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Angebliches Bahncard-Aus
"Interpretation für bare Münze verkauft"

Es gebe keine Beschlussvorlage zur Abschaffung der Bahncard, sagte Gerd Aschoff vom Fahrgast-Verband Pro Bahn im DLF. Das angebliche Aus sei reine Interpretation eines Journalisten gewesen. Die Bahncard sei für die Bahn viel zu sehr ein Erfolgsprodukt, mit dem man gut Werbung machen könne, so Aschoff.

Gerd Aschoff im Gespräch mit Marina Schweizer | 05.12.2014
    Eine Bahncard 50, aufgenommen am 04.12.2014 auf dem Hauptbahnhof in Hamburg.
    Was wird aus der Bahncard? (dpa/Reinhardt)
    Christoph Heinemann: Wird die Bahncard abgeschafft oder nicht? Gestern hatte diese Meldung für reichlich Wirbel gesorgt. Immerhin nutzen rund fünf Millionen Menschen eine solche Karte. Die wolle man auf keinen Fall verprellen, beeilte sich die Bahn zu erklären. Rabatte würden nicht gekippt, sondern die Karte soll lediglich durch Kundenkonten ersetzt werden. Ob das aber reicht, um verlorene Fahrgäste zurückzugewinnen, die man an die Fernbusse verloren hat, das steht noch nicht fest. Darüber hat meine Kollegin Marina Schweizer gestern Abend mit Gerd Aschoff vom Fahrgast-Verband Pro Bahn gesprochen, und der erklärte noch einmal, wie es zu der Meldung über die Bahncard gekommen ist.
    Gerd Aschoff: Ich habe vor einigen Tagen an einer Pressekonferenz, einer telefonischen, teilgenommen. Da waren sehr viele Journalisten dabei, seitens der Bahn der Fernverkehrsvorstand Ulrich Homburg, aber da war auch der Journalist dabei, der heute Morgen im Namen des Hessischen Rundfunks diese ganze Welle in Bewegung gesetzt hat. Der hat durchaus mannhaft seine Sachen verteidigt, aber es war hinterher klar, dass es doch eine Interpretation war, die dann als bare Münze verkauft worden ist, und es keineswegs eine Beschlussvorlage gibt für den Aufsichtsrat. Der Journalist sprach dann davon, aber hier auf Seite 30 steht doch, und da musste er im Grunde genommen eigentlich nicht mehr weiter sprechen, weil wenn das erst auf Seite 30 steht, dann weiß man, dass das eine sehr umfangreiche Vorlage ist, bei der sehr viel erst mal durchgespielt wird, und das, finde ich, ist durchaus legitim, dass auch mal links und rechts des Weges geguckt wird.
    Die Bahncard ist ein Erfolgsprodukt
    Marina Schweizer: Jetzt hat die Bahn ja, Sie haben es schon erwähnt, gesagt, man wolle die Bahncard in der jetzigen Form so nicht abschaffen. Warum ist sie denn so, wie sie ist, so heilig?
    Aschoff: Weil sie ein Erfolgsprodukt ist, mit dem man gut Werbung machen kann. Das weiß die Deutsche Bahn am besten. Sie hat fünf Millionen Kunden, die eine Bahncard besitzen. Wenn ich mir überlege, was in diesem Jahr alles für Werbeaktionen waren, zu den Olympischen Spielen die Gold-Bahncard - da haben wir zum Glück ja auch ein paar Goldmedaillen geholt und da durften alle, die diese Karte vorher gekauft haben, an dem Tag auch frei fahren auf der Bahn -, das war sicherlich eine gute Werbung. Es gab Einsteiger-Bahncards, Partner-Bahncards, die für 19 oder 25 Euro angeboten worden sind, und die haben sicherlich dazu beigetragen, neue Fahrgäste auf die Bahn zu bringen.
    Bahn-Werbung auch auf Fernbusportalen
    Schweizer: Offenbar hat die Bahncard ja nicht als Mittel gezogen, um den Rückgang im Fernverkehr zu verhindern. Ist sie denn dafür überhaupt das richtige Mittel?
    Aschoff: Die Bahncard ist ein wichtiges, aber nicht das alleinige Mittel, und insofern muss man schon gucken, ob man die Bahncard als das wichtigste Instrument auch ergänzen kann, und ich denke, man wird das auch weiter tun müssen, wobei vieles längst schon gemacht wird. Zum Beispiel auf den Fernbus-Portalen im Internet werden Sie immer auch Bahnwerbung finden. Das zeigt, dass die Deutsche Bahn sehr wohl schon überlegt, wie sie Kunden wieder an die Bahn binden kann. Aber wir sagen noch mal sehr deutlich: Das reicht offensichtlich nicht aus, um wesentliche Steigerungsraten zu erreichen, die sie ja eigentlich haben wollen.
    So billig wie der Fernbus wird die Bahn nie sein
    Schweizer: Dann frage ich jetzt noch mal genauer nach. Bahnvorstands-Mitglied Ulrich Homburg sprach ja nach dem Dementi von möglichen zusätzlichen Rabatten. Welche fänden Sie denn sinnvoll?
    Aschoff: Es gibt alle möglichen Rabatte, die ich mir noch vorstellen kann für Kundengruppen, die entweder im Seniorenbereich sind. Kombinationen mit dem Nahverkehr haben wir inzwischen ja schon, weil Bahncard-Kunden ja den Vorteil haben, dass sie am Quellort schon mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Bahnhof fahren können und am Zielort auch wieder den öffentlichen Verkehr drin haben. Ich komme nicht zu dem Ergebnis, dass nichts getan worden ist, auch wenn ich meine, dass im Sinne stärkerer Verlagerung auf den Schienenverkehr mehr getan werden muss.
    Das ist allerdings nicht nur eine tarifliche Frage, weil so billig wie der Fernbus wird die Bahn nie sein können, weil sie einfach andere Kostenstrukturen hat. Das ist auch eine Frage des Komforts. Das ist ja erst gestern in der Öffentlichkeit erörtert worden: W-LAN frei für auch Zweite-Klasse-Kunden, vielleicht auch mal freundlicheres Personal. Da gibt es eine ganze Palette und das endet natürlich an einer entscheidenden Frage. Das sind die Verspätungen und da muss sehr viel getan werden, damit die Performance der Bahn so wird, dass die Züge deutlich pünktlicher sind.
    Heinemann: Gerd Aschoff vom Fahrgast-Verband Pro Bahn. Die Fragen stellte meine Kollegin Marina Schweizer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.