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ADAC
Autobauer wenden sich von Gelben Engeln ab

Was als Marketinginstrument ins Leben gerufen wurde, um die Hersteller deutscher Lieblingsautos auszuzeichnen, ist jetzt zum Imagekiller geworden: Für den ADAC selbst, der sich damit ins Abseits manövriert hat, aber auch für die Autokonzerne.

Von Benjamin Hammer | 21.01.2014
    Ein Firmenschild des ADAC ist zu sehen.
    Autobauer befürchten einen Imageschaden durch den ADAC-Skandal. (dpa / Ralf Hirschberger)
    Wer sich auf die Suche nach einer Mercedes A-Klasse in der Farbe "Gold" macht, der kann lange suchen. Es gibt sie nicht zu kaufen.
    Einzig in einer Werbeanzeige Anfang 2013 hüllte Daimler sein neues Auto in Gold. Daneben stand, dass die A-Klasse das "Lieblingsauto der Deutschen" sei. Und daneben prangte der Gelbe Engel des ADAC.
    Werben mit dem Autoclub und glanzvolle Auftritte auf Preisverleihungen. Die deutsche Autoindustrie ging jahrelang bereitwillig diese Allianz ein. Noch vor fünf Tagen freute sich der diesjährige Sieger - VW-Chef Martin Winterkorn - gegenüber der Produktionsfirma United Pictures auf der Preisverleihung des ADAC.
    "Wir freuen uns, dass Sie als ADAC-Mitglieder uns ähnlich positiv sehen, wie wir uns selber."
    Ähnlich klang das in der Vergangenheit bei Daimler-Chef-Dieter Zetsche:
    "Sehr erfreulich natürlich, dass wir in den Innovationen ganz vorne liegen, den Gelben Engel dafür gewonnen haben - ist für unser Haus sehr erfreulich."
    Und Audi-Chef Rupert Stadler:
    "Mich freut's, dass die Leserwahl dazu geführt hat, dass der Q3 das Lieblingsauto der Deutschen ist."
    Nun sagen wir: Lieblingsauto einiger weniger Deutschen. Jedenfalls dann, wenn man nach den tatsächlich eingereichten Stimmen der Motorwelt-Leser geht. Klaus Kocks kennt die Branche gut. Er ist Honorarprofessor für Unternehmenskommunikation und leitete jahrelang den entsprechenden Bereich bei Volkswagen.
    "Es sind alle blamiert. Es ist blamiert der ADAC, weil er Zahlen gefälscht hat, um seine eigenen Schwächen zu vertuschen und es sind diejenigen blamiert aus Industrie und Politik, die dafür den Rahmen abgegeben haben."
    Für Volkswagen ist der Preis in diesem Jahr besonders bitter. Es gibt kaum einen Zeitungsartikel über den ADAC, der nicht den VW Golf erwähnt – das diesjährige Siegerauto.
    "Das ist sicherlich nicht sehr schön für Volkswagen. Man hielt den Gelben Engel in der Hand und der Gelbe Engel war ein Gelber Bengel."
    Stefan Bratzel ist Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Bergisch Gladbach.
    "Das ist nicht sehr positiv. Hat im Übrigen auch Geld gekostet, weil man ja schon Werbung geschaltet hatte, die man jetzt wieder zurückziehen muss."
    VW zog bereits weitere Konsequenzen und distanzierte sich vom ADAC. Der Club brauche eine Umstrukturierung, sagte ein Sprecher gegenüber der Süddeutschen Zeitung, der Konzern prüft, ob er den Preis zurückgibt. Von den anderen Autobauern kommen deutlich mildere Töne. Das akute PR-Schlamassel, so scheint es, liegt gerade eher in Wolfsburg – nicht in Süddeutschland.
    Der Gelbe Engel wird in den nächsten Jahren um die Anerkennung von Branche und Kunden kämpfen müssen, so viel steht fest. Profitieren könnten andere Autopreise, etwa das Goldene Lenkrad des Springer-Verlages oder das "European Car of the Year". Beide werden nicht von den Lesern, sondern von Fachjurys oder Journalisten bestimmt. Das macht sie zwar unverdächtig für Manipulationen wie beim ADAC, die Einflussnahme durch die Autoindustrie ist bei wenigen Juroren jedoch theoretisch leichter.
    Klaus Kocks kritisiert den ADAC derzeit scharf. Und doch, so scheint es, wünscht er sich einen sauberen Gelben Engel zurück – einen Engel, den es so vielleicht niemals gab.
    "Ohnehin ist Glaubwürdigkeit in alle möglichen Institutionen erschüttert. Und für die Verbraucher war der ADAC halt noch ein Garant. So: Dieser Garant ist verloren und damit ist natürlich auch eine neutrale Stimme in den Markt verloren, die sie als Hersteller auch gerne hätten. Also so etwas wie die Stiftung Warentest ist jetzt für den Autosektor diskreditiert und weg."