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Abendmahlsaal auf dem Berg Zion
Mit Lasertechnik auf den Spuren Jesu

Der Zionsberg befindet sich seit 1948 in Besitz von Israel. Nach der christlichen Tradition gilt er aber auch symbolisch als der Ort, an dem Jesus das letzte Abendmahl abhielt. Ein israelischer Archäologe wollte mehr über die heilige Stätte wissen. Statt zu buddeln, setzte er auf hochmoderne Technik.

Von Benjamin Hammer | 19.04.2019
Dormitio-Kirche am Berg Zion.
Schon im vierten Jahrhundert sollen Christen auf dem Berg Zion des letzten Abendmahls vor der Kreuzigung gedacht haben (picture alliance / Fabian von Poser)
Eine Reisegruppe aus China auf dem Zionsberg in Jerusalem. Für die Touristen ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Sie stehen im Hof eines verschachtelten Gebäudekomplexes mit mehreren Stockwerken und kleinen Treppen. Im Erdgeschoss befindet sich der Tradition zufolge das Grab des jüdischen Königs David. Eine Etage darüber: der Abendmahlsaal.
Vom Dach aus hat man einen guten Überblick über den Zionsberg. Direkt gegenüber steht die deutschsprachige Dormitio Abtei von Benediktinermönchen. Einer von ihnen ist Matthias Karl.
Abendmahl als identitätsstiftende Grüße
"Also für uns hat die Erzählung vom Abendmahl eine schon identitätsstiftende Größe. Denn unsere Sonntagstradition besteht ja eben genau darin. Dass wir uns zur Feier der Eucharistie zum Gedächtnis an das Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern treffen und dann auch eben Kelch und Brot teilen."
In der Mitte des Abendmahlsaals stehen steinerne Säulen. Die prächtigen Fenster sind mit arabischen Schriftzeichen versehen. Denn das Gebäude war früher auch schon mal eine Moschee. Gerade an Ostern wollen Christen aus der ganzen Welt diesen Ort erleben. Dabei steht fest, dass Jesus Christus diesen Raum nie betreten hat. Kreuzfahrer bauten ihn erst rund 1150 Jahre nach dessen Geburt, schätzt Amit Re’em. Der Archäologe arbeitet für die Behörde für Altertümer des Staates Israel.
"Für einen Archäologen ist es wirklich ein Traum, in Jerusalem zu arbeiten. Wir erforschen hier heilige Stätten, in denen das Judentum und das Christentum geboren wurden."
Schlichtes Kreuzrippengewölbe: de Raum, in dem Jesus das letzte Abendmahl gefeiert haben soll, Zionsberg, Jerusalem, Israel.
Ein schlichtes Kreuzrippengewölbe: Hier soll Jesus das letzte Abendmahl gefeiert haben (picture alliance / Moritz Wolf)
Schon im vierten Jahrhundert sollen Christen an diesem Ort des letzten Abendmahls vor der Kreuzigung gedacht haben. Der Archäologe Re’em fand mögliche Spuren, die aus der Zeit des zweiten jüdischen Tempels stammen könnten. Und damit aus der Zeit Jesu Christi. Doch weil diese Stätte allen drei Weltreligionen heilig ist, kann Re’em nicht einfach drauflosbuddeln.
"Die Dinge liegen gewissermaßen außer Reichweite. Also haben wir hochmoderne Technik verwendet. Damit bekamen wir Einblicke, ohne etwas auszugraben."
Der israelische Archäologe nutzte hochmoderne Lasertechnik für die Vermessung der Räume. Er entdeckte Symbole der Kreuzfahrer, die bis dahin übersehen worden waren. Gerade der verheerende Brand der Notre-Dame-Kathedrale, sagt Re’em, zeige doch, wie wichtig eine genaue Dokumentation sei.
Christliche Eucharistiefeiern nicht erlaubt
Vor vier Jahren feierte Papst Franziskus eine heilige Messe im Abendmahlsaal. Eine absolute Ausnahme. Denn der Gebäudekomplex wird seit 1948 von Israel kontrolliert. Und weil sich im Untergeschoss der Tradition zufolge das Grab von König David befindet, lehnen manche Juden christliche Eucharistiefeiern in dem Gebäude strikt ab. Die israelischen Behörden folgen dieser Haltung.
"Es geht nicht darum, dass wir Juden hier irgendwas wegnehmen wollen."
Matthias Karl, der Benediktinermönch in der benachbarten Dormitio-Abtei setzt auf Ausgleich mit den jüdischen Vertretern auf dem Zionsberg. Seine Hoffnung:
"Dass also irgendwann mal der Tag kommt, wo einfach alle Gläubigen an einer Eucharistiefeier teilnehmen können dort."
Und damit an jenem Ort, wo die Eucharistie – also das Abendmahl – aus Sicht der Christen ihren Ursprung hat. Seit Jahren verhandelt der Vatikan mit Israel über eine neue Regelung. Bisher ohne Erfolg. Wenn Religion auf Politik trifft, wird es gerade in Jerusalem kompliziert.