Archiv

Rabattaktionen in der Vorweihnachtszeit
"Eine Goldgrube mit Umsätzen in Milliardenhöhe"

Mit Rabattaktionen setzt der Online-Handel in der Vorweihnachtszeit Milliarden um. Doch vieles, was als Schnäppchen angepriesen wird, ist gar keins - das belegen Stichproben der Verbraucherzentralen. Abgesehen davon lenken die Aktionstage den Blick auch auf die teilweise prekären Arbeitsbedingungen in der Branche.

Günter Hetzke im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Amazon Paketzentrum in Großbritannien
    Goldgräberstimmung mit Nebenwirkungen: Die Gewinne und Rabatteinsparungen in der Vorweihnachtszeit werden oft auf dem Rücken anderer erzielt (dpa/Picture alliance/PA wire)
    Jasper Barenberg: Mit zahlreichen Aktionstagen, vor allem im Onlinehandel, werden wir Verbraucher in der Vorweihnachtszeit wieder zum Kauf animiert. Wie jedes Jahr gibt es an unterschiedlichen Tagen deutliche Sonderangebote, so am kommenden Freitag, am Black Friday. Und einer der Anbieter, der US-Online-Händler Amazon startet sogar heute schon mit einer ganzen Rabatt-Woche. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie gut laufen diese Aktionstage?
    Günter Hetzke: Für die Online-Händler sind diese Tage eine reine Goldgruben mit Umsätzen in Milliardenhöhe. Einer dieser Schnäppchen-Tage fand ja vor gut einer Woche statt, der Singles-Day, eine Aktion, die aus China kommt und in Deutschland noch nicht so wirklich Fuß gefasst hat, aber das wird sich voraussichtlich noch ändern. Und allein in China wurden an dem einen Tag mehr als 27 Milliarden Euro im Internet ausgegeben. Nur mal zum Vergleich: Der deutsche Einzelhandel setzt pro Monat im Schnitt knapp 44 Milliarden, also nicht mal die doppelte Summe um – natürlich bei geringerer Bevölkerungszahl.
    "Nicht jeder profitiert"
    Und in den USA ist der Black Friday der umsatzstärkste Tag des Jahres. Sogar die Wall Street wird am Freitag früher schließen, damit auch die Anleger auf Schnäppchenjagd gehen können. Auch hier gab es beim letzten Mal Umsätze so hoch wie nie zuvor, fast acht Milliarden US-Dollar allein im Online-Geschäft und einen weiteren Rekord gab es auch am darauffolgenden Montag, dem Cyber-Montag. Also, da wird mächtig viel Geld ausgegeben, tatsächlich aber profitiert nicht jeder.
    Barenberg: Wer gerät denn dabei ins Hintertreffen?
    Hetzke: Ein vielzitiertes Beispiel ist Ceconomy, die Media-Markt/Saturn-Handelsgruppe, die beides macht, online und stationärer Handel. Und da gab es im Februar, als der Quartalsbericht mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft vorgelegt wurde, ziemlich lange Gesichter. Denn der Black Friday 2017 war zwar der umsatzstärkste Tag in der Geschichte des Unternehmens, aber die Kunden haben sich wohl an den Schnäppchentagen so gut eingedeckt, dass die Nachfrage an den anderen Tagen im Dezember zu normalen Preise einbrach. Das hat den Gewinn ordentlich verhagelt.
    Barenberg: Lohnen sich denn diese Rabattaktionen für uns Verbraucher?
    Hetzke: Wer weiß, was er will und die Preise dafür kennt, der kann durchaus ein Schnäppchen machen. Aber die Verbraucherverbände heben ja stets warnend den Zeigefinger: Wichtig ist es – trotz angepriesener hoher Rabatte – immer die Preise zu vergleichen und sich nicht von Hinweisen auf begrenzte Mengen oder durch ablaufende Uhren beeinflussen zu lassen oder auch auf die Qualität zu achten. Ist das möglicherweise ein Ladenhüter oder ein Auslaufmodell, das da so angepriesen wird?
    "Es gibt viele Fallstricke"
    Stichproben der Verbraucherzentralen zeigen auch immer wieder, oft sind die Rabatte gar nicht so hoch, wie angenommen. Da wird dann als Preisvergleich die unverbindliche Preisempfehlung der Hersteller herangezogen, die nie in dieser Höhe genommen wurde. Zudem werden gerade im Internet die Preise auch an normalen Tagen immer wieder geändert. Da muss an diesen Rabatttagen der Preis gar nicht so günstig sein. Es gibt viele Fallstricke. Es gilt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Außerdem sollte man sich trotz niedriger Preise immer auch fragen: Brauche ich das überhaupt – beispielsweise mit Blick auf den Kleiderschrank.
    Barenberg: Aber wie es aussieht, werden die Paketboten in den nächsten Tagen wieder viel zu tun haben.
    Hetzke: Das sehe ich auch so. Wodurch, wenn ich das noch hinzufügen darf, der Blick auch wieder auf die Arbeitsbedingungen in dieser Branche gelenkt wird, nicht nur bei den schlecht bezahlten Boten, sondern auch bei den Angestellten in den Logistikzentren der Online-Händler. Einige Gewerkschaften, wie in Spanien, haben gerade an den Aktionstagen, zu Streiks aufgerufen, damit der Punkt nicht untergeht, dass die Schnäppchen der Verbraucher oft auf dem Rücken anderer erzielt werden.