Dienstag, 19. März 2024

Archiv

50. Geburtstag der "Sendung mit der Maus"
Brummende Bildungsinstitution

Mit Walt Disneys Micky Maus schien der Kinder-TV-Markt für Mäuse-Protagonisten passé. Doch dann tauchte am 7. März 1971 in der ARD eine Maus auf und nagte sich wortlos brummend und schniefend durch die Fernsehgeschichte: Seit 50 Jahren erklärt die "Sendung mit der Maus" Kindern die Welt.

Von Carola Zinner | 07.03.2021
    Ein Farbfoto zeigt die orangefarbene, offenbar erfreute Zeichentrick-Maus auf einem blauen Roller, umgeben von einigen weißen Felsen und kargen Grasbüscheln. Die erste Folge der "Sendung mit der Maus", ausgestrahlt am 7. März 1971 The Mouse Television: Die Sendung Mit Der Maus The Broadcast With The Mouse TV-Serie De 1971-, 07 March 1971 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: WdrxAFxArchivexMaryxEvans 12452915 editorial use only
    Die erste Folge der "Sendung mit der Maus", ausgestrahlt am 7. März 1971 (.imago / WDR / Mary Evans)
    "Die ist orange mit braunen Ohren, braunen Füßen, und bei einem Weitsprung, da nimmt sie ihren Schwanz und macht sich daraus einen Weitsprungstab und ist dann am weitesten gesprungen."
    Schwieriges einfach machen, so lautet das Grundprinzip der "Sendung mit der Maus", und es kommt bei Kindern von heute wie der neunjährigen Lena noch genauso gut an wie bei denen der 70er Jahre, als das Ganze seinen Anfang nahm. Am 7. März 1971 lief in der ARD die erste Folge der "Lach- und Sachgeschichten", wie die Sendung zunächst hieß. Was dem zuständigen Redakteur allerdings dann doch zu wenig griffig war: da würde sich doch wohl was Besseres finden lassen:
    "Der raste immer zwischen seinem Büro und den anderen Redaktionsbüros hin und her, und auf irgend so einem Gang hat er dann auch mal gesagt ‚Die Kinder sagen, das ist die Sendung mit der Maus – das nennen wir einfach ‚Die Sendung mit der Maus‘!‘"

    Wie kommt das Loch in die Makkaroni?

    Erinnert Armin Maiwald. Seine Stimme begleitet nun schon seit Jahrzehnten Generationen von Kindern. Der Mit-Erfinder ist nach wie vor einer der Macher der beliebtesten Kindersendung Deutschlands. Die übrigens in ihren Anfangszeiten durchaus umstritten war. Denn damals galt das Prinzip: Vorschulkinder haben vor der Mattscheibe nichts zu suchen. Und genau sie gehörten zur Zielgruppe dieser Mischung aus "Lachgeschichten" – Trickfilmen, Mini-Serien, Liedern und Gedichten - und den "Sachgeschichten",.
    Maiwalds Spezialgebiet: Wie entsteht ein Streichholz, wie kommt das Loch in die Makkaroni, wie funktioniert ein Computer … es gibt scheinbar nichts, was nicht schon in einer dieser brillanten Dokumentationen erklärt wurde. Anfangs noch allein mit Bildern, ab 1976 dann zusätzlich noch mit kurzen, von Maiwald gesprochenen Texten: "Das Unsichtbare, was den Menschen steuert, das Gehirn, der Geist, die Seele, das ist beim Computer die Software."
    Auf diese Art wurde er zur Stimme der Sendung, und bald mit kleinen Moderationen auch zu ihrem "Gesicht". Niemand war Ende der 80er, Anfang der 90er-Jahre hierzulande bei Kindern derart populär wie "Armin" - außer natürlich "Christoph": Christoph Biemann, ab 1983 das zweite "Gesicht" der Sendung: Markenzeichen: grüner Pullover.
    Ein Mann mit kurzen grauen Haaren lächelt verschmitzt in die Kamera. Er trägt einen grünen Pullover, im Hintergrund sind Baumstämme und ein Gebäude im Abendlicht zu sehen.
    Moderator und Autor Christoph Biemann - „Die wichtige Prise Emotion“
    50 Jahre Lach- und Sachgeschichten! Fast genauso lange arbeitet Christoph Biemann für "Die Maus". Der Mann im grünen Pulli gehört zu den wenigen Menschen der Sendung, die ein musikalisches Leitmotiv begleitet.

    "Ich hab‘ mal die Atom-Maus gedreht, und da wusste ich, da werden viele Drehtage für nötig werden, und da habe ich in meinen Kleiderschrank geguckt, und da waren verschiedenfarbige Sweat-Shirts, aber dabei waren zwei grüne, da habe ich gedacht, ah, wenn der eine grüne in der Wäsche ist, ist immer noch der andere da …"

    Das Erfolgsrezept heißt Minimalismus

    Auch die Maus bekam Unterstützung: plötzlich tauchte neben ihr ein kleiner blauer Elefant auf, später dann auch noch eine Ente. In der Zielgruppe wird sie so beschrieben: "die kann vielleicht ein bisschen hochspringen, aber richtig fliegen kann die nicht.
    Braucht sie auch nicht. Minimalismus, so lautet das künstlerische Motto der kleinen Animationen, bei der die Figuren oft im leeren Raum agieren und stets ohne Worte: Das Klappern einer Kokosnuss und von Kastagnetten, dazu ein paar Schnief- und Brummlaute: es ist schon erstaunlich, wie wenig es braucht, um etwas akustisch zum Leben zu erwecken, so Armin Maiwald:
    "Je mehr man sie definiert, desto mehr Grenzen macht man ja auch. Eben gerade dieses Nicht-Definieren, dieses Nicht-Sprechen in irgendeiner Sprache macht sie frei nach allen Seiten."

    Zahlreiche Trittbrettfahrer folgten

    Natürlich hat man sich in manchem auch angepasst an den Lauf der Zeit, bei den Inhalten wie beim Tempo, das deutlich an Fahrt gewonnen hat.
    Und selbstverständlich fanden sich auch zahlreiche Trittbrettfahrer, die aufsprangen auf diesen Erfolgs-Zug des WDR, ob mit großer Abendsendung oder kleiner: Persiflage.
    "Heute: die Gesundheitsreform. Sicher habt ihr auch schon von dieser komischen Gesundheitsreform gehört, oder? Gesundheitsreform - ihr wisst nicht, was das ist? Ok, erklär ich euch."
    Armin Maiwald, Filmemacher, Autor und Miterfinder der "Sendung mit der Maus" sitzt auf einem Sofa in seinem Büro vor zahlreichen Filmrollen.
    Der Sendung mit der Maus" zum 50. 
    Das wohl bekannteste deutsche TV-Tier feiert sein Bildschirmjubiläum: Seit einem halben Jahrhundert schon laufen die "Lach- und Sachgeschichten" der "Sendung mit der Maus". Was in erster Linie Kinder unterhalten soll, war von Anfang an auch klassischer Journalismus.

    Kein Zweifel: Die Sendung mit der Maus ist ein Klassiker, prägend, einzigartig – und hoffentlich bis auf weiteres auch unsterblich. Denn auch wenn es scheinen mag, als hätte sie uns bereits sämtliche Geheimnisse und Rätsel dieser Welt erklärt: Sie wird garantiert noch viele weitere entdecken.