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Althaus: Thema Mindestlöhne beenden

Dieter Althaus hat an die SPD appelliert, auf ihre Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen zu verzichten. Es gebe keine Einigung in der Großen Koalition, "und demzufolge kann es dann auch keine entsprechende Festlegung geben", sagte der CDU-Politiker und thüringische Ministerpräsident vor Beratungen im Koalitionsausschuss.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Die Wahlen zur Bremer Bürgerschaft sind für die CDU nicht eben gut gelaufen. Sie hat auch Stimmen verloren wie die SPD ,und sie muss darum bangen, überhaupt wieder in ein Bündnis, in ein Regierungsbündnis mit der SPD zu kommen. Am Telefon ist Dieter Althaus (CDU), Ministerpräsident von Thüringen. Guten Morgen, Herr Althaus!

    Dieter Althaus: Guten Morgen, Frau Durak!

    Durak: Wie schauen Sie auf diese Bremen-Wahl und das Abschneiden der CDU?

    Althaus: Beide großen Parteien haben verloren. Trotzdem ist für mich klar die Bestätigung der Großen Koalition erfolgt, denn zusammen kommen sie auf etwa 60 Prozent, und so hoffe ich auch, dass die SPD sich so entscheidet nach Sondierungen, mit der Großen Koalition fortzusetzen, denn der Bürgermeister hat ja auch gesagt, die gute Politik muss fortgesetzt werden. Und das ist die Politik, die die Große Koalition in den letzten Jahren verantwortet hat.

    Durak: Herr Böhrnsen hat auch gesagt, es geht um eine Neuausrichtung der Politik. Das spräche eher für die Grünen, Herr Althaus. Käme es so, zu Rot-Grün in Bremen, verlöre die Union die strategische Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat. Ist das schlimm?

    Althaus: Sicher wäre es besser, wenn wir bei der Mehrheit im Moment blieben, aber ich denke, die klare Mehrheit ist für uns trotzdem weiter gegeben, und die Zwei-Drittel-Mehrheit ist sicher nicht das Entscheidende. Ich glaube aber, dass die Verhandlungen der nächsten Wochen auch dazu führen, dass die stabile Große Koalition fortgesetzt wird.

    Durak: Schauen wir auf den Koalitionsausschuss heute Abend und einige Themen. Nehmen wir zunächst den Mindestlohn, Herr Althaus. Vizekanzler Müntefering hat heute Morgen hier im Deutschlandfunkdie Kombilohnbefürworter aus der CDU als Planwirtschaftler bezeichnet. Ist das eine Grundlage für Sie für einen Kompromiss?

    Althaus: Nein. Das ist etwas sehr grob und auch falsch ausgedrückt. Ich denke, bei Mindestlöhnen geht es darum, dass der Staat hier ganz klar seine Aufgabe definiert. Er ist nicht verantwortlich für Lohnfindung, ganz im Gegenteil. Wenn er sich hier einbringen würde, würden die Arbeitsmarkteffekte negativ sein. Die sechs Wirtschaftsforschungsinstitute haben das vor gut zwei Jahren in ihrem Frühjahrsgutachten sehr klar geschrieben, und an dieser Meinung hat sich nichts geändert.

    Durak: Die Union wird immer wieder zitiert, also Ihre Partei, dass sie gegen sittenwidrige Löhne sei und vorgehen wollte. Werden in Thüringen sittenwidrige Löhne gezahlt?

    Althaus: Nein, ich gehe nicht davon aus. Die meisten auch im Friseurhandwerk beruhen ja sogar auf Tarifverträgen. Trotzdem sind natürlich die Löhne häufig sehr gering, so dass dann der Staat mit einspringen muss. Vielleicht ist es mittel- und langfristig ohnedies wichtig, dass wir zu einem neuen System der Existenzsicherung kommen. Deswegen müssen wir über Mindesteinkommen reden, aber nicht über Mindestlöhne. Das würde Arbeitsplätze gefährden, vernichten und das Neuentstehen verhindern.

    Durak: Schließen sich denn Tarifvereinbarungen und Sittenwidrigkeit wirklich aus?

    Althaus: Ich denke ja, denn die Tarifpartner sind ja diejenigen, die sowohl für die Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeber die Marktsituation einschätzen. Wenn dann Tarifverhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind, gehe ich schon davon aus, dass da auch die Gewerkschaften über die Arbeitnehmerseite mitgesprochen haben, und dann gehe ich auch davon aus, dass hier keine Sittenwidrigkeit verhandelt wird.

