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Abtei Maria Laach
Das Bauhaus-Kloster

Theodor Bogler war einer der bekanntesten Keramiker des Bauhauses – doch nach seinem Studium in Weimar ging er in der Eifel ins Kloster. Seine Entwürfe nahm er mit. Heute werden Boglers Bauhaus-Becher in der Benediktiner-Abtei Maria Laach wieder hergestellt.

Von Sabine Oelze und Susanne Luerweg | 25.07.2019
Die Abtei gehört zum Orden der Benediktiner.
Die Klosterkirche Maria Laach in der Eifel (picture-alliance / Friedel Gierth)
Fünfzehn Benediktinermönche versammeln sich zum Mittagsgebet im Chor der Abtei Maria Laach, einem Juwel der romanischen Architektur. Imposant füllt ihr Gesang die Wallfahrtskirche.
Das Kloster ist die Heimat von Stephan Oppermann, der hier in Maria Laach nur Bruder Stephan heißt. Der 32-jährige verfolgt in der Benediktinerabtei aber nicht nur eine religiöse Mission. Er studiert im nahegelegenen Alfter Bildhauerei und kümmert sich im Kloster auch um das Erbe des Bauhauses.
"Herzlich willkommen in unserer Manufaktur", sagt Bruder Stephan. "Wir arbeiten zu dritt – das sind Frau Lange und Frau Schönberger. Frau Lange ist Porzellanmalerin aus Meißen, die veredelt unsere Keramik mit ihrem feinen Pinselstrich zur höchsten Qualität. Frau Schönberger ist Drehmeisterin, die gerade den Ton zum Drehen formt. Auf der Drehscheibe entsteht jedes einzelne Stück, was dann später bemalt wird und unser Haus verlässt."
Vom Bauhaus ins Kloster
Die Manufaktur liegt versteckt in einem Seitentrakt des Klosters. Hier, weit weg von Weimar und Dessau, lebt das Bauhaus weiter. Seit rund zwölf Jahren werden in der kleinen Werkstatt Keramiken im Bauhaus-Stil hergestellt, nach Vorlagen von Theodor Bogler, berichtet Stephan Oppermann: "Er hat zeichnerische Meisterleistungen vollbracht. Wir haben jetzt seinen ganzen Fundus, sein ganzes Erbe katalogisiert. Das sind 6000 Zeichnungen, da er immer wieder gezeichnet, gezeichnet, gezeichnet, probiert hat. Das sieht man eben auch daran, es ist das Zeichnen, das erste."
Theodor Bogler war Prior in Maria Laach. Sein Lebensweg führte ihn allerdings nicht direkt ins Kloster. Er machte einen Umweg übers Bauhaus. In Weimar erlernte Bogler in den 1920er Jahren das Töpferhandwerk. Vier Jahre lang besuchte er die Keramische Werkstatt in Dornburg bei Weimar. Dort studierte er bei prominenten Lehrern wie dem Bildhauer Gerhard Marcks und dem Töpfermeister Max Krehan.
"Nach dem Vorkurs bei Johannes Itten ist er bei Max Krehan Keramiker geworden, hat die Meisterprüfung gemacht und dann war schon ganz klar: Er ist nicht derjenige, der auf Akkord neue Formen entwirft, sondern wenige Stücke, aber die sehr wohl durchdacht."
Klare Formen und schlichte Schönheit
Für das Haus am Horn, das erste Mustergebäude des Bauhauses in Weimar, entwarf Bogler cremefarbene Vorratsbehälter für Mehl, Reis und Zucker sowie Vorratsflaschen. Ihre Farbe passt zur legendären Frankfurter Küche, die damals erfunden wurde. Fast alle dieser Keramiken werden heute wieder in Maria Laach hergestellt.
Ein Verkaufsschlager ist laut dem Werkstattleiter Stefan Oppermann "...der Becher, aus dem Sie trinken." Der Bogler-Becher hat einen kleinen Fuß, läuft kegelförmig zu. Es gibt ihn in vielen verschiedenen Farben. Genauso wie Bogler-Tassen, -Vasen und -Teekannen. Sie alle bestechen durch klare Formen, Funktionalität, schlichte Schönheit und erschwingliche Preise. Neben dem Becher und der Küchengarnitur für das Haus am Horn gehören die sogenannte "Mokka-Maschine" und die "Kombinationsteekanne" zu Boglers bekanntesten Keramiken.
