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Anti-Doping-Gesetz
"Gesetz wird Doping reduzieren"

Weil mit dem geplanten Anti-Doping-Gesetz auch Ärzte oder Trainer belangt werden könnten, werde die Zahl der Doping-Fälle zurückgehen, sagte Perikles Simon, Leiter der Sportmedizin an der Universität Mainz, im DLF. Allerdings sei es schwierig, die Effektivität solcher Maßnahmen nachzuweisen.

Perikles Simon im Gespräch mit Silvia Engels |
    Der Sportwissenschaftler Perikles Simon von der Universität Mainz.
    Der Sportwissenschaftler Perikles Simon von der Universität Mainz. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Christiane Kaess: Jahrelang ist in Deutschland darüber diskutiert worden; jetzt macht die Politik Ernst. Mit dem ersten deutschen Anti-Doping-Gesetz wird eine Leistungssteigerung mit unerlaubten Mitteln strafbar. Wer als Sportler erwischt wird, muss mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. Für Hintermänner und Ärzte können es bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe werden. Und allein der Besitz unerlaubter Mittel kann fatal werden. In Berlin stellen heute Bundesinnenminister de Maizière und Bundesjustizminister Maas ihr Anti-Doping-Gesetz vor. Über die Eckpunkte und deren mögliche Wirkung hat meine Kollegin Silvia Engels mit dem Mainzer Doping-Forscher Perikles Simon gesprochen.
    Silvia Engels: Wird durch dieses Gesetz weniger gedopt werden?
    Perikles Simon: Ich denke schon, und zwar deshalb, weil das Umfeld des Dopers jetzt auch betroffen ist. Es lässt sich plausibel ableiten aus dieser Gesetzesvorlage, dass dopende Ärzte oder auch dopende Trainer ein massives Problem bekommen könnten.
    Engels: Kritiker bemängeln aber, dass laut Gesetzesentwurf, soweit der jetzt den Medien bekannt ist, die ärztliche Schweigepflicht nicht aufgehoben wird. Ist das nicht eine Schwäche?
    Simon: Nein. Ich denke, das geht auch zu weit, wenn man das noch fordern würde. Wichtig ist, dass im Rahmen der typischen Gesetzgebung, wenn jetzt ein Arzt sich einen Kunstfehler erlauben würde oder wenn ein Arzt einem Patienten etwas verschreibt, was gar nicht indiziert ist, und der bekommt ein Problem, dann kann der ja auch haftbar gemacht werden. Ähnlich wird das ablaufen bei so einem Doping-Fall. Wenn klar wird, dass ein Arzt jemandem beim Doping massiv unterstützt hat, oder ihm sogar die Substanzen besorgt hat, appliziert hat, dann wird entsprechend gegen den Arzt vorgegangen werden. Aber dafür brauchen wir kein Aufheben der Schweigepflicht.
    "Keine Kronzeugenregelung nötig"
    Engels: Kritiker monieren auch, dass in dem Gesetzentwurf wohl keine Kronzeugenregelung vorgesehen sei. Damit werde es schwer, überhaupt Aussagen aus dem ja ziemlich abgeschotteten Doping-Milieu zu bekommen. Sehen Sie das als Schwäche?
    Simon: Nein, das sehe ich nicht so. Man muss sagen, dass jetzt unter einer ähnlich starken Gesetzgebung, wie das jetzt vorgeschlagen wird, die ja in Frankreich und Italien schon länger existiert, dort auch ordentlich Doping-Skandale aufgearbeitet wurden. Ich will da nur an den Team-Festina-Skandal der Tour de France erinnern. Da sind gleich etliche Fahrer aufgeflogen, ohne dass ein einziger Doping-Test positiv war, und ohne, dass man eine Kronzeugenregelung oder dergleichen gebraucht hätte. Und man muss auch sagen: Dass das jetzt nicht explizit drinsteht, schließt nach meinem rudimentären Rechtsverständnis nicht aus, dass man eine Kronzeugenregelung, die es ja in anderen Bereichen der Gesetzgebung gibt, auch in solchen Fällen mit anwendet. Warum soll man die dort explizit noch mal unter den Paragrafen erwähnen?
