Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv


Auf der Suche nach dem optimalen Gesundheitskaffee

Molekularbiologie. - Kaffee enthält Tausende verschiedener Einzelsubstanzen. Viele von ihnen entstehen beim Rösten der Bohnen. Wie die stickstoffhaltigen Ring-Moleküle Alkylpyrazine: Sie sind nicht nur verantwortlich für den intensiven Geruch, sondern möglicherweise auch gesundheitsfördernd.

Von Volker Mrasek | 19.03.2012
    "Ich geh’ mal davon aus, dass jeder schon einmal eine Packung Kaffee geöffnet hat und diesen tollen Geruch nach Kaffee genossen hat ..."

    "Man hat einen sogenannten Röstgeruch in der Nase."

    "Das sind genau die Stoffe, die wir untersuchen. Wir interessieren uns für die Alkylpyrazine, flüchtige Verbindungen, die Ihnen in die Nase steigen, wenn Sie eine Packung Kaffee öffnen oder eine Tasse Kaffee aufbrühen."

    "Diese Alkylpyrazine an sich riechen meistens mehr nach Nuss oder so erdig. Sind die mit Abstand konzentrationsstärksten im Kaffee."

    An der TU Kaiserslautern gibt es eine Arbeitsgruppe für Molekulare Ernährungsforschung. Elke Richling, Professorin für Lebensmittelchemie, leitet das Team. Stephanie Pickard promoviert dort – und zwar über die duftstarken Alkylpyrazine. Wie Elke Richling sagt, kommen in Kaffee Dutzende der Stickstoff-haltigen Ring-Moleküle vor:

    "Also, die Substanzklasse war bekannt. Aber wir wussten nicht: Welche Substanzen gehen eigentlich ins Getränk über? Oder wie viele haben wir denn tatsächlich im Kaffee, den wir kaufen können, vorliegen? Und dafür haben wir eine Methode entwickelt, um dann wirklich quantitative Daten zu bekommen."

    Diese Daten liegen nun vor. Und zwar für zwölf verschiedene Alkylpyrazine. Stephanie Pickard kann bestätigen:

    "Ja, also sie gehen [zu] einem Großteil in die Tasse über. Bis zu circa 80 Prozent, die im Pulver enthalten sind, sind nachher auch im Kaffeegetränk zu finden. Es hätte ja auch sein können, dass sie nicht gut wasserlöslich sind und gar nicht im Getränk zu finden sind. Natürlich würde man sie dann auch nicht mit verzehren. Und sie wären dann von keiner physiologischen Relevanz."

    Das sind die Stoffe aber, wie auch weitere Versuche in der Arbeitsgruppe von Elke Richling andeuten:

    "Wir haben erste Hinweise in der Zellkultur, dass hier diese Pyrazine schon eine Wirkung entfalten, zum Beispiel bei der antioxidativen Abwehr einer Zelle. Aber das sind natürlich Laborversuche. Wir haben bei den Pyrazinen auch ein bisschen Einfluss auf die intrazellulären Signalwege festgestellt. Aber was das dann am Ende für den Menschen bedeutet, das können wir noch nicht sagen."

    Kaffee enthält Tausende verschiedener Einzelsubstanzen. Viele von ihnen entstehen beim Rösten der Bohnen wie die Pyrazine. Lebensmittelchemikerin Richling ist überzeugt, dass es sich lohnt, dem liebsten Getränk der Deutschen weitere Geheimnisse zu entlocken:

    "Daten zeigen auf jeden Fall, dass der Konsum von Kaffee dazu führt, dass das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, reduziert ist. Es ist auch beschrieben, dass Personen, die regelmäßig Kaffee verzehren, ein vermindertes Risiko haben, an Parkinson zu erkranken. Wir sind an einem Punkt, wo man versucht herauszubekommen, inwieweit die Wirkung mit den Inhaltsstoffen korreliert, weil wir natürlich im Moment nicht abschätzen können: Wie sieht denn der optimale Gesundheitskaffee eigentlich aus? Das ist Gegenstand gegenwärtiger Forschungsprojekte."
    Früher hieß es, zu viel Kaffee sei schädlich. Heute empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nur noch Schwangeren, nicht mehr als drei Tassen am Tag zu trinken. Und Experten betonen vor allem positive Wirkungen von Kaffee ...

    "Es ist belegt, dass Menschen, die Kaffee trinken, auch weniger Nahrung zu sich nehmen. Wir haben hier also eine sättigende Wirkung, die auf jeden Fall noch nicht im Detail erforscht ist. Wenn wir wissen, wie die Wirkmechanismen sind, dann kann man an dieser Stelle natürlich auch präventiv agieren. Und die vielen Typ-2-Diabetes-Fälle vielleicht auch reduzieren."
    Welches sind tatsächlich die Stoffe mit gesundheitsfördernder Wirkung? Und lässt sich ihr Gehalt im Kaffee möglicherweise steigern, etwa durch eine gezielte Steuerung des Röstprozesses? Um diese Fragen geht es.

    Die Alkylpyrazine sind dabei ein möglicher Kandidat. Die Kaiserslauterer Arbeitsgruppe will sie auf jeden Fall weiter erforschen. Kaffee, schwärmt Elke Richling, bleibe ein spannendes Thema für die Lebensmittelchemie:

    "Dadurch, dass Kaffee eine sehr komplexe Mischung ist an unterschiedlichsten Komponenten, wird man immer noch Dinge finden, die es an Kaffee zu entdecken gibt."