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AfD-Europaparteitag in Riesa
Das große Dagegen

Nationalstaat, Identität, Souveränität, das waren die Schlüsselbegriffe in der Programmdebatte auf dem AfD-Europarteitag. Dabei ging es auch um das eigene Selbstverständnis. So standen sich mehrfach Pragmatiker und Fundamental-Kritiker gegenüber, etwa wenn es um einen deutschen EU-Austritt ging.

Von Nadine Lindner | 14.01.2019
    AfD-Delegierte auf der Europawahlversammlung im sächsischen Riesa (13.1.2019)
    AfD-Delegierte auf der Europawahlversammlung im sächsischen Riesa. (dpa-news / Monika Skolimowska )
    Es ist ein großes Dagegen, das die AfD in Riesa beschlossen hat. Die Partei ist gegen das Europaparlament, gegen den Euro und gegen eine gemeinsame Verteidigungs- und Außenpolitik.
    Parteichef Alexander Gauland am Sonntag in seiner Grundsatzrede.
    "Die Lektion der Geschichte der EU lautet: 27 Nationen passen politisch zusammen nicht unter einen Hut."
    Nationalstaat, Identität, Souveränität, das waren die Schlüsselbegriffe der Programmdebatte, die auch ein Ringen um das eigene Selbstverständnis war. So standen sich mehrfach Pragmatiker und Fundamental-Kritiker gegenüber, so unter anderem beim deutschen EU-Austritt.
    "Meine Bitte: Wirklich klare scharfe Aussagen dazu. Austritt, wenn nicht Reformen innerhalb einer Legislaturperiode kommen."
    "Nein, dem muss ich widersprechen, wir sind die Partei mit Mut zur Wahrheit. Und die Wahrheit ist, dass es nicht so viele Partner für eine Wirtschaftsgemeinschaft gibt, noch, das diese Reformen wirklich aussichtsreich sind."
    Debatten über EU und Migration
    Oder beim Beispiel beim Thema Migration, das hitzig diskutiert wurde:
    "Ich möchte die Einwanderung nach Deutschland begrenzen. Was andere Länder in Europa machen, ist mir herzlich egal."
    "Migration sind auch andere, die legalerweise hierher kommen, die wir auch haben wollen. Illegale Massenmigration lehnen wir ab. Aber Migration per se lehnen wir nicht ab, das kriegen wir nicht wegdiskutiert."
    Am Ende beschloss die Partei, dass jegliche Einwanderung so gesteuert werden muss, dass die Identität der Kulturnationen gewahrt bleibt. Zahlen nannte die Partei jedoch nicht.
    Zwei Punkte sind im Europaprogramm zentral: Erstens Deutschland soll in angemessener Zeit aus der EU austreten, falls die nicht nach den Vorstellungen der AfD reformiert werden kann. Ein ursprünglich geplantes Fünf-Jahres-Ultimatum hatte die AfD nach Ermahnung von Gauland gekippt.
    "Begeben wir uns nicht auf einen Weg der Ungewissheiten, davor würde ich gern warnen."
    EU-Parlament soll weg
    Zweitens: Das Europäische Parlament gilt als undemokratisch und soll ersatzlos weg. Für EU-Spitzenkandidat Jörg Meuthen, der eigentlich mit möglichst vielen Abgeordneten ins Parlament einziehen will, ist das kein Widerspruch, die Selbstabschaffung sei eine edle Aufgabe.
    Außerdem soll Deutschland wieder eine nationale Währung einführen, notfalls auch parallel zum Euro. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik soll es nach dem Willen der AfD nicht geben, dafür aber bessere Beziehungen zu Russland und ein Ende der Sanktionen.
    Von ehemals sieben AfD-Abgeordneten ist Jörg Meuthen derzeit der einzige verbliebene Abgeordnete. Nach der Wahl Ende Mai könnte die AfD aber mit 14, 15 oder 16 Mandaten im EU-Parlament vertreten sein.
    Schwierige Fraktionsbildung
    Strategisch wichtig wird die Bildung einer Fraktion im Europaparlament. Dabei gibt es für die deutschen Rechtspopulisten "natürliche Verbündete" – die italienische Lega Nord, die FPÖ aus Österreich oder den ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Doch ob diese nationalistischen Allianzen gelingen, ist ungewiss. Im Verhältnis zu Italien zeigen sich schon jetzt Widersprüche, die Gauland und Listenkandidat Michael Adam offen einräumen.
    "Wir können uns als Deutsche mit der italienischen Position in der Migrationsfrage arrangieren, bei der Finanzpolitik sieht das schon wieder anders aus."
    "Die Italiener haben der Kommission die Pistole auf die Brust gesetzt und dürfen jetzt Milliarden Euro ausgeben, die sie gar nicht verdient haben."
    Nach der Einigung auf ein Programm setzt die AfD am vierten Tag des Parteitreffens in Riesa die Wahl der Kandidatenliste fort. Nun geht es aber um Listenplätze, die als wenig aussichtsreich gelten.