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Afghanistan
Große Koalition erwägt längeren Bundeswehr-Einsatz

Das Wiedererstarken der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan hat eine Diskussion über eine Verlängerung der Bundeswehr-Mission entfacht. Politiker der Großen Koalition halten dies angesichts der Lage für angebracht. Die Kämpfe um die nordafghanische Stadt Kundus gehen derweil in den dritten Tag.

30.09.2015
    Bundeswehrsoldaten 2012 in Afghanistan
    Die Bundeswehr ist derzeit mit 850 Soldaten in Afghanistan vertreten. (imago stock&people)
    Nach der Eroberung der nordafghanischen Stadt Kundus durch die Taliban plädieren immer mehr Politiker der Großen Koalition für eine Verlängerung der Bundeswehr-Ausbildungsmission in Afghanistan. Der frühere Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung sagte im Deutschlandfunk, man müsse darüber diskutieren, ob es richtig sei, die ausländische Präsenz in dem Land 2016 zu beenden. Der CDU-Politiker betonte, ein zu früher Rückzug könnte - ähnlich wie im Irak - katastrophale Folgen haben.
    Hahn: "Fassungslos und wütend"
    Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Politiker Wolfgang Hellmich, sagte der Zeitung "Die Welt", die Afghanen seien noch nicht so weit, dass man sie nach 2016 alleine lassen könne. Er plädierte für eine Fortsetzung der Ausbildungsmission über 2016 hinaus. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, forderte in Abstimmung mit den Amerikanern eine sorgfältige Debatte über den Zeitpunkt des Abzugs.
    Für eine Verlängerung plädierte auch der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn. "Die aktuelle Entwicklung in Kundus macht fassungslos und wütend", sagte er der "Welt". Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte dem Nachrichtenportal Focus Online: "Klar ist: Ein Abzug oder eine Reduzierung unseres Einsatzes ist zu früh."
    Auch Militärexperten halten ein Verbleib in Afghanistan für notwendig. "Man kann nicht einfach zusehen, wie die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan die Macht an sich ziehen", sagte Egon Ramms, General a.D., im Deutschlandfunk. Er betonte, die Sicherheitslage lasse einen Rückzug der Bundeswehr Anfang 2016 nicht zu.
    Linke für sofortigen Abzug
    Bei den Linken stößt die Diskussion auf Ablehnung. "Ich finde Bundeswehr und Nato sollten sofort raus aus Afghanistan. Sie können da auch gar nichts mehr bewirken", sagte Gysi. "Ausbilden können wir auch hier, dazu müssen wir nicht dort sein."
    Die Bundeswehr ist mit bis zu 850 Soldaten in Masar-i-Scharif und Kabul präsent. In der Provinz Kundus hatten bis vor zwei Jahren Soldaten der Bundeswehr die Kontrolle über die Sicherheit.
    Die Gefechte in Kundus dauern am dritten Tag infolge an. Zur Zeit finden die Gefechte nach Korrespondentenberichten vor allem am Flughafen statt. Dort konnten die Taliban auch mit Unterstützung der US-Luftwaffe offenbar zurückgedrängt werden. Afghanische Sicherheitskräfte erklärten allerdings, dass die Islamisten rund um Kunndus Landminen und Sprengfallen gelegt hätten. Außerdem blockieren sie Straßen mit Steinen und Sandsäcken, so dass die Verstärkung der Armee Mühe hat, zu der Stadt durchzukommen. Die Taliban hatten Kundus am Montag erobert.
    (fwa/dk)