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175. Geburtstag von Carl Benz
Der Erfinder des Automobils

Als Carl Benz in den 1870ern an seinem Verbrennungsmotor herumtüftelte, war ein „pferdeloser Wagen“ ein utopischer Gedanke. Auch als sein „Benz Patent Motor-Wagen Nummer 1“ endlich fertig war, hielten ihn viele noch für Hexenwerk. Doch der Siegeszug des Automobils war nicht mehr aufzuhalten.

Von Irene Meichsner | 25.11.2019
    Carl und Bertha Benz in Viktoria (neben Gottlieb Daimler Erfinder des Automobils), Carl am Steuer seines Krafwagens Benz Viktoria (Modell 1894)
    Carl Benz neben seiner Frau Bertha Benz am Steuer seines Kraftwagens Benz Viktoria (Modell 1894) (dpa / akg-images)
    "Der Benz-Motorwagen fährt sich ähnlich wie ein großes Rad, allerdings stabiler, aber etwas holpriger. Und - es ist ein gutes Fahren, und der fährt schnell" - Jutta Benz ist eine Urenkelin von Carl Benz, und die Testfahrt mit einem Nachbau des ersten praxistauglichen Automobils hat ihr offenbar Spaß gemacht.
    Der "Benz Patent Motor-Wagen Nummer 1" fuhr auf drei Rädern, zwei Hinterrädern und einem Vorderrad. Mit seinen 0,75 PS schaffte er 16 Kilometer pro Stunde. In Vielem erinnerte dieses urtümliche Gefährt noch an Fahrräder oder Kutschen.
    Kurt Möser vom Karlsruher Institut für Technologie: "Es war eigentlich eine spekulative Erfindung, von der man eigentlich nicht genau wusste, wo sie hingehen sollte. In welche Richtung sollte man diese Erfindung optimieren? In Richtung auf Geschwindigkeit oder Bequemlichkeit? Wer war der künftige Markt? Wahrscheinlich waren es die zahlreichen Fahrradfahrer. Carl Benz war ja selber begeisterter Fahrradfahrer. Die Automobil-Erfindung hat eine gewisse Eigendynamik bekommen."
    Der Traum vom "pferdelosen Wagen"
    Carl Benz kam am 25. November 1844 in Mühlburg, heute ein Stadtteil von Karlsruhe, zur Welt. Er war noch keine zwei Jahre alt, als sein Vater, einer der ersten Lokomotivführer in Baden, an einer Lungenentzündung starb, die er sich auf dem Führerstand zugezogen hatte. Die Mutter tat alles für ihren Sohn. Sie ermöglichte ihm den Besuch eines Gymnasiums und danach das heiß ersehnte Maschinenbaustudium am Karlsruher "Polytechnikum".
    Schon als Student träumte Carl davon, eines Tages einen "pferdelosen Wagen" zu bauen – ein damals noch vollkommen utopischer Gedanke.
    "Carl Benz ist zunächst also ein Avantgardist. Er träumt von diesem pferdelosen Wagen in einer Zeit, als man noch zu Fuß geht und eine Pferdekutsche hat. Und wenn man ganz, ganz, ganz modern ist, fährt man mit der Eisenbahn", sagt Angela Elis, Autorin einer Biografie über Bertha Benz, Carls spätere Ehefrau, die ihren Mann nach Kräften unterstützte.
    Noch vor der Hochzeit ließ sie sich 1871 einen Teil ihres Erbes auszahlen, um Carl, der zunächst als Schlosser und Konstrukteur in verschiedenen Maschinenfabriken gearbeitet hatte, die Gründung einer eigenen Werkstatt zu ermöglichen. Jahrelang tüftelte Benz an seinem ersten Gasmotor herum, der zunächst nur für industrielle Zwecke gedacht war. Immer wieder war es Bertha, die ihrem Mann, der oft am Rande der Verzweiflung war, den Rücken stärkte, auch in Zeiten großer finanzieller Not.
    Angela Elis: "Sie hat sogar, das ist überliefert, mit in der Werkstatt gestanden und gefummelt, sie hat zum Beispiel ihre Nähmaschine in die Werkstatt geräumt und hat Induktionsspulen gewickelt."
    Gründung einer neuen Firma
    Schließlich lief der Motor. Nur: Von dem "pferdelosen Wagen", für den Benz einen sehr viel kleineren, leichteren Antrieb brauchte, wollten die Geschäftspartner, mit denen er sich zwischenzeitlich zusammengetan hatte, nichts wissen. Benz war verbittert.
    "Benz-Motoren – ja, die waren recht. Das gab Geld. Aber Benz-Wagen, nein, da wäre es um jeden hineingesteckten Pfennig zu schade."
    Benz trat aus der gemeinsamen Firma aus. Mit einem neuen Partner gründete er 1883 die Firma "Benz & Cie., Rheinische Gasmotorenfabrik Mannheim". Hier konnte er zumindest nebenher seinen Traum weiterverfolgen. An jedes Zahnrad, jede Schraube, jede Kette hatte er gedacht.
    "Und trotzdem gebärdete sich später manches Stück in der Praxis ganz anders, als der Konstrukteur es vom Standpunkt der Berechnung aus erwartet hatte."
    Spektakel um den "Hexenkarren"
    Im Januar 1886 meldete Benz ein Patent auf sein "Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb" an. Wenig später fanden die ersten öffentlichen Fahrten mit dem Prototyp statt. Es war ein Spektakel sondergleichen.
    "Die Pferde, die ihrem neuen Konkurrenten wenig Liebe und Verständnis entgegenbrachten, scheuten und wollten auf und davon. Die Kinder sprangen unter Schreien und Rufen: 'Der Hexenkarren, der Hexenkarren' in die Häuser, schlugen, so rasch sie konnten, die Haustüren hinter sich zu und verriegelten sie, wohl aus Angst vor bösen Geistern."
    1888 wurde der Benz Patent Motor-Wagen auf der Gewerbe- und Industrieausstellung in München und ein Jahr später auch auf der Pariser Weltausstellung gefeiert. Das Zeitalter der Automobile war angebrochen. Der Lebenstraum von Carl Benz, der 1929 im baden-württembergischen Ladenburg starb, hatte sich tatsächlich erfüllt.