Bundesparteitag
Alt-Kanzler Scholz ruft SPD dazu auf, an gesellschaftspolitischen Reformen festzuhalten

Beim Bundesparteitag der SPD hat der ehemalige Kanzler Scholz seiner Partei geraten, das ur-sozialdemokratische Thema Respekt weiterhin in den Mittelpunkt zu stellen. Dass in vielen wohlhabenden Ländern rechter Populismus neue Unterstützung finde, habe auch mit mangelnder Zukunftshoffnung zu tun, sagte Scholz bei seiner Abschiedsrede.

    Scholz steht am Rednerpult und gestikuliert. Im Hintergrund ist das Logo der SPD zu sehen.
    Der ehemalige Bundeskanzler Scholz beim SPD-Bundesparteitag in Berlin (Kay Nietfeld / dpa /)
    Ohne die Vorstellung, dass die Welt besser werde, könnten fortschrittliche Parteien wie die Sozialdemokraten nicht erfolgreich sein. Deshalb müsse die Gesellschaft nicht nur für Chefärztinnen und Unternehmer funktionieren, sondern auch für Fabrikarbeiter, Pflegekräfte und Rentner, betonte Scholz. Die SPD habe eine Verantwortung, "dass man aus jeder Lebensperspektive vernünftig, anständig und anerkannt leben kann".

    "Es war eine große Zeit"

    Mit Blick auf seine Regierungszeit rief Scholz gesellschaftspolitische Reformen in Erinnerung - etwa das Selbstbestimmungsrecht. Damit ist für die Änderung des Geschlechtseintrags und des Namens nur noch eine einfache Erklärung bei einem Standesamt nötig - statt wie bisher zwei psychiatrische Gutachten sowie ein Gerichtsbeschluss. Auch das Staatsangehörigkeitsgesetz nannte der ehemalige Kanzler. Die damit verbundene schnellere Einbürgerung soll nach dem Willen der neuen Bundesregierung allerdings zurückgenommen werden. Der Bundestag hatte einen entsprechenden Gesetzentwurf am Freitag in Erster Lesung beraten.
    Der SPD-Fraktionsvorsitzende Miersch richtete den Blick auf die aktuelle Koalition mit der Union. Es seien schmerzliche Kompromisse, die die SPD eingehen müsse. Es gebe aber auch wichtige Erfolge. Wenn die SPD nicht mitregieren würde, dann würde dieses Land unsozialer sein, sagte Miersch.

    Bas und Klingbeil neue Parteivorsitzende

    Gestern wurde der Parteivorsitzende Klingbeil im Amt bestätigt; neue Ko-Vorsitzende ist Bundesarbeitsministerin Bas. Die 57-Jährige erhielt mit 95 Prozent eine sehr hohe Zustimmung. Für Klingbeil votierten dagegen nur knapp 65 Prozent der Delegierten. Das ist das zweitschlechteste Ergebnis aller SPD-Vorsitzenden. Nur Oskar Lafontaine hatte 1995 mit 62,6 Prozent noch weniger Zustimmung bekommen. Gewählt wurde auch der bislang nur kommissarische Generalsekretär Klüssendorf; er wurde mit knapp 91 Prozent im Amt bestätigt.
    Die bisherige Ko-Parteichefin Esken verabschiedete sich bei dem Parteitag in Berlin. Sie sagte, das Ergebnis der Bundestagswahl sei bitter gewesen und habe die Sozialdemokraten zu einer Großen Koalition verdammt. Sie forderte die SPD auf, sich zu verändern. Dafür habe sie Platz gemacht.

    "Ostdeutsche Perspektiven berücksichtigen"

    Die neu gewählte stellvertretende SPD-Vorsitzende Köpping sieht das schwache Wahlergebnis für Parteichef Klingbeil als deutliches Signal der Unzufriedenheit. Köpping sagte im Deutschlandfunk, das müsse ein Ansporn sein, um sowohl in der Partei als auch in der Bevölkerung Vertrauen zurückzugewinnen.
    Köpping betonte, ihre Partei müsse sich nun so aufstellen, dass ostdeutsche Perspektiven sowie die Anliegen der Mitglieder stärker berücksichtigt würden. Sie forderte, verschiedene Strömungen innerhalb der Partei zusammenzuführen, statt sie gegeneinanderzustellen. Das kürzlich von SPD-Mitgliedern veröffentlichte Friedensmanifest habe der Partei nicht geschadet, sondern eine notwendige Debatte angestoßen. Viele Menschen hätten Angst vor Krieg. Die SPD sei und bleibe eine Friedenspartei, sagte Köpping.
    Diese Nachricht wurde am 28.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.