei Tage nach der Geburt des Sohnes gestorben. Wolfgang war noch keine acht Jahre alt, als er seine Mutter in einem KZ verlor und mit anderen jüdischen Kindern auf Züge und Frachtschiffe gebracht wurde - von Europa nach Dakar im Senegal. Dann brachte man den Jungen 1941 in ein Waisenhaus in New York.
    "Da kamen Leute an den Wochenenden, es waren gute Leute, aber wir standen da wie Tiere in einer Tierhandlung und wünschten uns, mitgenommen zu werden. Es gab weder eine Vaterfigur, noch eine richtige Mutterfigur für mich, ich hatte sie ja kaum gekannt.
    Was dies für mich bedeutete, so aufzuwachsen? Es weckt den Willen zu überleben. Nicht alles mit sich machen zu lassen. Du bist alleine da draußen!"
    Wolodja Grajonca alias Bill Graham arbeitete als Taxifahrer in New York und wurde ein begeisterter Jazzfan. Er durchquerte immer wieder als Anhalter die USA. In den frühen 60er-Jahren wurde Bill, der bei der US-Armee in Korea gedient hatte und hoch ausgezeichnet wurde, der Manager der San Francisco Mind Company, einer exzentrischen Theatertruppe. Bill Graham fand für sich eine Nische - inmitten der turbulenten Veränderungen innerhalb der amerikanischen Gesellschaft.
    "Wir organisierten ein Benefizkonzert in einem Loft 1965 und luden Frank Zappa ein, The Fugs, Lawrence Ferlinghetti, den Dichter, Sandy Bull, den Gitarristen – sowie viele, viele andere. Es war die außergewöhnlichste Nacht meines Lebens am Theater."
    Das richtige Timing
    Kurz vor dem berühmten "Summer of Love" wurde Bill Graham eine Schlüsselfigur der jungen Rock-Generation. Er und seine Freunde spannten Bettlaken über die Wände der großen Klubs und projizierten Light-Shows zur Rock-Musik – es war alles noch in den Anfängen.
    "Das Timing war richtig für mich. Es befand sich im embryonalen Zustand, was man die "alternative Gesellschaft" genannt hat. Eine andere Lebensweise, eine andere Art sich auszudrücken. Es war für die jungen Menschen damals eine relativ schwierige Zeit. Da war die Szene im Haight Ashbury-Distrikt in San Francisco, in die wir hineinkamen."
    Graham veranstaltete Konzerte mit innovativen Rockbands aus San Francisco wie The Grateful Dead und Jefferson Airplane und Quicksilver, er holte Talente wie Janis Joplin, Jimi Hendrix und The Cream auf die Bühne.
    "Ich bin ein Kapitalist. Ich will Geld machen."
    Ein Kapitalist mit einer echten Gabe
    Graham kombinierte Jazz mit Rock, er ließ Miles Davis im Vorprogramm der Liedermacherin Laura Nyro auftreten. Und es funktionierte. Das Fillmore West, der Musentempel der Rockmusik von San Francisco, war gerammelt voll.
    Graham hatte eine echte Gabe, daraus jedes Mal ein Fest für Tausende von Menschen zu machen. Graham gelang es, Millionen von Dollars für wohltätige Zwecke aufzubringen, wie zum Beispiel für die Erdbebenopfer in Kalifornien oder für den transatlantischen Massenevent "Live Aid".
    Nachdem er drei Jahrzehnte lang die Musikwelt nicht nur in Amerika veränderte, starb er am 25. Oktober 1991 bei einem Hubschrauber-Absturz.