Der Bund hat der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) laut Bundesverfassungsgericht zu Unrecht eine staatliche Förderung verweigert. Dass die DES im Jahr 2019 im Gegensatz zu den übrigen parteinahen Stiftungen keine Zuschüsse erhalten habe, verstoße gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien, urteilte das Gericht.
Die Klage der AfD hatte sich auch auf andere Jahre als 2019 bezogen. Diese Anträge erklärten die Karlsruher Richter aber größtenteils für unzulässig. Über den AfD-Antrag zum Jahr 2022 soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Warum hat die AfD geklagt?
Die AfD sah die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) durch die bisherige Förderpraxis des Bundes benachteiligt. Denn während die anderen sechs parteinahen Stiftungen jedes Jahr Millionenbeträge erhalten, hatte der Bund der AfD-nahen DES staatliche Zuschüsse bislang verweigert.
Was ist die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES)?
Die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) mit Sitz in Lübeck wurde 2017 gegründet und 2018 von der AfD als parteinahe Stiftung anerkannt. Vorsitzende ist die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach.
Die DES arbeitet auf Spendenbasis. Sie bietet vor allem Seminare und Abendveranstaltungen an, so zum Beispiel zu der Frage „Was Deutschland von Ungarn lernen kann“ oder ob „uns der Ukraine-Krieg etwas angeht“. Außerdem kann man bei der Stiftung Rhetorik-Schulungen besuchen.
Warum gibt es Kritik an der Förderung der AfD-nahen Stiftung?
Kritiker einer staatlichen Förderung der AfD-nahen Stiftung verweisen darauf, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird. "Wir wollen natürlich nicht, dass antidemokratisches, womöglich völkisches Denken dann auch noch öffentlich gefördert wird“, sagt der Soziologe Steffen Mau. Auch der FDP-Politiker Stephan Thomae sieht das so: „Was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass eine politische Stiftung als Kaderschmiede für eine Partei ausgebaut wird, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.“
Der Bundestag hatte für den Haushalt 2022 bestimmt, dass politische Stiftungen nur gefördert werden können, wenn sie sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und für deren Erhalt eintreten. Bei Zweifeln darf es demnach keine Förderung geben. Ob der Beschluss für 2022 rechtens ist, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem aktuellen Urteil noch nicht entschieden.
Wie funktioniert die Förderung von politischen Stiftungen bisher?
Bisher werden die Stiftungen aller Parteien im Bundestag - außer derjenigen der AfD - durch staatliche Zuschüsse gefördert. Für die SPD ist das die Friedrich-Ebert-Stiftung, für die Grünen die Heinrich-Böll-Stiftung und für die FDP die Friedrich-Naumann-Stiftung. Der CDU steht die Konrad-Adenauer-Stiftung nahe, der CSU die Hanns-Seidel-Stiftung und der Linken die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Das Volumen der finanziellen Förderung betrug im Jahr 2019 insgesamt 660 Millionen Euro. Daneben fließen Gelder aus verschiedenen Bundesministerien.
Was folgt aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
Mit seinem Urteil verlangen die Karlsruher Richter vom Bundestag ein Gesetz für die staatliche Förderung politischer Stiftungen. Wenn eine Stiftung von der Förderung ausgeschlossen werde, brauche es dafür einer in einem Gesetz geregelten Rechtfertigung von Verfassungsrang, so die Richter.
Laut dem Urteil kommt dafür der Schutz der demokratischen Grundordnung in Betracht. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD-nahe DES auch künftig keine staatlichen Mittel erhält.
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, fordert nun klare Förderkriterien für ein solches Gesetz. Es müsse geprüft werden, wer sich dafür einsetze, die Demokratie in der Bevölkerung zu verankern - und wer das Gegenteil tue: „Wer verbreitet Verschwörungsideologien? Wer ist derjenige, der den Holocaust relativiert? Wer verbreitet Hetze gegen Migranten und andere Minderheiten?“
Anhand solcher Kriterien könne man schnell entscheiden, wer Steuermittel bekommen soll, sagt Mendel. Auch der Soziologe Steffen Mau schlägt die Stärkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung als Förderkriterium vor.
Dlf-Hauptstadtkorrespondentin Gudula Geuther betont, dass das Gesetz schnell kommen müsse. Für sie steht fest: "So, wie sich die AfD derzeit entwickelt, kann eine parteinahe Stiftung zur Gefahr für die Demokratie werden."
Ein vermeidbarer Triumph für die AfD
(Deutschlandfunk/dpa/rtr/tmk)