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Astronomie
Staub statt Stockholm

Im März sorgten Astronomen der Harvard-Universität für weltweites Aufsehen, als sie behaupteten, Spuren der kosmischen Inflation beobachtet zu haben - einer hypothetischen Phase extrem schneller Ausdehnung des Universums einen Sekundenbruchteil nach dem Urknall.

Von Dirk Lorenzen | 08.08.2014
    Ein Diagramm zeigt Wirbel in der Hintergrundstrahlung.
    Staub oder Gravitationswellen? Woher die Wirbel in der Hintergrundstrahlung stammen, ist unklar (BICEP2-Team)
    Äußerst ungewöhnlich war die Art der Veröffentlichung: Statt einen Artikel bei einer Fachzeitschrift einzureichen, präsentierten die Forscher ihre Ergebnisse zuerst auf einer Pressekonferenz. Immerhin stellten sie kurz zuvor alle Daten und die Schlussfolgerungen offen zugänglich ins Internet.
    Im Juni hat endlich eine Zeitschrift den Artikel zur Publikation angenommen. Nach der Begutachtung durch externe Experten klingt der Fund nicht mehr ganz so sensationell wie im März.
    Denn die möglichen Spuren des Urknalls in der kosmischen Hintergrundstrahlung könnten auch auf simplen Staub in der Milchstraße zurückgehen. Dies hatten Kritiker schon im März betont, doch die Gruppe um John Kovac hatte diese Möglichkeit ausgeschlossen - im Fachartikel räumt sie nun aber doch ein, womöglich einer Täuschung aufzusitzen.
    Irgendwo zwischen skurril und unseriös liegt die Art und Weise, wie das Team an die Staubdaten unserer Milchstraße gekommen war. Ein beteiligter Forscher hatte auf einer Tagung die in einem Vortrag gezeigte Staubkarte des ESA-Satelliten Planck abfotografiert und die Daten nach Gefühl ausgewertet.
    Solch wissenschaftlich schlampiges Verhalten lassen kompetente Gutachter natürlich nicht durchgehen. Die vermeintliche Nobelpreis-Entdeckung könnte nun buchstäblich zu Staub zerfallen.