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Allianz
Gericht kippt Klauseln in Riester-Verträgen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat Klauseln in Riester-Verträgen des Versicherungskonzerns Allianz gekippt. Der Konzern habe seine Kunden unzureichend darüber informiert, wie sie an den Kostenüberschüssen beteiligt werden. Betroffen sind alle 1,5 Millionen Riester-Verträge der Allianz.

Von Michael Braun | 23.01.2014
    Der Bund der Versicherten hat Recht bekommen. Dass die größte Lebensversicherung in Deutschland, die Allianz, vordergründig Überschussbeteiligungen verspricht, dieses Versprechen auf einem langen Weg durch Klauseln und Geschäftsberichte aber dann nicht hält, das hat vor Gericht keinen Bestand. Das Oberlandesgericht in Stuttgart urteilte heute:
    "Die verwendeten Versicherungsbedingungen sind nicht ausreichend transparent."
    Es wäre ein Leichtes für die Allianz gewesen zu erklären, "dass Kleinsparer von der Kostenüberschussbeteiligung ausgeschlossen sein können."
    Die Allianz hatte auf verschlungenen Wegen festgelegt, nur der werde an Kostenüberschüssen beteiligt, der ein sogenanntes "Garantiekapital" von 40.000 Euro erreiche. Dieses Kapital erwächst nur aus den Sparleistungen der Kunden, nicht aus Zinsen und Zuschüssen. Wer wenig verdiene, also nur kleine Beiträge zahle, könne diese Summe nie erreichen, argumentierten die Kläger, der Bund der Versicherten und die Verbraucherzentrale Hamburg. Kinderreiche, die nur wegen der staatlichen Kinderzulage riesterten, auch nicht. Und Ältere, die spät einen Vertrag abschlössen, kämen ebenfalls nicht auf dieses "Garantiekapital". Warum die Allianz diese Grenze eingeführt hat, erklärt Allianz-Sprecher Udo Rössler so:
    "Wir sind nach den gesetzlichen Anforderungen gehalten, die Beteiligung nach einem verursachungsorientierten Verfahren zu machen. Und da die Verträge mit niedrigen Beiträgen nicht oder nur unwesentlich zu den Kostenüberschüssen beitragen, ist es verursachungsorientiert, diese Verträge nicht an den Kostenüberschüssen zu beteiligen."
    Bund der Versicherten sieht Handlungsbedarf
    Doch das in den Verträgen zu verstecken, hatte heute keinen Bestand. Der Bund der Versicherten kritisiert die Allianz, sie habe das Konzept der Riester-Rente nicht verstanden, wonach von der ja gerade Kinderreiche, ältere Menschen und Geringverdiener profitieren sollten. Axel Kleinlein, der Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, meint, das erstrittene Urteil mahne auch die Rentenpolitik:
    "Es besteht dringender Handlungsbedarf darin, dass die Politik sich klar werden muss, welche Art von Verträgen sollen denn hier tatsächlich gefördert werden, wo sollen die Steuergelder denn tatsächlich investiert werden. Das, was wir hier an Wildwuchs erleben, das kann so nicht weitergehen."
    Die Allianz hat noch nicht entschieden, wie sie auf das Urteil reagiert. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen. Möglich wäre aber, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Das und alles Weitere will die Allianz erst nach Lektüre des Urteils entscheiden. Der Anwalt der Verbraucherschützer, Joachim Bluhm, rät:
    "Diejenigen, die nun aber bereits einen Vertrag bei der Allianz haben, sind gut beraten, die Allianz auf das Thema anzusprechen und zu sagen, sie erwarten eine uneingeschränkte Beteiligung auch an den Kostenüberschüssen, dies auch dann, wenn das sogenannte Garantiekapital ihres Vertrags unter 40.000 Euro liegt."
    Und neue Verträge sollten bei gegenwärtiger Vertragslage besser bei einer anderen Versicherung ins Auge gefasst werden.