    Durak: Auch wenn eine Seite, die Gewerkschaften, mit dem Rücken an der Wand stehen und diese Verträge dann eben in Gottes- oder in Teufelsnahmen abschließen?

    Althaus: Ja, aber sie müssen sich trotzdem am Markt erwirtschaften, die Einkommen. Insofern bleibt es die Aufgabe der Tarifpartner, hier auch die richtigen Regelungen zu finden. Und wenn sie nicht ausreichend die Existenz sichern, müssen wir eben über diese Form von Mindesteinkommen nachdenken. Da gibt es verschiedene Modelle aus verschiedenen Institutionen. Aber es wäre falsch, staatliche Mindestlöhne vorzugeben.

    Durak: Für den Koalitionsausschuss heute Abend hat es ja übers Wochenende einige Einigungen oder Andeutungen zur Einigung gegeben, unter anderem was die Erbschaftssteuer betrifft. Da ist die Union auf die SPD zugegangen, um die Unternehmenssteuerreform zu retten. Bei der Krippenfinanzierung sagt die Bundeskanzlerin, der Bund trägt ein Drittel auch für laufende Kosten. Und schließlich sagt sie, die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende, alles Geld aus den Steuermehreinnahmen für die Haushaltskonsolidierung, keine Steuersenkungen jetzt. Geht das alles so für Sie in Ordnung an Zugeständnissen?

    Althaus: Zum einen, richtig ist, dass wir konsolidieren müssen, und wenn jetzt Steuermehreinnahmen vorhanden sind, dann ist das auch vernünftig, den Schritt zur Konsolidierung noch konsequenter zu setzen.

    Bei der Frage der Krippenfinanzierung geht es um die technische Frage, wie das erfolgen kann. Das ist sicher nicht einfach, aber wenn man sich im Grundsatz einig ist, findet man dort auch einen Weg.

    Auch beim Thema Erbschaftssteuer: Wir wollen, dass die Unternehmenssteuerreform zügig in Kraft tritt, und wir wollen, dass bei der Unternehmensnachfolge auch entsprechende Erbschaftssteuer nicht gezahlt wird, um diese Unternehmensnachfolge im Betrieb, in der Familie zu sichern. Ich denke also, für alle drei Punkte ist eine gute Grundlage geschaffen, um heute einen guten Schritt voranzukommen.

    Durak: Hat die Union zu viel Zugeständnisse an die SPD bisher gemacht?

    Althaus: Nein. Es hat ja bisher erstens noch keine abschließenden Festlegungen gegeben, und zweitens braucht man Kompromisse in der Großen Koalition. Sonst geht es keinen Schritt voran. Wichtig ist für uns zum Beispiel die Unternehmenssteuerreform. Sie steht lange aus. Deswegen muss man auch abwägen.

    Durak: Es gibt aber Kollegen von Ihnen, die eben davor warnen, der SPD zu viel zu geben und zu wenig dafür zu bekommen. Sie gehören nicht dazu?

    Althaus: Nein. Für mich ist wichtig, dass wir zum Beispiel bei Mindestlöhnen konsequent bleiben, dass wir bei der Frage der Erbschaftssteuer die Unternehmen im Blick haben, die Familienunternehmen, dass wir bei der Frage der Krippen darauf achten, dass die Finanzierung zu einem Drittel möglich ist für alle in Deutschland, auch schon das was geleistet worden ist entsprechend unterstützt wird. Und für mich ist auch wichtig, dass wir beim Thema Kinderkrippen jetzt, nicht nur weil die technische Frage noch offen steht, die Grundsatzfrage immer wieder diskutieren. Insofern sehe ich nicht, dass wir bisher schon zu viele Zugeständnisse gemacht haben, sondern wir haben den Weg möglich gemacht. Und das ist wichtig in der Großen Koalition.

    Durak: Was erwarten Sie nun von der SPD im Gegenzug?

    Althaus: Ja, dass sie bei bestimmten Themen dann auch nicht länger immer wieder einfordert. Wenn die Position klar ist wie bei Mindestlöhnen, dann muss auch dieses Thema einmal abgearbeitet werden. Es gibt keine Einigung, und demzufolge kann es dann auch keine entsprechende Festlegung geben.

    Durak: Dieter Althaus (CDU), Ministerpräsident von Thüringen. Besten Dank, Herr Althaus, für das Gespräch.

    Althaus: Ich danke auch.