Keramik-Arbeiten des Künstlers Theodor Bogler stehen in der Ausstellung unter dem Titel "Wechselwirkungen.Meister und Gesellen des Bauhauses zwischen Werkstatt und Industrie" im Hetjen-Museum/Deutsches Keramikmuseum in einer Glasvetrine.Das Museum zeigt bis zum 12.Mai Stücke von Künstlern aus den 1920er Jahren bis zur Nachkriegszeit, die am Bauhaus entstanden sind.Die Gründung der avantgardistischen Kunstschule jährt sich in diesem Jahr zu100.Mal.
Keramik-Arbeiten des Bauhaus-Künstlers Theodor Bogler (picture alliance / Horst Ossinger / dpa)
"Die Kanne ist zusammengesetzt aus einem Halbkreis, der gestaucht ist und einem Zylinder. Das ist natürlich gedreht, das Urstück ist rund und daran sehen Sie ganz, ganz klassisch, wie so etwas aufgebaut ist, dass man mit geometrischen Formen an einem Gefäß anfängt zu bauen. Und das ist musterexemplarisch - das Werkstück schlechthin. Das Schöne daran ist, dass die Kanne sich in sechs verschiedenen Weisen zusammenbauen lässt. Sie hat so viele Einzelteile, dass sie die so verändern können. Mit wenigen Handgriffen können Sie die Rohstücke produzieren und setzen die eben in unterschiedlichen Weisen zusammen. Deswegen Kombinationsteekanne."
Bauhaus und Kloster begegnen sich
Boglers Bauhaus-Karriere verläuft also recht erfolgreich – findet aber ein plötzliches Ende. Die Wende in seinem Leben bringt der plötzliche Tod seiner Ehefrau. Dieser persönliche Schicksalsschlag bewegt Bogler dazu, dem Benediktinerorden beizutreten.
"Er hatte eine Witwe geheiratet, Theodora Kaisel, mit zwei Kindern", berichtet Stephan Oppermann. "Sie hat sich später das Leben genommen und daraufhin ist er ins Kloster gegangen, was nur möglich war, weil die Kinder ja nicht seine Kinder waren. So war es kirchenrechtlich auch möglich, dass er Priester werden konnte. Die Kinder sind bei seiner Mutter und dann bei ihren Eltern geblieben."
1927 entscheidet Theodor Bogler sich für den Weg ins Kloster. Seine Bauhaus-Vergangenheit lässt ihn dennoch nicht los. Er richtet nicht nur die Keramikwerkstätten in Maria Laach ein, er bringt auch Walter Gropius, Marcel Breuer und andere Bauhaus-Kollegen dazu, für das Kloster einen Gebäudetrakt zu entwerfen.
Wer heute als Gast zur Einkehr nach Maria Laach kommt, übernachtet in einem Bauhaus-Gesamtkunstwerk: von der Türklinke über die Treppengeländer bis hin zum Deckenlicht. "Dieser Teil ist von 1931, ist von Martin Weber, Marcel Breuer und Walter Gropius geplant und gebaut. Das ist so der Bauhaus-Bau, den wir hier in Maria Laach haben, sieht man ja schon sehr schön an den Fenstergliederungen. Da sind noch alles Originalfenster. Sogar die Gardinen sind festgeschrieben oder festgelegt, wodurch sich das Karo aus den Fenstern in den Gardinen wiederholt."
Der Benediktiner-Bruder Stephan Oppermann glaubt auch heute noch an die Ideale des Bauhauses. Er will ein einfaches Leben führen und sieht im Leben des Mönches eine Analogie zu den Ideen der berühmten Gestaltungsschule. Bauhaus und Kloster begegnen sich. "Meine Zelle könnte ich in 15 Minuten verlassen und dann ist sie leer. Und das ist schon was Besonderes, dass man den Mut hat vieles, vieles wegzulassen, was man nicht wirklich braucht. Es gibt viele Dinge, die machen das Leben schön. Es gibt viele Dinge, die machen das Leben auch interessant. Aber beim Bauhaus ist kein Platz für Ablenkung. Und in unserem Leben geht es fast immer um die wesentlichen Dinge, und die werden dann ganz gerne mit anderen Teilen verdeckt."