Archiv


"Alle Amerikaner werden stolz sein"

Die demokratische Kongressabgeordnete Yvette Clarke sieht Investitionen in die Bildung als entscheidendes Instrument für die Gleichstellung in den USA. Barack Obama werde deshalb viel in Schulen und Hochschulen investieren. Gleichzeitig müsse unbedingt ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen auf den Weg gebracht werden.

Yvette Clarke im Gespräch mit Bettina Klein |
    Bettina Klein: Martin Luther King in seiner berühmten Rede im Sommer 1963. Knapp 46 Jahre später ist zum ersten Mal ein Afro-Amerikaner Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Erwartungen sind riesig, nicht zuletzt in der "black community", unter den Schwarzen im Land, und zu ihnen gehört die demokratische Kongressabgeordnete Yvette Clarke. Sie vertritt den 11. Wahlkreis in New York, genauer gesagt Brooklyn. Ich habe mit ihr vor der Sendung gesprochen. "I have a Dream", ich habe einen Traum, sagte Luther King. Jetzt behaupten viele, Obama sei der Traum. Stimmt das, habe ich sie gefragt, oder ist das nicht viel zu viel der Ehre und der Erwartung für einen einzelnen Menschen?

    Yvette D. Clarke: Wenn man nur ihn allein sehen würde, das ist natürlich zu viel für einen einzelnen Menschen. Aber da sind all die vielen, die sich dafür eingesetzt haben, dass er ins Amt kommt, und er will das erhalten, diese Unterstützung, die er bekommen hat. Wir alle haben einen Anteil daran, dass Martin Luther Kings Traum fortgeschrieben wird. Es ist zu viel für einen Menschen, aber da wir eine Demokratie sind, müssen wir das alle tragen, und das ist auch der Grund, weshalb sie eine solche Menschlichkeit in diesen Tagen in Washington erleben.

    Klein: Ein Traum wird Wirklichkeit für viele Afro-Amerikaner. Es ist ein historischer Moment, ein emotionaler Moment. Aber wo können die Schwarzen tatsächlich mit Fortschritten in ihrem täglichen Leben rechnen? Geben Sie uns ein Beispiel: wo wird es besser werden, einfach weil ein Farbiger Präsident ist?

    Clarke: Präsident Obama und der 111. Kongress haben ein umfangreiches Programm und vieles, über das Obama im Wahlkampf gesprochen hat, dreht sich um die Bildung. Das ist das entscheidende Instrument für die Gleichstellung. Er wird da eine Menge investieren, zum Beispiel in die Schulen, damit die wirklich die Bedürfnisse der Schüler und Studenten im 21. Jahrhundert erfüllen. Natürlich stagniert unser Finanzsektor; also ist die wichtigste Aufgabe, dass das stabilisiert wird. Es wird einige Maßnahmen geben, aber das wichtigste ist ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen, um Menschen in Lohn und Brot und Geld in unseren Wirtschaftskreislauf zu bringen.

    Und dann: die Schwarzen wollen das, was alle Amerikaner wollen, einen sicheren Platz, um ihre Kinder großzuziehen, eine angemessene Gesundheitsversorgung, und das sind Dinge, die Obama ganz klar als Prioritäten skizziert hat. Also die Schwarzen werden von dieser Wahl nicht enttäuscht und alle Amerikaner werden stolz sein.

    Klein: Aber Ihr Land steckt in einer Rezession und eine Reform des Gesundheitssystems wird natürlich sehr teuer. Was denken Sie, was kann Präsident Obama und was kann der Kongress überhaupt tun in den nächsten Monaten?

    Clarke: Wir werden daran gehen, Geld in die Wirtschaft zu bringen, und es ist auch vieles in der Infrastruktur in unserem Land im Argen. Wir müssen sie erneuern, teils wieder aufbauen. In einigen Teilen unseres Landes ist sie noch gar nicht richtig ausgebaut. Die Leute freuen sich darauf, dass sich ihre Lebensbedingungen verbessern werden.

    Klein: Lassen Sie uns auf diese Legislaturperiode im Kongress schauen. Erwarten Sie, dass ein weiteres Konjunkturpaket mit Sicherheit verabschiedet werden wird, und wenn ja, wann?

    Clarke: Wir sind ja gerade dabei, das auszuarbeiten. Der Kongress hat Anfang des Monats seine Arbeit aufgenommen. Wir hatten jetzt zweieinhalb Wochen Zeit und unsere Mehrheitsführerin Nancy Pelosi möchte, dass wir bis zur zweiten Februarwoche etwas für den Präsidenten unterschriftsreif vorbereitet haben. Wir werden also Überstunden machen und direkt nach der Amtseinführung des Präsidenten geht es los.

    Klein: Was denken Sie wird die erste Entscheidung des neuen Präsidenten sein?

    Clarke: Ich wünschte, ich hätte eine Kristallkugel, um das zu sehen. Ich denke, was die meisten Amerikaner beschäftigt ist: Wie kommen wir mit unseren wirtschaftlichen Sorgen klar? Und er wird sich wohl darauf konzentrieren. Aber er zieht jetzt mit seiner Familie in eine neue Umgebung um. Und wofür sich die Amerikaner im Augenblick auch noch sehr interessieren: Mit was für einem Hund wird er seine beiden Töchter belohnen dafür, dass sie so tapfer im Wahlkampf waren?

    Klein: Abschließend gefragt: Sie sind Abgeordnete aus Brooklyn. Wie fühlen sich die Leute in Ihrem Wahlkreis in diesen Tagen?

    Clarke: Es sind gemischte Gefühle. Sie sind aufgeregt, sie sind bereit für den Wandel, sie hoffen, dass Obama den Wechsel bringt, nach dem sie sich sehnen, und sie bereiten sich selbst darauf vor, dem Land zu dienen, aber sie kämpfen eben. Wir haben eine explosionsartige Zunahme der Zwangsvollstreckungen erlebt. Außerdem ist der Immobilienmarkt eingebrochen. Viele Familien in der Gegend, in der ich arbeite, hoffen auf Entlastung und sie suchen nach Lösungen, die ihnen jetzt weiterhelfen, damit fertig zu werden.

    Klein: Und da war noch einmal großer Dank für die Unterstützung der Deutschen für Barack Obama und die Begeisterung, mit der er im Sommer in Berlin an der Siegessäule empfangen wurde. - Yvette Clarke, demokratische Kongressabgeordnete aus New York, hier im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.