Freitag, 19. April 2024

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AfD vor Programmparteitag
"Minarette sind Herrschaftssymbole des Islam"

Vor dem Parteitag der AfD hat die Vorstandssprecherin Frauke Petry die kritische Haltung zum Islam betont. Der Islam stelle in seinen wesentlichen Strömungen einen Herrschaftsanspruch, sagte sie im Deutschlandfunk. Zudem sprach sie über die Vorstellung der AfD von Familienpolitik sowie Unstimmigkeiten in der Parteiführung.

Frauke Petry im Gespräch mit Christoph Heinemann | 29.04.2016
    Die AfD-Vorstandssprecherin Frauke Petry.
    Frauke Petry (AfD) verteidigt Haltung zum Islam. (dpa-Bildfunk / EPA / Urs Flueeler)
    Petry sprach nicht von einem Richtungsstreit in der AfD. Der Parteitag am Wochenende sei dazu da, inhaltlich zu diskutieren. Die Grundsatzfrage sei, wie viel Verantwortung der einzelne Bürger habe und wie viel der Staat. "Der Bürger wurde manchmal fast zum Schutzobjekt degradiert." Stattdessen sollte er in der Lage sein, eigenverantwortlich zu handeln.
    Mit Blick auf den Islam sagte Petry, jeder Mensch dürfe seine Religion privat ausleben. "Muslime können selbstverständlich zu ihrem Gott beten". Allerdings stelle der Islam "in seinen wesentlichen Strömungen" einen Herrschaftsanspruch. Minarette seien ein Symbol dessen. "Anders als das goldene Kettchen am Hals mit einem Kreuz sind diese Symbole auch Zeichen dafür, dass der Islam versucht, sich in Europa vermehrt auszubreiten." Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hatte Petry eingeladen, an einer Vorstandssitzung teilzunehmen. Dazu sagte die AfD-Vorstandssprecherin, sie sei sich sicher, dass ein Termin vereinbart werden könne. "Miteinander zu reden ist wichtiger, als übereinander."
    "Keine Gleichstellung von Homo-Ehe und Ehe"
    Die Familienpolitik ist ein weiteres großes Thema auf dem Bundesparteitag. Petry erklärte: "Wir setzen uns dafür ein, dass die Familie in Deutschland in ihrer Bedeutung wieder gestärkt wird." Die AfD wolle das Ideal fördern, könne aber auch mit der realen Situation ganz entspannt umgehen, sagte sie. Es gelte dabei, dass jeder privat machen könne, was er wolle. Die Politik müsse aber entscheiden, "welche Form des Zusammenlebens staatlich subventioniert, also damit auch finanziell unterstützt wird." Es dürfe keine völlige Gleichstellung der Homo-Ehe mit der traditionellen Familie geben. Eine steuerliche Gleichbehandlung sei jedoch vertretbar.
    Angesprochen auf ihren Führungsstil sagte Petry, wenn es Gegebenheiten in der Partei gebe, die ein klares Wort benötigten, dann brauche es manchmal deutliche Äußerungen. "Das bedeutet Führung und das sollten sich alle Vertreter im Bundesvorstand manches Mal merken. Da wünsche ich mir ab und zu etwas mehr Mut."

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Die AfD möchte sich an diesem Wochenende ein Programm erarbeiten, in Stuttgart beim Parteitag. Baden-Württemberg ist eines der drei Länder, in denen die Partei zuletzt ein zweistelliges Wahlergebnis erzielt hatte.
    In der AfD gibt es einen Vorstandssprecher, Jörg Meuthen, und Frauke Petry, die Sprecherin. Guten Morgen!
    Frauke Petry: Guten Morgen.
    Heinemann: Frau Petry, in der Präambel des Leitantrages steht, die AfD wolle die Würde des Menschen bewahren. Welchen Menschen meinen Sie?
    Petry: Wir machen ein Parteiprogramm, ein Grundsatzprogramm für Deutschland, für die Bürger, die in Deutschland leben. Also ist dieser Anspruch für unser Land gedacht. Das ist selbstverständlich.
    Heinemann: Was hat Björn Höckes afrikanischer Ausbreitungstyp mit der Würde des Menschen zu tun?
