Munter rauscht der Fluss, dazu strahlender Sonnenschein; der Rucksack sitzt gut, die Wanderschuhe passen perfekt, als ich um elf Uhr morgens von Pforzheim, Stadtteil Birkenfeld, starte. Die ersten Kilometer führen auf einem schattigen, breiten Waldweg entlang der Enz.
Mit einer roten Raute ist die gesamte Strecke des Westwegs vorbildlich markiert – verlaufen ist fast unmöglich. Zusätzlich zeigen gelegentliche Wegweiser die Entfernung zu den nächsten Zielen der Route. Nach etwa anderthalb Stunden ein erster Höhepunkt – im wahrsten Sinne des Wortes: steil bergauf führt ein schmaler Pfad zum Schloss Neuenbürg.
Verschwitzt und ein bisschen außer Atem komme ich dort oben an, genieße den Blick ins Tal der Enz, bewundere die Renaissance-Fassade des Schlosses und den schmucken Innenhof: Im 16. Jahrhundert wird sich hier die adlige Gesellschaft auf Einladung des Herzogs von Wirtenberg zum Ball getroffen haben.
Überhaupt nicht adelig ist die Gesellschaft, in der ich mich am nächsten Abend wiederfinde: in der Schankstube im "Adler" im Städtchen Forbach sitzen einige Wanderer zusammen am Tisch. Die 25 Kilometer weite Tagesetappe, die mit einem fast zweistündigen, schroffen Abstieg ins Tal der Murg endete, steckt uns allen in den Knochen. Ausgepowert, hungrig und durstig sind wir – aber auch zufrieden.
Mehrmals schon ist man sich begegnet in den ersten zwei Tagen, mal irgendwo in einer Schutzhütte im Wald, mal an einem Brunnen oder beim Kraxeln auf einen der vielen Berge.
Mit einer roten Raute ist die gesamte Strecke des Westwegs vorbildlich markiert – verlaufen ist fast unmöglich. Zusätzlich zeigen gelegentliche Wegweiser die Entfernung zu den nächsten Zielen der Route. Nach etwa anderthalb Stunden ein erster Höhepunkt – im wahrsten Sinne des Wortes: steil bergauf führt ein schmaler Pfad zum Schloss Neuenbürg.
Verschwitzt und ein bisschen außer Atem komme ich dort oben an, genieße den Blick ins Tal der Enz, bewundere die Renaissance-Fassade des Schlosses und den schmucken Innenhof: Im 16. Jahrhundert wird sich hier die adlige Gesellschaft auf Einladung des Herzogs von Wirtenberg zum Ball getroffen haben.
Überhaupt nicht adelig ist die Gesellschaft, in der ich mich am nächsten Abend wiederfinde: in der Schankstube im "Adler" im Städtchen Forbach sitzen einige Wanderer zusammen am Tisch. Die 25 Kilometer weite Tagesetappe, die mit einem fast zweistündigen, schroffen Abstieg ins Tal der Murg endete, steckt uns allen in den Knochen. Ausgepowert, hungrig und durstig sind wir – aber auch zufrieden.
Mehrmals schon ist man sich begegnet in den ersten zwei Tagen, mal irgendwo in einer Schutzhütte im Wald, mal an einem Brunnen oder beim Kraxeln auf einen der vielen Berge.
Abschalten beim Wandern
Schon jetzt kennen wir uns alle beim Vornamen. Diethelm, 69 Jahre jung, ist passionierter Fernwanderer. Etwa 40.000 Kilometer habe er schon in den Beinen, also sozusagen einmal um den Äquator, erzählt er stolz. Kalifornien und Kanada; Schweden, Schottland und die Schweiz. Den Jakobsweg ist er natürlich gelaufen; und nun zum vierten Mal den Westweg im Schwarzwald.
"Das Erleben, Leute kennenlernen, mit Leuten zu sprechen, verschiedene Gegenden und Landschaften kennenzulernen. Das ist einfach ein Abschalten. Wenn man so drei Tage unterwegs ist, hat man den Rest der Welt und den Stress der Welt vergessen."
Diethelms Kumpel Clemens ist ein paar Jahre jünger; für ihn sind auch sportliche Aspekte und – vor allem – die kommunikative Seite des Wanderns wichtig.
"Es gibt eine Masse von Motiven, das Thema ist natürlich Herausforderung, Abenteuer, Sport. Und natürlich das Kennenlernen von Menschen, die nicht normal sind. Man muss das mal sagen, man trifft ja wirklich Individualisten hier unterwegs."
"Das Erleben, Leute kennenlernen, mit Leuten zu sprechen, verschiedene Gegenden und Landschaften kennenzulernen. Das ist einfach ein Abschalten. Wenn man so drei Tage unterwegs ist, hat man den Rest der Welt und den Stress der Welt vergessen."
Diethelms Kumpel Clemens ist ein paar Jahre jünger; für ihn sind auch sportliche Aspekte und – vor allem – die kommunikative Seite des Wanderns wichtig.
