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AfD
Der Unterschied zwischen "Flügel" und restlicher Partei

Die AfD hat bei der Landtagswahl in Thüringen starke Gewinne eingefahren. Landesvorsitzender dort ist Björn Höcke, der zum sogenannten Flügel gehört und seit langem als Galionsfigur der äußersten Rechten in der AfD gehört. Die Bundesvorsitzenden lassen ihn gewähren.

Von Henry Bernhard | 29.10.2019
Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl in Thüringen, und Andreas Kalbitz (l) , Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg stehen bei der Wahlparty der AfD auf der Bühne.
Stehen an der Spitze des "Flügels": Björn Höcke, Landesvorsitzender der AfD in Thüringen, und Andreas Kalbitz (l) , Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg (picture alliance/Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa)
Der "Flügel" ist der rechte Rand der AfD. An dessen nicht gewählten, aber auch nicht bestrittenen Spitze stehen die Thüringer und Brandenburger Landesvorsitzenden, Björn Höcke und Andreas Kalbitz. Gründungsdokument des "Flügels" ist die "Erfurter Erklärung" von 2015, die die AfD zur "Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Identität Deutschlands" erklärt. Auf den jährlichen "Kyffhäusertreffen" des "Flügels" ist die weitere Radikalisierung der Bewegung zu beobachten. Rassismus, Islamfeindlichkeit, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Geschichtsrevisionismus, die Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus wurden dort zunehmend zu akzeptierten Positionen.
Kritiker treten kaum auf und werden schnell mundtot gemacht
Kritiker werfen dem "Flügel" eine weit offene Flanke zum Rechtsextremismus vor. Die AfD-Bundes-Vorsitzenden, die sich dem "Flügel" entgegenstellten, Bernd Lucke und später Frauke Petry, wurden im Sog dieser Bewegung aus der Partei gedrängt. Die derzeitigen Spitzen, Jörg Meuthen und Alexander Gauland, gehören dem "Flügel" nicht an, treten aber regelmäßig vor dessen Mitgliedern auf und würdigen diese.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte den "Flügel" im Januar 2019 als Verdachtsfall für rechtsextremistische Bestrebungen ein, da das "propagierte Politikkonzept auf Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, insbesondere Muslimen, und politisch Andersdenkenden gerichtet" sei.
In den ostdeutschen Landesverbänden der AfD, vor allem in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, gehören die "Flügel"-Leute zu den dominierenden Kräften, Kritiker treten kaum auf und werden schnell mundtot gemacht.
Noch ist der "Flügel" nicht im Bundesvorstand vertreten
In einem Ausschlussverfahren gegen eine parteiinterne Kritikerin im Thüringer Landesverband erklärte das AfD-eigene Bundesschiedsgericht vergangene Woche, dass einzelne Parteimitglieder – unschwer als "Flügel"-Leute zu identifizieren – dafür verantwortlich seien, dass die AfD ins Visier des Verfassungsschutzes und in den Ruf einer rechtsextremen Ausrichtung geraten sei.
In westlichen Landesverbänden werden Anhänger des "Flügels" für Spaltungen und Zerreißproben verantwortlich gemacht. Noch ist der "Flügel" nicht im Bundesvorstand der Partei vertreten, jedoch wird gemutmaßt, dass sich das auf dem nächsten Parteitag ändern könnte, da die "Flügel"-dominierten ostdeutschen Landesverbände durch Erfolge bei den Landtagswahlen mehr Repräsentation begehrten.