    Engels: Sie haben gerade die Beispiele Italien oder Frankreich schon erwähnt. In der Tat: Wir erinnern uns da an spektakuläre Doping-Prozesse. Lässt sich denn auch sagen, ob damit auch die abschreckende Wirkung tatsächlich einhergegangen ist, dass auch bei Kontrollen definitiv weniger Sportler auffliegen?
    Simon: Nein, das kann man so nicht sagen. Die Effektivität von Doping- oder Anti-Doping-Maßnahmen nachzuweisen, ist nach wie vor ein großes Manko. Das Beste, was wir wahrscheinlich noch haben, sind soziologische Studien oder Studien, die sich mit der Leistungsentwicklung in sogenannten metrischen Sportarten, also mit Sportarten befassen, in denen wir sehr genau erfassen können, was der Leistungsstand in der Weltspitze ist, wie stark der sich verändert hat auf die Einführung von Doping-Substanzen oder auf die Einführung von Anti-Doping-Maßnahmen hin.
    "Irgendwann schützt einen die Dummheit auch nicht mehr vor Strafe"
    Engels: Nun ist es auch so, dass einige Sportler monieren, dass es auch immer wieder vorkommen kann, dass man unwissentlich durch verunreinigte Lebensmittel Substanzen zu sich nimmt, die auf der Doping-Liste stehen. Muss man hier jetzt vielleicht auch gesetzlich zuweilen Milde walten lassen, oder sind diese Argumente immer vorgeschoben?
    Simon: Nein. Da gibt es jetzt keine eindeutige Position, die da richtig wäre. Man muss nur zu bedenken geben: Es handelt sich hier meistens um Berufssportler, die sehr genau über die Risiken der zusätzlichen Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln aufgeklärt wurden. Wenn dann tatsächlich so ein Sportler sich noch irgendeinem Scharlatan an den Hals wirft, der ein Nahrungsergänzungsmittel ansetzt, was nicht lupenrein ist, und wenn das dann passiert, muss man einfach sagen, irgendwann schützt einen die Dummheit auch nicht mehr vor Strafe.
    Engels: Das neue Gesetz soll sich ausdrücklich gegen dopende Spitzensportler richten, aber nicht gegen ambitionierte Freizeitsportler, obwohl ja klar ist, dass auch dort recht intensiv gedopt wird. Ist das ein Versäumnis, oder ist das richtig?
    Simon: Man muss sagen, im Spitzensport geht es auch massiv um Betrug, um sehr hohe Geldsummen, die damit verbunden sind. Die Preisgelder sind eigentlich noch das kleinste an diesem ganzen Problem, sondern natürlich sind es auch die Verträge mit Firmen, natürlich sind das lukrative Werbeeinnahmen. Und natürlich muss man auch daran denken, dass Hochleistungssportler eine Vorbildfunktion haben, dass sie immer wieder auch von staatlicher Seite aus in dieser Vorbildfunktion der Jugend, den Kindern vorgehalten werden und mit ihnen wird massiv Werbung bezüglich Ethik und Moral betrieben. Das nächste ist noch, dass diese Leistungssportler unter anderem, wenn sie dopen und den Wettbewerb dadurch verzerren und teilweise auch verschärfen, möglicherweise ihre Konkurrenten indirekt dazu nötigen, selber ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, eventuell auch selber zu dopen, und in ganz schlimmen Fällen - und das soll ja auch bei Lance Armstrong eine gewisse Rolle mitspielen - auch einen Druck aufgebaut haben, dass andere Sportler sich mit dopen.
    Kaess: Der Mainzer Doping-Forscher Perikles Simon. Die Fragen stellte meine Kollegin Silvia Engels.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.