"Es gibt eine Masse von Motiven, das Thema ist natürlich Herausforderung, Abenteuer, Sport. Und natürlich das Kennenlernen von Menschen, die nicht normal sind. Man muss das mal sagen, man trifft ja wirklich Individualisten hier unterwegs."
Wandern statt Ballermann
"Auf der Arbeit haben alle gesagt: Bist du bekloppt? Wir fahren zum Ballermann, da hab ich gesagt, okay, da möchte ich nicht hin und mach mal was ganz anderes."
Die 27-jährige Ann-Kathrin aus der Nähe von Osnabrück geht den Westweg alleine. Beruflich arbeitet sie mit Schwerstbehinderten.
"Ich geh den Weg erst mal, um von der Arbeit abzuschalten, eine Herausforderung zu suchen, nicht immer erreichbar zu sein, wenn die Arbeit das möchte."
Schon am ersten Tag, auf dem Waldweg entlang der Enz, war mir die zierliche junge Frau aufgefallen; mal weit vor mir, dann wieder hinter mir gehend, verschwand sie immer wieder für ein paar Minuten im Gebüsch, hinter Felsen oder im Farnkraut. Mit schwacher Blase habe das nichts zu tun, erklärt Ann-Kathrin. Ausgerüstet mit einem GPS-Empfänger ist sie auf dem Westweg sozusagen auf "digitaler Schatzsuche".
"Mein zweites Hobby ist das Geo-Cashing. Der Westweg ist halt mit Dosen bestückt. Zwischendurch verschwinde ich dann mal in den Büschen, um dann kleine nette Döschen zu suchen, wo ein Logbuch drin ist, wo man halt seinen Nickname einträgt und das heutige Datum. Dann wird das wieder an derselben Stelle zurückgelegt."
So steil es gestern Abend bergab ging, so schroff ist der Aufstieg aus dem Murgtal am nächsten Morgen. Für den Mittag ist Regen angesagt, noch aber ist es trocken, dazu schwül und fast unerträglich heiß. Die Marienkapelle am Wegrand bietet ein wenig Schatten und Kühle. Vorsichtig blättere ich in dem großen Votivbuch, das am Eingang ausliegt.
"Lieber Gott, lass meine zwei Hunde, meine Frau und mich den Westweg gut überstehen. H. Meier.; Anstrengend, aber schön… H.G. aus Heidelberg…"
Göttlichen Beistand könnte ich zwei Stunden später gut gebrauchen. Es regnet, nein: Es gießt in Strömen. Alle Schleusen des Himmels sind geöffnet, innerhalb weniger Minuten bin ich nass bis auf die Haut. In den dicken Wanderschuhen gluckst bei jedem Schritt Wasser. Ungemütlich kalt wird es, Nebelschwaden jagen über die einsame Berglandschaft.
Die 27-jährige Ann-Kathrin aus der Nähe von Osnabrück geht den Westweg alleine. Beruflich arbeitet sie mit Schwerstbehinderten.
"Ich geh den Weg erst mal, um von der Arbeit abzuschalten, eine Herausforderung zu suchen, nicht immer erreichbar zu sein, wenn die Arbeit das möchte."
Schon am ersten Tag, auf dem Waldweg entlang der Enz, war mir die zierliche junge Frau aufgefallen; mal weit vor mir, dann wieder hinter mir gehend, verschwand sie immer wieder für ein paar Minuten im Gebüsch, hinter Felsen oder im Farnkraut. Mit schwacher Blase habe das nichts zu tun, erklärt Ann-Kathrin. Ausgerüstet mit einem GPS-Empfänger ist sie auf dem Westweg sozusagen auf "digitaler Schatzsuche".
"Mein zweites Hobby ist das Geo-Cashing. Der Westweg ist halt mit Dosen bestückt. Zwischendurch verschwinde ich dann mal in den Büschen, um dann kleine nette Döschen zu suchen, wo ein Logbuch drin ist, wo man halt seinen Nickname einträgt und das heutige Datum. Dann wird das wieder an derselben Stelle zurückgelegt."
So steil es gestern Abend bergab ging, so schroff ist der Aufstieg aus dem Murgtal am nächsten Morgen. Für den Mittag ist Regen angesagt, noch aber ist es trocken, dazu schwül und fast unerträglich heiß. Die Marienkapelle am Wegrand bietet ein wenig Schatten und Kühle. Vorsichtig blättere ich in dem großen Votivbuch, das am Eingang ausliegt.
"Lieber Gott, lass meine zwei Hunde, meine Frau und mich den Westweg gut überstehen. H. Meier.; Anstrengend, aber schön… H.G. aus Heidelberg…"
Göttlichen Beistand könnte ich zwei Stunden später gut gebrauchen. Es regnet, nein: Es gießt in Strömen. Alle Schleusen des Himmels sind geöffnet, innerhalb weniger Minuten bin ich nass bis auf die Haut. In den dicken Wanderschuhen gluckst bei jedem Schritt Wasser. Ungemütlich kalt wird es, Nebelschwaden jagen über die einsame Berglandschaft.
