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Asylpaket II
Regierung beschließt schärfere Asylgesetze

Vorige Woche hatten sich die Koalitionspitzen auf strengere Regeln im Asylrecht geeinigt. Die hat die Bundesregierung jetzt beschlossen. Es geht um neue Registrierzentren, um weniger Familiennachzug und leichtere Ausweisungen. Außerdem sollen Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Darüber müssen noch Bundestag und Bundesrat abstimmen.

Von Gudula Geuther | 03.02.2016
    Das Wort "Asylrecht" des Artikels 16 des Grundgesetzes auf einer Glasscheibe vor dem Jakob-Kaiser-Haus im Regierungsviertel in Berlin.
    Das Asylrecht des Grundgesetzes bleibt unangetastet, aber die Bundesregierung verschärft die gesetzlichen Regeln. (dpa / Gregor Fischer)
    Kernstück des Asylpakets II sind besondere Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive. Gemeint sind vor allem Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten. Ob die dort geplanten Schnellverfahren der Verfassung entsprechen, ist umstritten. Flüchtlingsorganisationen und der Deutsche Anwaltverein etwa glauben, Rechtsschutz wie er im Flughafenverfahren mit Notdiensten der Anwaltschaft organisiert wird, sei für diese Einrichtungen gar nicht herstellbar. Der Frankfurter Anwalt Tim Kliebe sagt:
    "Das Gleiche jetzt für eine so große Zahl neu einreisender Flüchtlinge in diesen besonderen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen, würde nicht nur bedeuten, dass jeden Tag ein Anwalt, eine Anwältin Bereitschaft haben müsste, sondern wahrscheinlich ein Dutzend, oder fünfzig, oder hundert Anwälte - die es im Bundesgebiet überhaupt nicht gibt, und schon gar nicht in der Region, in der momentan diese besonderen Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen werden."
    Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sein werden, wird allerdings erst die Praxis zeigen. Vorläufereinrichtungen, die es in Bayern schon gibt, sind derzeit wenig belegt, weil die Zahl der Ankommenden aus den Balkanstaaten stark zurückgegangen ist. Dafür steigt die Zahl der Kommenden aus anderen Ländern mit geringer Anerkennungsquote.
    Abschiebungen sollen seltener als bisher am Gesundheitszustand des Betroffenen scheitern, unter anderem, indem nur noch schwere oder lebensbedrohliche Krankheiten als Hindernis gelten sollen. Psychotherapeuten, die besondere Traumaexpertise besitzen, sollen keine Atteste mehr ausstellen dürfen - einer der vielen Kritikpunkte von Pro Asyl.
    Weniger Familiennachzug für bestimmte Flüchtlinge
    So genannte subsidiär Schutzberechtigte sollen zwei Jahre lang Ehepartner und Kinder nicht nachholen dürfen. Es geht dabei unter anderem um - wenn man so will - bloße Bürgerkriegsflüchtlinge. In der Vergangenheit betraf das etwa zwanzig Prozent der Syrer. Auch ob dies verfassungsgemäß ist, ist umstritten. Dass auch Syrer betroffen sein werden, ist einer der Gründe, warum die SPD lange mit ihrer Zustimmung zögerte. Unter den jetzt von der Partei genannten Zugeständnissen der Union ist, dass die Betroffenen Ehepartner und Kinder im Rahmen möglicher späterer Kontingente nachholen können. Das allerdings ist im Sinne aller Fraktionen.
    Sozialleistungen soll in Zukunft nur noch bekommen, wer sich nach den neuen Regeln registrieren lässt - und zwar dort, wohin er verwiesen wurde. Insgesamt sollen die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leicht gesenkt werden, so bekommen Alleinstehende 10 Euro weniger. Und Flüchtlinge sollen sich mit 10 Euro an den Kosten von Sprachkursen beteiligen müssen.
    Die SPD hatte sich ursprünglich gewünscht, dass auch gesetzliche Standards für Unterkünfte geschaffen werden, die besonders Schutzbedürftigen zu Gute kommen sollen - Frauen, Kindern, Schwangeren und behinderten Menschen. Bisher hat stattdessen das Bundesfamilienministerium Förderkredite der KfW für Kommunen ermöglicht und Unicef zu Rate gezogen. Teil des Paketes ist aber auch, dass alle Mitarbeiter in Unterkünften, die für die Betreuung Minderjähriger zuständig sind, ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen.
    Das Kabinett beschloss heute auch, dass die Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitert werden soll, um Marokko, Algerien und Tunesien. In der Frage - und nur in der - muss auch noch der Bundesrat mitsprechen.