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Anschläge in Brüssel
Die Suche nach Verantwortlichen

Die halbe Nacht haben Terrorfahnder in einem Brüsseler Wohnhaus nach Spuren gesucht. Der vielleicht entscheidende Hinweis kam von einem Taxifahrer, der die mutmaßlichen Attentäter zum Flughafen brachte.

Von Kai Küstner | 23.03.2016
    Soldaten bewachen den Brüsseler Flughafen Zaventem.
    Am Der Flughafen Brüssel-Zaventem wird auch am Tag nach den Terroranschlägen streng kontrolliert. (AFP / JOHN THYS)
    Das Foto ist längst um die Welt gegangen – es zeigt einen Mann mit heller Jacke und dunklem Hut, mit Brille und Ziegenbart. Der am Brüsseler Flughafen, einen Gepäckwagen vor sich her schiebt. Dieses Bild veröffentlichte die belgische Polizei im Kurzbotschaften-Dienst Twitter – versehen mit der Unterzeile: "Kennen Sie diesen Mann?" Auf diesen Verdächtigen, dem es offenbar gelang, vom Flughafen zu fliehen, konzentrieren sich derzeit die Ermittlungen der Sicherheitskräfte in Brüssel. Nachdem die Behörden die Terror-Serie nicht haben verhindern können, wollen sie diese nun so gründlich und schnell wie möglich aufklären:
    "Uns lagen vorab keine Informationen vor, dass bestimmte Aktionen in Brüssel geplant waren."
    Gibt Belgiens Innenminister Jambon zu. Beim Durchsuchen einer verdächtigen Wohnung fand die Polizei, wie am Abend bekannt wurde, Chemikalien, eine Flagge der Terrorgruppe 'Islamischer Staat' sowie einen mit Nägeln gefüllten Sprengsatz. Möglicherweise handelt es sich um ein von den insgesamt drei mutmaßlichen Attentätern am Brüsseler Flughafen genutztes Appartement. Ein Taxifahrer hatte einem Medienbericht zufolge die Polizei auf deren Spur gesetzt: Er soll sie in der Wohnung abgeholt und sich anschließend gewundert haben, dass sie sich nicht mit ihrem Gepäck helfen lassen wollten.
    Die Täter trugen jeweils nur einen schwarzen Handschuh
    Auch die anderen beiden Verdächtigen sind auf dem Polizei-Foto zu sehen – sie sollen jedoch tot sein: Auf dem Bild tragen sie an ihrer linken Hand jeweils einen schwarzen Handschuh. Rechts jedoch keinen. Es wird vermutet, dass sie unter den Handschuhen die Auslöser versteckten, mit denen sie die in den Koffern auf dem Gepäckwagen vor sich verborgenen Sprengsätze zündeten. Offenbar mit dem Ziel, sich selbst und möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen.
    "All jenen, die sich entschieden haben, einen barbarischen Feind zu unterstützen, sagen wir: Wir werden geschlossen und vereint bleiben."
    Erklärte Belgiens Regierungschef Charles Michel. Nachdem die Attentäter in der Hauptstadt Europas zugeschlagen hatten. Am Tag des Terrors erlebte Brüssel zunächst eine hektische, fast panische Phase, in der ein massives Aufgebot von Sicherheits-Kräften, Militärs, Panzerwagen an sensiblen Punkten zusammengezogen wurde. Dann aber eine fast gespenstische Phase des Stillstands, weil keine U-Bahn, kein Bus, keine Straßenbahn sich mehr bewegte.
    Das Land wird versuchen, zur Normalität zurückzufinden
    "Wenn wir jetzt nach Hause gehen würden und die Straße leer wären, wäre das ein Sieg für den IS. Und das sollten wir so nicht zeigen."
    Findet dieser in Belgien lebende Deutsche, der am Abend wie hunderte anderer an einer spontanen Gedenkfeier im Herzen der Hauptstadt teilnahm. Sie legen Blumen nieder, sie entzünden Kerzen, sie malen mit Kreide Botschaften auf den Asphalt. "Vive la vie – es lebe das Leben", so lautet eine davon. Wenn wir jetzt unseren Lebensstil ändern, dann haben die Terroristen gewonnen – da sind sich hier alle einig. Auch Belgiens König versucht in seiner Fernsehansprache eine Botschaft der Geschlossenheit, der Zuversicht an seine Landsleute zu senden:
    "Lasst uns das Vertrauen in uns selbst bewahren – dieses Vertrauen ist unsere Kraft."
    Auch wenn die Jagd nach den Verantwortlichen für den Terror noch lange nicht vorbei ist – nach und nach wird das Land versuchen, wieder zu so etwas wie 'Normalität' zurückzufinden. Der Flughafen Brüssel bleibt heute noch geschlossen. Doch U-Bahnen und Busse sollen langsam wieder den Betrieb aufnehmen. Schulen und Kindergärten sind geöffnet. Auch wenn Eltern und Lehrer angewiesen sind, weiter wachsam zu sein.