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Altes Kloster, neue Bewohner

Auch wenn das Kloster Loccum 850 Jahre alt ist – bis heute ist es an vielen Stellen sehr lebendig und jung. Das liegt vor allem an den angehenden Pastoren, die zum Lernen ins Kloster kommen. Dort tauschen sie sich aus, nutzen die umfangreiche Bibliothek und lassen die alten Gemäuer auf sich wirken.

Von Christoph Sterz |
    Irgendwo wird einfach immer gebaut im Kloster Loccum. Die Klosterkirche ist zwar nach jahrelanger Arbeit fertig renoviert, direkt hinter der Klostermauer, rund um das Eingangstor wird aber noch kräftig gewerkelt. Und auch in Zukunft bleibt das Kloster eine Baustelle: Das Predigerseminar in Loccum wird vergrößert, für rund 17 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren unter anderem eine neue Bibliothek und ein neues Gästehaus entstehen. Gut, dass es weiter geht mit dem Bauen, findet der Leiter des Predigerseminars, Christian Stäblein.

    "Ich denke, auch das ist sozusagen ein Zeichen für Zukunft. Da wo immer neu auch gebaut, restauriert, renoviert, Anbauten geschaffen werden, wird die Gegenwart immer wieder angepasst. Und fängt man nicht an, sozusagen im Alten zu verharren und irgendwann zu erstarren."

    Das Kloster bleibt also lebendig durch die insgesamt 100 Vikarinnen und Vikare, die in fünf Gruppen immer wieder nach Loccum kommen, im Wechsel mit ihrer Arbeit in den Gemeinden. Im Kloster wohnen und lernen sie für ein paar Wochen, tauschen sich über ihre Arbeit in den Gemeinden aus, nutzen die Bibliothek mit ihren 80.000 Büchern und lernen Neues vom Predigen über die Seelsorge bis zur Bildungsarbeit.

    Der Kurs 14, eine Gruppe von rund 20 Vikaren, beschäftigt sich gerade mit der Frage, wie sich eine Kirchengemeinde gut leiten lässt. Dutzende kleine Zettel, mit grobem Filzstift beschrieben, hängen an einem Flipchart, es wird munter diskutiert. Für Thomas Berneburg ist das eine gute Abwechslung zum Alltag in seiner Gemeinde in der Nähe von Bremerhaven.

    "Es ist Erholungsurlaub von der Gemeinde. Da sind bergeweise schöne, spannende, aber herausfordernde Situationen. Großartig ist, in der Gemeinschaft zu leben, also es ist dann so ein bisschen wie fünf Wochen Klassenfahrt. Wir essen zusammen, wir haben die Kurse den ganzen Tag zusammen, wir wohnen im selben Haus. Wir sind hier gut versorgt, das Ganze im Kloster. Macht für andere glaube ich einen größeren Unterschied. Ich finde, es ist einfach ein ordentlicher Ort, um zu lernen."

    So pragmatisch-nüchtern sehen das tatsächlich nicht alle, denn immerhin lässt sich im Kloster Loccum eine ordentliche Portion Geschichte atmen. Seit über zwei Jahrhunderten werden hier junge Geistliche ausgebildet und das Gemäuer selbst ist ja noch mal viele Jahre älter. Für Vikare wie Judith Uhlhorn, die das Kloster Loccum schon aus ihrer Kindheit kennt, ist das Predigerseminar ein ganz besonderer Ort.

    "Mein Onkel zum Beispiel war hier auch im Vikariat, und als ich Kind war, sind wir hier manchmal, darf man eigentlich gar nicht so erzählen, sind wir hier manchmal so als Gespenster durchs Kloster gespukt. Das war total witzig und deswegen hatte ich da so eine positive Grundhaltung zu dem Kloster, wegen dieser Kindheitserinnerungen."

    Diese Geschichte könnte sich jetzt wiederholen, denn Judith Uhlhorn bringt zu den Seminarwochen auch immer ihre Kinder mit. Und für die ist das Klostergelände ein paar Wochen lang vor allem ein großer Abenteuerspielplatz – während die vier Söhne von Christian Stäblein sogar das ganze Jahr über im Kloster wohnen. Der Leiter des Predigerseminars wohnt nämlich traditionell mit seiner Familie im Kloster, mit Blick auf den Innenhof. Dass er mit seiner Frau und seinen Kindern der einzige dauerhafte Klosterbewohner ist, das ist auch nach Jahren immer noch etwas Besonderes, sagt Stäblein, während er im Kreuzgang des Klosters steht.

    "Auch abends, dann sehe ich ja sozusagen von meinem Schlafzimmer aus, dass hier irgendjemand Licht vergessen hat, auszumachen, oder manchmal sehe ich auch, Mensch, da brennt noch irgendwo möglicherweise eine Kerze oder ich weiß es nicht. Jedenfalls dann gehe ich hier noch mal rein, ganz im Dunkeln, ganz alleine, und denke Wahnsinn. Wahnsinn, in diesen Räumen zu sein. Und nur mal so ganz alltäglich zu gucken, wer Licht angelassen hat."