    "Wir müssen in unserem Land die Regeln und Gesetze setzen"
    Petry: Ich meine, das ist zwar kein Thema, das wir auf diesem Parteitag diskutieren wollen, aber ich kann Ihnen das gerne noch einmal beantworten. Diese Aussage ist einstimmig vom Bundesvorstand damals kritisiert worden und ich glaube, dass wir uns einig sind, dass Kulturen in verschiedenen Ländern auch zu verschiedenen Gesellschaftsmodellen führen. Wir müssen nur sehen, wie wir unsere Ansichten in Deutschland wieder in eine Linie bringen. Wir glauben, dass ein Zusammenleben, ein friedliches Zusammenleben mit Bürgern aus aller Welt möglich ist, aber wir müssen in unserem Land die Regeln und Gesetze dafür setzen und dafür sorgen, dass sie eingehalten werden.
    Heinemann: Ihr Vorstandskollege Jörg Meuthen hat Herrn Höckes Vergleich des Reproduktionsverhaltens von Schwarzen mit Kaninchen und Mäusen als indiskutabel bezeichnet. Herr Höcke gehöre gleichwohl zum Spektrum der AfD. Ist Björn Höckes Rassenlehre in der AfD erwünscht?
    Petry: Das ist sie natürlich nicht und das habe ich mehrfach deutlich gemacht. Ich schlage aber jetzt vor, Herr Heinemann, dass wir über den Programmparteitag reden und nicht…
    Heinemann: Wieso bleibt Herr Höcke dann in der Partei?
    Petry: Wissen Sie, wenn wir beim Deutschlandfunk immer wieder Interviews führen und mir Fragen zum Programm angekündigt werden und wir dann über einzelne Repräsentanten allein reden, dann frage ich mich, ob die Hörerschaft nicht ein Recht darauf hat zu erfahren, was wir auf diesem Parteitag machen.
    Heinemann: Tun wir gerade, denn wir sprechen über die Würde des Menschen.
    Petry: Nein, das tun wir nicht. Wir reden wieder einmal über Einzelpersonen.
    Heinemann: Nein! Wir sprechen über die Menschenwürde.
    Petry: Stellen Sie mir einfach Fragen zum Programm. Ja, und die habe ich Ihnen gerade schon einmal beantwortet, und ich glaube, die Aussage war ausreichend.
    Heinemann: Wieso streichen Sie die Menschenwürde nicht und sagen, wir bieten stattdessen Herrn Höckes Reproduktionslehre als Alternative für Deutschland?
    "Bürger sollten in der Lage sein, eigenverantwortlich zu handeln"
    Petry: Sie scheinen echt mit dieser Person besessen zu sein. Herr Heinemann, lassen Sie uns übers Programm reden. Es ist wertvolle Sendezeit, die kann man auch besser nutzen.
    Heinemann: Genau. Wie definieren Sie die Menschenwürde?
    Petry: Also noch einmal: In Interviews ist es durchaus üblich, eine Frage zweimal zu beantworten. Sie fünfmal zu beantworten, ist für jeden Hörer echt langweilig.
    Heinemann: Wenn Sie sie einmal beantworten würden, wären wir ja froh.
    Petry: Ich habe Ihnen die Frage nach der Würde des Menschen beantwortet. Wissen Sie, wir haben ein Grundgesetz und auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung agiert die AfD und da ist die Würde des Menschen unantastbar, und das wiederhole ich Ihnen auch gern noch fünfmal. Aber dann haben wir nicht darüber geredet, dass wir über den Euro diskutieren wollen, über die Familie, über die Energiepolitik, über Einwanderung und vieles mehr, und das müssten Ihre Hörer eigentlich erfahren.
    Heinemann: Herr Höcke hat jetzt gesagt, er sehe überhaupt keine Notwendigkeit, dass sich die AfD programmlich beschränke, das heißt, auch nach rechts abgrenze. Sie hatten ja gesagt, die AfD müsse sich entscheiden zwischen konservativ-liberal oder nationalkonservativ-sozial. Das war Ihre Formulierung. Droht da neuer Richtungsstreit in der AfD?
    Petry: Der Parteitag in Stuttgart, Herr Heinemann, ist ja dazu da, inhaltlich zu diskutieren, und dauerhaft muss sich jede Partei überlegen, welches Bild von Gesellschaft sie hat. Und in der Tat ist bei uns die Frage, wie viel der Bürger eigene Verantwortung trägt und wo der Staat eingreifen muss, eine Grundsatzfrage, die wir anhand der verschiedenen Programmpunkte immer wieder diskutieren wollen. Der Staat hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten mehr und mehr dazu geführt, dass der Bürger manchmal fast zum Schutzobjekt degradiert wurde, dass viele Bürger glauben, gerade in der Sozial- und Familienpolitik, dass es der Staat sein muss, der in viele Bereiche hineinregiert und dort für den Bürger sorgt. Das ist sicherlich notwendig, aber ich glaube, hier müssen wir über eine gesunde Balance reden. Staatliches Handeln ist notwendig, aber staatliches Handeln kostet auch viel Geld und Bürger sollten in der Lage sein, eigenverantwortlich zu handeln. Insofern werden Sie erleben, dass wir vor diesem Hintergrund sehr lebendige Diskussionen führen.
