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Astronomie
Die Sonne wird zur Medusa

Knapp zwei Wochen nach der Sommersonnenwende leuchtet unser Tagesgestirn mitten im Sternbild Zwillinge. Ein kleines Stück unterhalb von ihr - derzeit also nachts nicht zu sehen - befindet sich der Medusa-Nebel, den ein Team der Europäischen Südsternwarte in Chile vor einigen Monaten genauestens beobachtet hat.

Von Dirk Lorenzen | 02.07.2015
    Der Medusa-Nebel im Sternbild Zwillinge
    Der Medusa-Nebel im Sternbild Zwillinge (ESO)
    So wie der Sagengestalt Medusa Schlangen statt Haare auf dem Kopf wachsen, ist der Nebel voller lang gestreckter Gassträhnen. Sie leuchten rötlich und grünlich.
    Im oberen Teil des Nebels ähnelt eine kleine Blase einem Gesicht, bei dem zwei blaue Sterne im Vordergrund die Augen bilden. Die schrecklich-schönen "Haare" der Medusa sind etwa vier Lichtjahre lang - das entspricht der Strecke von der Sonne zum nächstgelegenen Stern.
    Das skurrile Objekt in den Zwillingen dürfte vor rund zehntausend Jahren entstanden sein, als ein alter Stern immer wieder Material aus seinen äußeren Schichten in den Weltraum gepustet hat. So sind die verschiedenen Strähnen entstanden.
    Der Sternüberrest, ein Weißer Zwerg, regt mit seiner Ultraviolett-Strahlung das Gas zum Leuchten an - rötlich scheint der Wasserstoff, Sauerstoff zeigt sich grünlich.
    Die Haare der Medusa werden sogar noch länger - mit 50 Kilometern pro Sekunde dehnt sich die Materie weiter aus. In einigen zehntausend Jahren ist sie dann so weit verteilt, dass die Medusa wieder vom Himmel verschwindet.
    Dafür könnte in mehr als fünf Milliarden Jahren unsere Sonne ganz ähnlich aussehen: Denn auch sie wird sich am Ende aufblähen, ihre äußeren Schichten abstoßen und zum Leuchten anregen.