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Vorwürfe wegen falscher CO2-Werte
"VW muss mehr Informationen offenlegen"

Der ADAC fordert nach den Vorwürfen gegen VW, auch bei CO2-Werten geschummelt zu haben, eine strengere gesetzliche Grundlage für die Festlegung von CO2-Werten. Die bestehende sei zu lasch und zudem realitätsfern, sagte Christian Buric vom ADAC im DLF. Er verlangte außerdem mehr Transparenz vom Automobilkonzern.

Christian Buric im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Ein VW-Logo glänzt am 25.09.2015 in der Morgensonne am VW Werk in Wolfsburg.
    VW-Zentrale in Wolfsburg: "Da muss noch mehr Aufklärung passieren," meint Christian Buric vom ADAC. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Stefan Römermann: Und täglich grüßt das Murmeltier. Kaum ein Tag vergeht zurzeit, an dem nicht irgendwelche neuen Details oder Entwicklungen zur VW-Abgasaffäre für Schlagzeilen sorgen. In dieser Woche wurde beispielsweise bekannt, dass womöglich auch Porsche von den Manipulationen betroffen ist, und seit gestern ist klar: Es geht nicht mehr nur um Dieselmotoren; auch bei Benzinmotoren wurde manipuliert. Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Christian Buric, Technikexperte vom ADAC. Herr Buric, was ist denn jetzt genau bekannt? Um welche Fahrzeuge geht es, die jetzt zusätzlich zu den bisher bekannten betroffen sind?
    Christian Buric: Wir wissen, dass es diesmal um CO2-Werte geht, die nicht stimmen. Bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeuge wurden zu niedrige CO2-Werte und damit auch zu niedrige Verbrauchswerte festgelegt. Betroffen sind überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Nach wie vor der Diesel steht im Fokus. Es geht hier um Typen wie Polo, Golf, Passat. Die VW-Töchter Audi und Skoda sind auch betroffen. Da geht es um den Audi A1 und um die A3-Modelle und bei Skoda geht es um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza. Wir sehen, die Palette ist nach wie vor breit, aber jetzt, wie Sie schon gesagt haben, geht es auch um Benzinmotoren. Da hat es auch Auffälligkeiten gegeben und da handelt es sich um die verschiedensten Fahrzeugmodelle, die VW jetzt auch noch im Detail natürlich noch offenlegen muss, weil das ganze Ausmaß kennt man noch nicht.
    "Da muss noch mehr Aufklärung passieren"
    Römermann: Geht es jetzt bei diesen konkreten neuen Fällen auch um, ich sage mal, eine Manipulations-Software, um irgendwelche technischen wirklichen Manipulationen, oder sind das etwas größere normale Abweichungen?
    Buric: Wir müssen grundsätzlich mal unterscheiden. In puncto CO2 - und hier geht es ja jetzt um CO2 und nicht um Stickoxide wie in den Wochen vorher: CO2, das ist ja ein Treibhausgas, ist also schädlich fürs Klima. Stickoxid ist ein Schadstoff und für die Gesundheit problematisch, vor allem für die Lungenwege und Atemwege. Und man muss jetzt wirklich sagen, VW muss einfach mehr Informationen offenlegen, damit man hier genau das Ausmaß kennt. Ob das jetzt eine Software ist, die hier eingesetzt wurde, wie im Fall Stickoxid, oder ob es, sagen wir mal, "nur" eine falsche Eintragung irgendwie ist, die dann amtlich geworden ist, das können wir noch nicht sagen. Da muss auf jeden Fall noch mehr Aufklärung passieren. Sonst steht der Verbraucher hier absolut im Dunkeln.
    "Wir werden ab nächstem Jahr auch auf der Straße messen"
    Römermann: Überrascht Sie denn diese neue Entwicklung, die Abweichung bei den CO2-Werten? Es gab ja schon vorher Hinweise darauf, dass beispielsweise der Spritverbrauch deutlich höher ist, als von den Automobilherstellern angegeben.
    Buric: Dieser neue, sagen wir mal, CO2-Skandal in Abgrenzung zu NOX überrascht uns schon. Aber dass es höhere Werte in puncto CO2 und Verbrauch gibt und vorher gab, das ist keine Überraschung. Der ADAC macht seit 2003 den Ecotest und da haben wir immer schon Abweichungen festgestellt, aber nicht, weil die Hersteller schummeln würden, sondern weil wir einfach strenger messen und weil wir immer schon gesagt haben, die Grundlage, die gesetzliche Grundlage, auf der die CO2-Werte festgelegt werden, die ist einfach zu lasch, zu realitätsfern. Und deswegen haben wir unseren eigenen Test gemacht, der strenger ist, und wir haben so schon immer eigentlich realitätsnähere Werte gehabt in puncto CO2 und werden auch in Zukunft unseren Test noch mal verschärfen und hier messen auch mit sogenannten Real-Drive-Emission-Messmethoden. Das heißt, wir messen nicht nur im Labor, sondern werden ab nächstem Jahr auch auf der Straße messen, um noch realistischere Werte zu haben.
    Römermann: Christian Buric vom ADAC - vielen Dank für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.