Dienstag, 30. April 2024

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Abfall im öffentlichen Raum
Vermüllung aus Bequemlichkeit

Früher waren es die Hundehaufen, heute verunreinigt zunehmend Verpackungsmüll die Parks und Straßen größerer Städte. Laut einer Studie lassen vor allem junge Leute zwischen 21 und 30 ihren Müll fallen, wo sie gerade gehen und stehen. Die richtige Gestaltung von Abfalleimern kann offenbar Abhilfe schaffen.

Von Anja Nehls | 25.04.2018
    Müll liegt am 26.06.2016 in Berlin im Treptower Park neben einem fast leeren Mülleimer.Foto: Paul Zinken/dpa | Verwendung weltweit
    Knapp daneben ist auch vorbei: Müll neben einem fast leeren Mülleimer in einem Berliner Park (dpa)
    Nach einem warmen Wochenende versinken die Berliner Parks und viele Straßen regelmäßig im Müll. Liegengelassene Einweggrills gammeln neben zerbrochenen Bierflaschen, Plastikbesteck, leeren Tüten und Einwegpappbechern. Ärgerlich finden das die, die nach einem solchen Wochenende unterwegs sind:
    "Katastrophal, ganz schrecklich, fürchterlich schmutzig."
    "Normaler Zustand nach einem Wochenende, mit Glas und so was."
    "Ich finde es schlimm, traurig, ich laufe super gerne barfuß und kann nicht barfuß laufen, weil alles voller Scherben ist."
    "Ein bisschen räudig, so viel Müll hier auf dem Boden zu sehen.
    "Ist echt schade, dass es hier einfach liegengelassen wird."
    "Ich finde es schon ärgerlich, weil ist ja kein großer Weg zu sagen, ich schmeiß es in den Müll."
    Wer am meisten "littert", also einfach Abfall im öffentlichen Raum liegenlässt, was am meisten stört und wie man dagegen vorgehen könnte – das hat jetzt der Verband kommunaler Unternehmen im Rahmen einer Studie untersuchen lassen. Rebecca Gerlach vom Institut für Psychologie der Humboldt Universität Berlin hat dazu mehrere Untersuchungen seit 2004 durchgeführt:
    "Was das absolut Auffälligste ist, dass tatsächlich sowas wie die Wahrnehmung von Hundekot deutlich zurückgegangen ist, hingegen hat die Wahrnehmung von Verpackungsmüll, von Take-Away-Verpackungen deutlich zugenommen."
    Bequemlichkeit, Faulheit, Gleichgültigkeit
    Im Auftrag einiger kommunaler Stadtreinigungsunternehmen wurden in den vergangenen 14 Jahren wiederholt mehrere tausend Menschen in Berlin, Frankfurt/Main, Köln und Hamburg befragt. Von denen werden heute zum Beispiel Zigarettenkippen an Haltestellen und Eingängen viel stärker wahrgenommen als noch vor zehn Jahren. Das kann damit zu tun haben, dass in den meisten Innenräumen inzwischen nicht mehr geraucht werden darf. Dass der Verpackungsmüll dafür viel stärker in den Fokus gerückt ist, findet Rebecca Gerlach nicht verwunderlich:
    "Deutschland ist Verpackungseuropameister und da fällt einfach mehr Verpackungsmüll an. Ich glaube auch, dass tatsächlich das Bewusstsein dafür deutlich steigt, denn der Aspekt, dass wir überhaupt zuviel Verpackungsmüll haben, dass das eine Ursache für Littering ist, dass man in Bezug auf die Maßnahmen deutlich fordert, dass der Verpackungsmüll reduziert wird, das gab es vor zehn Jahren überhaupt nicht."
    Als Hauptverursacher von Littering sind junge Erwachsene zwischen 21 und 30 Jahren, gefolgt von Jugendlichen und älteren Erwachsenen über 50. Als Gründe für das Wegwerfen werden häufig Bequemlichkeit, Faulheit und Gleichgültigkeit genannt, so Gerlach. Einfach mehr Abfallbehälter aufzustellen sei allerdings keine Lösung. Wichtiger sei, dass es genügend Behälter, gibt, die regelmäßig geleert werden und die so gestaltet sind, dass sie gesehen und dann auch benutzt werden. Berlin sei aber in dieser Hinsicht bereits vorbildlich, meint Tanja Wielgoß von der Berliner Stadtreinigung, die die Studie begleitet hat:
    "Mittlerweile haben wir 23.000 Papierkörbe in Berlin. Egal wo Sie sind, haben Sie vielleicht 50, maximal 100 Meter zum nächsten Papierkorb. Wir machen da schon sehr viel, weil genau das ist ja der Punkt, dass sie orange sind, sie sind knallorange, das heißt man sieht sie schon mit der Farbe, was hinzukommt ist, dass wir ein paar nette Sprüche meistens draufhaben, dass man auch da noch mal so einen Blickfang hat."
    Abfallbehälter der Berliner Stadtreinigung. Die Papierkörbe tragen die Aufschriften "Becherbutler", "Kippendiener" und "Häufchenhelfer".
    Mit pfiffigen Aufschriften möchte die Berliner Stadtreinigung die Aufmerksamkeit der Berliner auf die Papierkörbe lenken und deren Nutzung erhöhen (picture alliance/ dpa/ Hauke-Christian Dittrich)
    "Im Endeffekt muss auch sanktioniert werden"
    Und wer schmeißt seinen Müll nicht gerne in das orangerote Maul eines "Häufchenhelfers", "Becherbutlers" oder "Kippendieners"? Offenbar immer noch nicht jeder. Deshalb fordert die BSR mehr Unterstützung:
    "Im Endeffekt muss auch sanktioniert werden und klar sein, es ist ein Delikt und dass das faktisch ein Bußgeld kostet und dass das auch ab und zu eingezogen wird."
    Im Kampf gegen den Müll in den Berliner Parks soll das im vorletzten Sommer gestartete "Pilotprojekt Parkreinigung" außerdem jetzt ausgeweitet werden. In einigen Grünanlagen putzt statt der personell ausgezehrten Bezirke seitdem die BSR – zur großen Zufriedenheit der Passanten, wie eine Umfrage ergab. Das Budget dafür ist deshalb von der Finanzverwaltung jetzt auf knapp neun Millionen Euro verdoppelt worden.