    Heinemann: Mit fließendem Übergang ins Rechtsnationalistische und Rechtsextremistische?
    "Der Islam stellt in seinen wesentlichen Strömungen einen Herrschaftsanspruch"
    Petry: Das war jetzt keine wirkliche Frage. Ich sage Ihnen gern, dass die Partei immer wieder eine lebendige Diskussion vor Augen haben muss. Aber das muss jede Partei, die diskutiert. Das gilt für andere Parteien gerade im linken Spektrum auch, dass wir am Ende Politik für Deutschland machen wollen und dass dafür die freiheitlich-demokratische Grundordnung, also die Toleranz für andere Meinungen immer vorhanden sein muss. Aber das ist, glaube ich, gerade in der AfD weit entwickelt.
    Heinemann: Die AfD behauptet, sie bekenne sich uneingeschränkt zur Glaubensfreiheit. Welchen Glauben meinen Sie?
    Petry: Die Religionsfreiheit ist im Grundgesetz verankert und es sollte jedem Bürger in Deutschland freistehen, die Religion privat auszuüben, die er möchte. Aber wir leben auch in einem Land, das eine weitgehende Trennung von Religion und von Staat sich erarbeitet hat, und ich glaube, dass wir gut daran tun, diesen Zustand weiterhin zu bewahren.
    Heinemann: Im Programm steht, das Minarett lehnt die AfD als islamisches Herrschaftssymbol ebenso ab wie den Muezzin-Ruf, nach dem es außer dem islamischen Allah keinen Gott gebe. Was sollten Muslime stattdessen beten?
    Petry: Muslime können selbstverständlich zu ihrem Gott beten. Das finden wir völlig akzeptabel, genauso wie andere Religionsanhänger das in Deutschland ja auch tun. Wir müssen nur unterscheiden, dass der Islam in seinen wesentlichen Strömungen - dem Wahhabismus, aber auch bei den Sunniten und Schiiten ist das der Fall - einen Herrschaftsanspruch stellen, wenn es gerade die Intoleranz gegenüber Minderheiten und anderen Religionen ist, die immer wieder zu religiösen Auseinandersetzungen führt, inzwischen ja auch in Deutschland, so gerade in Asylbewerberheimen. Das muss uns aufwecken, weil der Arabische Frühling zusätzlich zu einer Re-Islamisierung, zu einer verstärkten Radikalisierung auch unter Muslimen in Deutschland geführt hat.
    Heinemann: Was hat das mit Minaretten zu tun?
    "Wir haben keine Kontrolle darüber, was in vielen deutschen Moscheen gepredigt wird"
    Petry: Na ja. Minarette sind Herrschaftssymbole des Islam. Wir haben keine Kontrolle darüber, was in vielen deutschen Moscheen gepredigt wird. Und anders als das goldene Kettchen am Hals mit einem Kreuz sind diese Symbole auch Zeichen dafür, dass der Islam versucht, sich in Europa vermehrt auszubreiten, mit der bekannten Intoleranz gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das können wir nicht hinnehmen.
    Heinemann: Inwiefern verkörpert ein Minarett, also ein aus Stein gebauter Turm, das, was Sie gerade gesagt haben? Das verstehe ich nicht.
    Petry: Ja! Dann sollten Sie sich vielleicht einmal mit Religionskritikern und mit vielen Muslimen, die gerade aus Ländern des Mittleren Ostens nach Europa eingewandert sind, unterhalten. Die können Ihnen das sehr gerne erklären. Die sind nämlich vor einem Islam geflohen, der sie nicht in Freiheit leben lässt, und müssen jetzt erleben, dass in Deutschland tendenziell wieder ähnliche Zustände einfließen.
    Heinemann: Der Zentralrat der Muslime hat Sie jetzt zur Teilnahme an der nächsten Vorstandssitzung eingeladen. Ich glaube, da gibt es Gesprächsbedarf. Gehen Sie hin?
    Petry: Das habe ich gerade schon von einem Ihrer Kollegen aus dem Bayerischen Rundfunk erfahren, dass der Zentralrat der Muslime mich einlädt.
    Heinemann: Dann haben Sie sicher eine Antwort parat.
