Archiv

WM-Qualifikation
Ein ungebetener Gast

Der ukrainische Fußballverband empfing die Auswahl Kosovos zum Heimspiel – in Polen, aus diplomatischen Gründen. Ein politischer Eingriff in den Sport, den die Gäste vom Balkan gelassen wegsteckten.

Von Thilo Neumann |
    Ukrainische Fans während des WM-Qualifikationsspiels Ukraine gegen Kosovo im polnischen Krakau.
    Ukrainische Fans während des WM-Qualifikationsspiels Ukraine gegen Kosovo im polnischen Krakau. (dpa / picture alliance / Jacek Bednarczyk)
    Heimische Klänge für das Team aus der Ukraine: Die Nationalhymne, am Sonntagabend im polnischen Krakau. Hier, im Jozef-Pilsudski-Stadion, einer schmucklosen Arena, knapp drei Autostunden jenseits der eigenen Landesgrenzen. Bei einem Heimspiel.
    Denn die Mannschaft von Trainer Andrij Schewtschenko war in Krakau Gastgeber - freiwillig. Der Grund: Der Gegner. Fußballzwerg Kosovo, Nummer 168 der FIFA-Weltrangliste. Ginge es nach den Ukrainern, hätte diese Partie nicht stattgefunden, zumindest nicht als offizielles Länderspiel.
    Keine Kosovo-Repräsentanten auf ukrainischem Boden
    Die Ukraine erkennt das Kosovo nicht als unabhängigen Staat an, sondern sieht es weiter als Teil von Serbien. Repräsentanten der Balkan-Republik werden nicht auf ukrainischem Boden empfangen, auch nicht die Delegation des kosovarischen Fußballverbands FFK. Dieser ist seit Mai Teil der UEFA und der FIFA - und nimmt nun erstmals an einer WM-Qualifikation teil, in Gruppe I, mit der Ukraine.
    So kam es in Krakau zu einem sporthistorischen Ereignis: Zum ersten Mal verzichtete ein europäischer Fußballverband in einem Pflichtspiel aus politischen Gründen auf sein Heimrecht.
    Der Gegner nahm das gelassen. Fanol Perdedaj, Deutsch-Kosovare von 1860 München, versuchte im Anschluss, die politische Dimension der Partie zu relativieren. "Wir spielen Fußball, wir sind jetzt nicht in einem Parlament. Natürlich wissen wir, dass sie uns nicht anerkannt haben und alles aber das müssen die Politiker regeln."
    Ein Spiel mit zwei Gästen und ohne Gastgeber
    Für die kleine, wirtschaftsschwache Balkan-Republik sei die Nationalmannschaft ein Grund zur Hoffnung, so Perdedaj. Er meint: "Für unser Land ist es ganz wichtig, dass wir hier mitmachen dürfen, wir haben lange darauf gewartet. Jeder Einzelne ist stolz darauf, hier zu spielen."
    Aus der ukrainischen Delegation mochte sich am Sonntag niemand zu politischen Fragen äußern. Mal aus vorgeblich mangelnden Englischkenntnissen, mal, weil angeblich die Zeit fehlte. Andrij Schewtschenko, der Trainer, sagte nur, es sei "ein Spiel wie jedes andere" gewesen. Eben nur mit zwei Gästen und keinem Gastgeber.