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Anschlag in Manchester
"Das sieht nach einer sehr sorgfältigen Planung aus"

Der Selbstmordattentäter von Manchester wählte Ort und Zeit der Explosion offenbar sorgfältig aus. Für den Zutritt zum Foyer der Arena, wo er am Montagabend mehr als 20 Menschen mit in den Tod riss, brauchte man keine Eintrittskarte. Sicherheitsexperten fordern nun, die Sicherheit beim Verlassen der Arena zu überprüfen.

Von Friedbert Meurer | 23.05.2017
    Auf einer elektronischen Werbetafel steht "Pray for Manchester auf dem Hintergrund einer britischen Flagge. 22 Menschen wurden bei einem Konzert der US-Sängerin Ariana Grande in Manchester getötet.
    Auf einer elektronischen Werbetafel steht "Pray for Manchester auf dem Hintergrund einer britischen Flagge. (AFP / Ben Stensall)
    Die Polizei war binnen Minuten zur Stelle, als gegen halb elf Ortszeit die Bombe detonierte. Das Konzert der US-Popsängerin Ariana Grande war gerade zu Ende und die etwa 20.000 Zuschauer verließen in Scharen die Halle.
    "Zurück, zurück", ruft hier einer der Zuschauer. Es ist einer von vielen Videoclips, die kurz nach der Tat schon in den sozialen Netzwerken hochgeladen wurden. Für mehr als 20 Menschen, die getötet wurden, und etwa 60 Verletzte kamen die Rufe zu spät.
    Eine Augenzeugin:
    "Da war ein Feuer, wir konnten die Hitze spüren. Der Geruch schlug uns entgegen."
    "Plötzlich gab es einen starken Blitz, eine Explosion, Rauch", berichtet dieser Mann, der seine Kinder nach dem Konzert abholen wollte. "Ich spürte, dass mein Bein und mein Fuß schmerzten. Ich musste meine Frau zu Boden legen. Sie hat eine Bauchverletzung davon getragen und sich möglicherweise das Bein gebrochen."
    Polizei geht von Terroranschlag aus
    Die Polizei von Manchester geht von einem Terroranschlag aus. Um acht Uhr am Morgen bestätigte ihr Chef Ian Hopkins, dass ein einzelner Selbstmordattentäter im Foyer der Manchester-Arena eine selbst gebaute Bombe gezündet hatte. Der Mann sei tot, man versuche jetzt die Hintergründe auszuleuchten und zu klären, ob es Mittäter oder Mitwisser gab.
    "Es ist das schlimmste Verbrechen, dass wir je in Manchester erleben mussten. Wir hofften alle, dass es nie passieren würde. Wir halten es für einen Selbstmordanschlag, verübten von einem einzelnen Mann. Wir versuchen jetzt vorrangig herauszufinden, ob er alleine handelte oder Teil eines Netzwerks war."
    Medienberichten zufolge kennt die Polizei angeblich schon die Identität des Mannes, will sie aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht mitteilen. Auch beim Attentat in Westminster vor zwei Wochen wartete die Polizei mit der Veröffentlichung des Namens, um in der Zwischenzeit seine Wohnung und sein Umfeld durchsuchen zu können. Der Sicherheitsexperte Lee Dodderidge:
    "Das sieht nach einer sehr sorgfältigen Planung aus, wie der Veranstaltungsort ausgewählt wurde. Wir müssen die Sicherheit beim Verlassen der Arena überprüfen. Wenn die Zuschauer kommen, werden sie genau überprüft. Wenn sie aber das Gebäude verlassen, dann geschieht das in Massen, vor allem im Verkaufsbereich von Merchandise-Artikeln."
    Für den Zutritt zum Foyer, wo die Nagelbombe gezündet wurde, brauchte man keine Eintrittskarte und dort gab es keine Taschen- oder Körperkontrollen. Deswegen hat der Selbstmordattentäter diesen Ort und den Zeitpunkt offensichtlich sehr genau gewählt. Manchesters Bürgermeister Andy Burnham zeigte sich am Morgen bestürzt, dass der Täter gezielt junge Leute, teilweise Kinder, töten wollte.
    Bestürzte Reaktionen
    "Eine unserer dunkelsten Nächte liegt hinter uns, das ist eine der schwierigsten Morgendämmerungen für uns. Es waren Kinder und ihre Familien, die willentlich in den Focus des Terrors gerieten. Das war ein Akt des Bösen."
    Premierministerin Theresa May verurteilte ebenfalls die Tat und berief ihr nationales Sicherheitskabinett ein. Ihre Innenministerin Amber Rudd äußerte sich ebenfalls entsetzt:
    "Das war eine barbarische Tat, die absichtlich die Schwächsten unserer Gesellschaft als Ziel auswählte: junge Menschen, Kinder, die ein Popkonzert besuchten. Mein Gedanken und Gebete gelten den Familien und Opfern."
    In ganz Großbritannien ist der Wahlkampf vorerst ausgesetzt worden. Am 8. Juni wird das Unterhaus neu gewählt. Nach einigen Tagen wird der Wahlkampf wohl wieder aufgenommen werden – in Manchester ist das dagegen kaum vorstellbar.