    Petry: Wenn ich die Einladung gerade vor fünf Minuten erfahren habe, gebe ich Ihnen die auch sofort gern. Ich denke, miteinander reden ist wichtiger als übereinander reden, und ich bin mir sicher, dass mein Büro und der Zentralrat der Muslime einen Termin vereinbaren kann.
    Heinemann: Sollten Spitzenpolitiker der AfD vorleben, wofür sie politisch sich einsetzen?
    "Jeder darf einen privaten Lebensentwurf haben"
    Petry: Vielleicht konkretisieren Sie Ihre Frage einmal.
    Heinemann: Im Entwurf heißt es: "Die generelle Betonung der Individualität untergrabe die Familie als Werte gebende gesellschaftliche Grundeinheit." Ist Ihr Lebenswandel ein Beleg für diese Behauptung?
    Petry: Ich weiß zwar nicht, was Fragen zu meinem Privatleben in einem Interview zum Parteiprogramm verloren haben. Schauen Sie, wir setzen uns dafür ein, dass die Familie in Deutschland in ihrer Bedeutung wieder gestärkt wird, dass es mehr Kinder gibt, weil wir seit Jahrzehnten einen massiven Geburtenrückgang erleben, und ich glaube, die Realität in Deutschland ist, dass Familien auch nicht ewig Bestand haben, dass circa die Hälfte von ihnen zerbricht und gegebenenfalls neue Konstellationen entwickeln. Ich denke, es ist ein Zeichen von Realismus, dass die AfD das Ideal fördern will, aber mit der realen Situation ganz entspannt umgehen kann.
    Heinemann: Frau Petry, sind Sie auch persönlich erleichtert darüber, dass man in Deutschland heute so leben darf wie man möchte?
    Petry: Ich verstehe zwar nicht, warum meine persönliche Ansicht das Allentscheidende ist, weil hier nicht meine Politik gemacht wird, sondern die Politik von mindestens 22.000 Mitgliedern und noch viel mehr Unterstützern. Aber ich denke, dass es in einer freiheitlichen Gesellschaft selbstverständlich ist, dass wir uns an gemeinsame Regeln und Gesetze halten, aber trotzdem jeder einen privaten Lebensentwurf haben darf.
    Heinemann: Aber die AfD verurteilt ja gerade die Individualität und die Gefährdung der Familie, macht damit ja auch durchaus moralische Vorgaben. Könnte man so gesehen sagen, was für ein Glück auch für Sie persönlich, dass die AfD in Deutschland nicht regiert?
    "Eine Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen eingeschlossen"
    Petry: Herr Heinemann, ich glaube, Sie haben den Entwurf an dieser Stelle ein bisschen fehlinterpretiert. Der Staat beziehungsweise die Politiker, die ihn gewählt von den Bürgern führen, die müssen entscheiden, welche Form des Zusammenlebens staatlich subventioniert, also damit auch finanziell unterstützt wird. Das schließt ja trotzdem eine Toleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen ein. Aber wir sind durchaus dagegen, dass die Homoehe als gleichberechtigtes Modell neben der traditionellen Familie anerkannt wird, haben aber durchaus kein Problem damit, dass diese Form des Zusammenlebens eine steuerliche Gleichberechtigung erhalten hat. Dazu stehen wir, das können Sie auch in vielen Schriften der AfD nachlesen.
    Heinemann: Frau Petry, Ihr Vorstandskollege Meuthen ist gefragt worden, ob Sie gelegentlich allein handeln würden, und er hat geantwortet, es habe vereinzelt solche Vorkommnisse gegeben. Wie isoliert sind Sie im Parteivorstand?
    Petry: Wissen Sie, diese Diskussion, die können wir gern innerhalb der Partei führen. Wissen Sie, eine Partei zu führen, verlangt auch ab und zu - das verlangen gerade die Medienvertreter immer wieder -, uns in der Öffentlichkeit deutlich zu äußern. Und wenn es dann Begebenheiten innerhalb der Partei gibt, die ein klares Wort benötigen - wir haben über unseren thüringischen Vertreter gesprochen, wir haben durchaus heftige Diskussionen mit dem kleinsten Landesverband im Südwesten -, dann braucht es gelegentlich auch mal ein deutliches Wort der Parteivorsitzenden. Das bedeutet Führung und das sollten sich alle Vertreter im Bundesvorstand manches Mal merken. Da wünsche ich mir ab und zu etwas mehr Mut.
    Heinemann: Frauke Petry, die Vorstandssprecherin der AfD. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Petry: Ich danke Ihnen, Herr Heinemann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.