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Ansprache im Fernsehen
Japans Kaiser deutet Abdankung an

Der japanische Kaiser Akihito hat in einer seiner seltenen Videobotschaften einen Rücktritt angedeutet. Er sei besorgt, dass er seine Pflichten "nicht vollständig erfüllen" könne, sagte der 82-Jährige. Über eine Abdankung zu Gunsten seines ältesten Sohnes war bereits spekuliert worden - doch diesen Schritt sehen die japanischen Gesetze nicht vor.

08.08.2016
    Kaiser Akihitos Ansprache wird auf einer Großbildleinwand in Tokio übertragen, davor stehen mehrere Menschen und hören zu.
    Kaiser Akihitos Ansprache auf einer Großbildleinwand in Tokio. (dpa / EPA)
    "Ich bin besorgt, dass es für mich schwierig wird, meine Aufgaben als Symbol des Staates mit voller Kraft zu erfüllen, wie ich das bis jetzt getan habe", sagte Akihito. Manchmal fühle er "verschiedene Einschränkungen", etwa durch seine "körperliche Fitness". Akihito bekleidet das Amt seit dem 7. Januar 1989. Der "Tenno" leidet seit Jahren unter schweren gesundheitlichen Problemen. 2003 wurde er wegen Prostatakrebs operiert, 2012 musste er sich auch einer Bypass-Operation unterziehen.
    Ministerpräsident: "Müssen schauen, was wir tun können"
    Japanische Medien hatten bereits Mitte Juli berichtet, dass Akihito darüber nachdenkt, abzudanken. In der kaiserlichen Hierarchie ist vorgesehen, dass Akihitos ältester Sohn, Kronprinz Naruhito (56), nach ihm Kaiser wird. Explizit verkündete er seinen Rücktritt oder einen Wunsch danach nicht, denn die japanischen Gesetze sehen keine Abdankung des Kaisers vor. So käme eine Forderung nach der Möglichkeit eines Abtritts einer politischen Einflussnahme gleich, die dem Kaiser jedoch untersagt sind. Die Regierung könnte die Andeutungen des "Tennos" nun aber als Wunsch interpretieren, ihm durch eine Änderung der Gesetze die Abdankung zu ermöglichen.
    Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sagte, er nehme die Äußerungen des Kaisers "ernst" und werde darauf reagieren. "Angesichts der Pflichten des Kaiser sowie seines Alters und der Last (seiner Funktion) müssen wir schauen, was wir tun können", sagte der Regierungschef. Einer Gesetzesänderung stehen vor allem konservative Kräfte entgegen, die eine Rolle des "Kaisers in Rente" ungeklärt sehen und außerdem eine Debatte um die Thronbesetzung durch eine Frau fürchten.
    Andersherum wird befürchtet, dass Abe und seine erzkonservativen Unterstützer mögliche Änderungen für eine Revision der Verfassung von 1947 nutzen möchten. Sie empfinden diese als von den amerikanischen Besatzern aufgezwungen.
    Japans Kaiser Akihito steht vor seinem Thron
    Der japanische Kaiser

    Der "Tenno" ("Himmlischer Herrscher") hat keinerlei politische Macht. Laut der Nachkriegsverfassung von 1946 ist der Kaiser "das Symbol des Staates und der Einheit des Volkes". Juristisch gesehen ist er auch kein Staatsoberhaupt. Zwar verkündet er Gesetze und ernennt den Ministerpräsidenten und den Präsidenten des obersten Gerichtshofs, Entscheidungen darf er in diesen Angelgenheiten jedoch nicht fällen.

    Der Vater des amtierenden Kaisers Akihito war Kaiser Hirohito - der bis zum Ende des zweiten Weltkriegs als "gottgleich" galt, diese Eigenschaft hat der Kaiser nun aber nicht mehr. Jeder "Tenno" stellt seine Regentschaft unter ein Motto, Akihitos ist "Heisei", was "Frieden überall" bedeutet. Akihito setzte sich stets und deutlicher als viele Politiker für eine Aussöhnung mit den japanischen Nachbarländern ein.
    Erst die zweite Ansprache ans Volk
    Es war erst die zweite direkte Ansprache des in der Bevölkerung hoch angesehenen Kaisers an die Nation. Die zuvor aufgezeichnete Rede dauerte zehn Minuten. Das erste Mal hatte er sich im März 2011 an die Nation gewandt, nachdem ein Tsunami und ein Erdbeben schwere Verwüstungen angerichtet und zur Explosion des Atomkraftwerks in Fukushima geführt hatten.
    Bislang ist damit erst zum dritten Mal eine Ansprache eines japanischen Kaisers im Radio oder im Fernsehen übertragen worden. Akihitos Vater Hirohito verkündete im Radio Japans Niederlage im zweiten Weltkrieg.
    (nch/jcs)