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Afrika-Cup
Ägypten fühlt sich WM-tauglich

In Ägypten startet der Afrika-Cup. Die Vorbereitung war kurz. Erst Anfang des Jahres hatten die Ägypter die Organisation des Turniers übernommen, weil Kamerun zu große Probleme bei der Fertigstellung der Infrastruktur hatte. Viele Einheimische hoffen, dass der Afrika-Cup Auswirkungen auf den heimischen Vereinsfußball hat.

Von Carsten Kühntopp | 21.06.2019
(190621) -- CAIRO, June 21, 2019 -- A man is seen at a stall selling flags in Attaba marketplace district before Africa Cup of Nations (AFCON) in Cairo, Egypt, June 20, 2019. TO GO WITH Feature: Flag sales flourish in Egypt amid Africa Cup of Nations ) EGYPT-CAIRO-AFRICAN CUP-FLAG SALES AhmedxGomaa PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Die Ägypter sind im Fußball-Fieber: das Land richtet den Afrika-Cup aus (Imago)
"Ägypten – Mutter der Welt, Land der Zivilisationen" – mit einem Popsong begrüßt das Innenministerium Spieler und Fans aus ganz Afrika. Zum fünften Mal richtet Ägypten das Turnier aus. Die Vorbereitungen machte die Regierung zur Chefsache. Sie hofft auf ein reibungslos verlaufendes Fußballfest, auf ein perfekt organisiertes Turnier, ausgetragen in Stadien mit Weltstandard. Dabei geht es um nichts Geringeres als das Image des Landes.
Bei einem Besuch bei der "Pharaonen-Elf" ermahnte Präsident Abdel Fattah al-Sisi die Spieler: "Wichtiger als das Fußballspiel ist für mich und alle Ägypter, wie wir uns den Ägyptern und allen Zuschauern auf der ganzen Welt präsentieren. Alle Spiele werden gespielt und gehen vorbei. Was aber bleibt, ist der gute Eindruck, den ihr bei allen Jugendlichen in eurem Alter hinterlasst, für die ihr Vorbild seid. Daher müsst ihr auf euer Verhalten sehr achten."
Ägypten war erst im Januar als Ausrichter eingesprungen
Erst im Januar hatte Ägypten den Zuschlag erhalten, als Ausrichter einspringen zu können, für Kamerun, das bei der Infrastruktur in Verzug geraten war. In Rekordzeit mussten also die sechs Spielstätten renoviert werden, so Enas Mashar, bekannteste Sportjournalistin des Landes und im Organisationskomitee für Medienarbeit zuständig: "Alles – die Spielfelder, die Kabinen, das Licht – alles wurde erneuert oder renoviert. Was Ägypten dabei geholfen hat, war die Tatsache, dass wir ja schon eine starke Infrastruktur hatten. Wir mussten also nicht bei null anfangen."
Eine Herausforderung war es dennoch: Denn erstmals spielen nicht 16, sondern 24 Mannschaften in der Afrika-Endrunde, in sechs Gruppen zu je vier Teams – und in vier Städten: In Alexandria, Suez und in Ismailia, und Kairo ist sogar Gastgeber von drei Gruppen. Enas Mashar: "Das sind jetzt alles Weltklasse-Stadien, in jeder Hinsicht, sie sehen großartig aus. Damit kann Ägypten nicht nur den Afrika-Cup ausrichten, sondern sich sogar um die Weltmeisterschaft bewerben, wenn es will."
Das Ticketsystem hat sich Ägypten in Russland abgeguckt
Außerdem wird jede Elf sogar ihr eigenes Trainingsstadion haben. Die Mannschaftshotels liegen jeweils ganz in der Nähe. Die Tickets gibt’s nur online - mit einem System, das man sich bei den Russen abgeguckt hat. Das soll lange Schlangen vermeiden, einen Schwarzmarkt verhindern und für Sicherheit sorgen.
Doch das billigste Ticket für die Spiele mit ägyptischer Beteiligung kostet umgerechnet zehn Euro, für viele Ägypter unbezahlbar. Vielerorts im Land, so die Regierung, gibt es Zonen fürs Public Viewing. Und in den zahllosen Cafés und Teeshops überall hängen meist ohnehin Fernseher, die non-stop Fußball zeigen. Für die Ägypter ist Fußball weit mehr als nur die schönste Nebensache der Welt, sagt Sportjournalistin Enas Mashar: "Fußball ist für Ägypter Leben. Das ist ihr Leben!"
Keine Zuschauer bei Ligaspielen in Ägypten
Nichts ist wichtiger als beispielweise die uralte Rivalität zwischen den Kairoer Clubs Al-Ahly und Zamalek: "Wenn jemand um die Hand einer Frau anhält, geht er zu ihrem Vater, und der fragt ihn: ‚Was arbeitest du? Hast du eine Wohnung?‘, das ist immer so. Und er fragt ihn: ‚Bist du für Al-Ahly oder für Zamalek?‘ Die Frau wird ihren Verehrer vielleicht sogar gewarnt haben: ‚Sag‘ meinem Vater nicht, dass Du für Al-Ahly – oder für Zamalek – bist! Das gefällt ihm dann gar nicht!‘ Also, das ist eine ganz wichtige Frage!"
Fußball, Afrika Cup Quali, Ägypten - Tunesien (181117) -- ALEXANDRIA, Nov. 17, 2018 -- Mohamed Salah of Egypt is seen before the 2019 Africa Cup of Nations qualifier match between Egypt and Tunisia in Alexandria, Egypt, on Nov. 16, 2018. Egypt won 3-2. ) (SP)EGYPT-ALEXANDRIA-SOCCER-AFRICA CUP-QUALIFIERS-EGYPT VS TUNISIA AhmedxGomaa PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Mohamed Salah, Ägyptischer Stürmer, beim Quali-Spiel für den Afrika-Cup gegen Tunesien. (Imago)
Vor sieben Jahren schlugen die Emotionen in Gewalt um. Bei Zusammenstößen im Stadion von Port Said kamen rund 70 Menschen ums Leben. Seitdem werden alle Liga-Spiele vor leeren Rängen ausgetragen. Die Fans hoffen, dass sich das nach dem Afrika-Cup ändert: "Dass die Fans jetzt in die Stadien zurückkehren, ist ein Gewinn, weil ja die Liga ohne Fans gespielt wird. Die gute Organisation des Turniers und die Rückkehr der Fans in die Stadien öffnen die Tür dafür, dass die Fußballanhänger auch in der Liga in die Stadien zurückkommen können."
Ägypten wird von Stürmer-Star Salah angeführt
Bereits sieben Mal holte Ägypten den Kontinentaltitel. Jetzt könnten es die "Pharaonen" zum achten Mal packen. Schließlich führt sie Stürmer-Star Mohamed Salah an. "Mohamed Salah ist unser Stolz, denn er liefert eine sehr gute Leistung in der Premier League in England. Zum zweiten Mal in Folge ist er dort Torschützenkönig. Deshalb sind die Ägypter und alle Araber stolz auf ihn", so Sportjournalistin Mashar.