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Alstom-Übernahme
Siemens verliert offenbar gegen GE

Der angeschlagene französische Konzern Alstom will seine Energiesparte nun offenbar doch nicht an Siemens verkaufen. Das hatte die französische Regierung ins Spiel gebracht, um eine Übernahme durch das US-amerikanische Unternehmen General Electric (GE) zu verhindern. Frankreichs Wirtschaftsminister Montebourg erwägt nun einen Einstieg des Staates.

Von Ursula Welter | 30.04.2014
    Mitarbeiter von Alstom vor der Firmenzentrale
    Alstom und GE: Die Hochzeit ist noch nicht offiziell, aber das Paar ist sich bereits sehr nahe und zeigt das auch nach außen. (francois Lafite/Wostok Press, dpa picture-alliance)
    Am frühen Morgen verteilt der französische Konzern Alstom zunächst eine enggeschrieben ganzseitige Erklärung. Bestätigt, dass GE 12,35 Milliarden Euro für die Energie-Aktivitäten von Alstom mit 65.000 Mitarbeitern geboten habe. Würdigt die strategischen und industriellen Vorteile eines solchen Handels und beschreibt, dass Alstom sich nach dem Verkauf der Energiesparte auf sein Transportgeschäft konzentrieren wolle.
    Knapp zwei Stunden später erläutern der Alstom-Chef und der Chef von General Electric in kleinem Kreis in Paris gemeinsam, was sie planen. Die Hochzeit ist also noch nicht offiziell, aber das Paar ist sich bereits sehr nahe und zeigt das auch nach außen.
    Wirtschaftsminister: "Allianzen ja, Übernahmen nein!"
    Während Patrick Kron und Jeffrey Immelt also beieinandersitzen, klopft sich der Premierminister auf die Schulter.
    "Der Staat ist gehört worden,"
    sagt Manuel Valls und meint damit, ein überstürzter Verkauf an die Amerikaner sei verhindert worden, die Tür für Siemens weiterhin offen. Tatsächlich ist in der Börsenmitteilung von Alstom von Siemens die Rede, davon, dass fairer Zugang zu allen Informationen gewährleistet sei und ein formelles Angebot der Münchener, sollte es das geben, geprüft werde. Ein Absatz, eher am Rande, der Rest ist Lob für den Verkauf an "General Electric".
    Die Erklärung ist noch druckfrisch, da stellt der Wirtschaftsminister im Parlamentsausschuss klar:
    "Allianzen ja, Übernahmen, nein!"
    Arnaud Montebourg, der den Chef von Alstom am Vortag gar der Lüge bezichtigt und Patrick Kron vorgeworfen hatte, über seine wahren Absichten geschwiegen zu haben, Montebourg also, der bei anderen Gelegenheit sehr Deutschland- und europakritisch daherkommt, schlägt sich im Parlament also auf die Seite von Siemens. Lobt das ähnliche Sozialmodell Deutschlands und Frankreichs, sagt, derlei Einflussmöglichkeiten hätten wir in den USA nicht, beteuert aber, alle Investoren seien willkommen.
    Und dann spricht Frankreichs Wirtschaftsminister an, was er gerne anspricht in heiklen Unternehmensdebatten: Eine Teil-Nationalisierung, um Alstom von seinem US-Weg doch noch abzubringen.
    "Unsere Gewerkschaften", sagt Montebourg, und unterstreicht, die wichtigsten fünf seien dabei gewesen, "haben die Regierung ermuntert, ins Kapital von Alstom einzusteigen, über die 0,9 Prozent, die der Staat bislang hält, hinaus, um die Interessen Frankreichs zu wahren."
    Tür für andere Angebote offen
    Dass Teile der Gewerkschaften, nämlich die, die an einzelnen Standorten gute Erfahrungen mit dem US-Konkurrenten GE gemacht haben, sich eher vor einem Verkauf an Siemens fürchten, weil die Geschäftsbereiche zu ähnlich sind, der Arbeitsplatzverlust größer sein könnte, verschweigt der Minister an dieser Stelle.
    Vier Wochen lang will eine Sonderkommission des französischen Konzerns, der sich durch den Verkauf seiner Energiesparte eine Sanierung erhofft, das Angebot aus Übersee nun prüfen und die Tür für andere Offerten in dieser Zeit nicht schließen.
    In München wurde der neueste Stand des Pokerspiels um Alstom nicht kommentiert, die Verärgerung war da schon längst aktenkundig durch einen Brief an den französischen Firmenlenker Patrick Kron, der an direkten Gesprächen über eine Kooperation nicht interessiert gewesen sei.