Beeindruckende Naturerlebnisse
Als sich der Regen ein paar Stunden später verzogen hat, stehe ich auf der Hornisgrinde, einem der höchsten Berge des nördlichen Schwarzwalds. Der Blick ist atemberaubend: Eine düstere Heide- und Moorlandschaft, hier und da ragen Baumstümpfe aus dem Boden, wie Skelette strecken die Stämme ihre kahlen Äste in den Himmel. Aus den dicht bewaldeten Bergketten dampft Nebel; immer wieder reißt die Wolkendecke auf und gewährt weite Blicke in das Rheintal. Man erkennt Dörfer und Städte, das gleißende Band des Flusses und dahinter die Bergkette der Vogesen.
Die Ausblicke in die Rheinebene zählen zu den vielen beeindruckenden Naturerlebnissen auf dem Westweg. Die Vielfalt in der Vegetation, in den Farben, Gerüchen und Stimmungen ist überwältigend.
"Man denkt vielleicht, im Schwarzwald da sind nur Bäume; das ist ja auch richtig, es sind sehr viele Bäume hier überall. Aber trotzdem: diese vielen unterschiedlichen Grüns, jetzt noch diese leicht neblige Stimmung – das muss man fast erleben, das kann man nicht beschreiben, wie schön das ist. Obwohl es regnet!"
Die 47-jährige Andrea geht den Weg mit ihrem Mann – ursprünglich ihm zuliebe, wie sie betont. Trotz anfänglicher Blasen an den Füßen und Schmerzen in den Gelenken hält sie tapfer durch, auch wenn sie die drei weitesten Etappen von über 30 Kilometer mit dem Bus bewältigt.
"Es spielt eigentlich nur eine Rolle, dass man gute Sachen anhat, die dich vor Kälte, Sonne und Nässe schützen und den Rest nimmt man einfach gerne in Kauf, zumal man von der Landschaft absolut entschädigt wird."
Einsam liegt der Harkhof, eines der schönsten Quartiere auf der zwölftägigen Wanderstrecke: Erbaut wurde der alte Schwarzwaldhof schon 1749, auf einem sonnigen Hang hoch über dem Rheintal. Rundherum ein paar steile Wiesenhänge, umgeben von dichtem Forst aus majestätischen Tannen, Fichten und Buchen: eine idyllische Oase in den unendlichen Tiefen des Schwarzwaldes. Auf der etwa 40 Kilometer langen Strecke zwischen Kniebis und Hausach im Kinzigtal ist der Harkhof die einzige Quartiermöglichkeit.
"Das war früher nur ein Bauernhof; dann sind die Wanderer vorbeigezogen, vielen war der Weg zu weit nach Hausach. Dann haben sie übernachtet im Heuschober oder auf der Bühne. Dann hat es angefangen mit Matratzenlager, das war so die erste Übernachtungsmöglichkeit."
Marianne Hug führt den Harkhof gemeinsam mit ihrem Ehemann; zwölf Betten in frisch renovierten Einzel- und Doppelzimmern stehen für Wanderer zur Verfügung, dazu noch ein großes Bettenlager. Milch, Butter und Käse kommen von den eigenen Kühen, für Schinken und Würste hält man sich Schweine, eigener Honig wird geschleudert, die Oma backt das Brot, der Opa brennt den Schnaps.
"Also im Große und Ganze muss ich sagen, Wanderer sind eigentlich, wie sagt man, pflegeleicht. Sie bleiben jetzt nicht so lange sitzen, die sind halt kaputt abends, gehen beizeiten ins Bett und morgens geht’s dann wieder früh raus."
Nicht überall entlang des Westwegs ist die touristische Infrastruktur so gut wie hier. In manchen Gasthöfen riecht und spürt man den Mief der sechziger Jahre. Anderswo ist die kulinarische Auswahl dürftig. Verglichen mit anderen deutschen Ferienregionen ist das Preisniveau eher hoch.
Die Ausblicke in die Rheinebene zählen zu den vielen beeindruckenden Naturerlebnissen auf dem Westweg. Die Vielfalt in der Vegetation, in den Farben, Gerüchen und Stimmungen ist überwältigend.
"Man denkt vielleicht, im Schwarzwald da sind nur Bäume; das ist ja auch richtig, es sind sehr viele Bäume hier überall. Aber trotzdem: diese vielen unterschiedlichen Grüns, jetzt noch diese leicht neblige Stimmung – das muss man fast erleben, das kann man nicht beschreiben, wie schön das ist. Obwohl es regnet!"
Die 47-jährige Andrea geht den Weg mit ihrem Mann – ursprünglich ihm zuliebe, wie sie betont. Trotz anfänglicher Blasen an den Füßen und Schmerzen in den Gelenken hält sie tapfer durch, auch wenn sie die drei weitesten Etappen von über 30 Kilometer mit dem Bus bewältigt.
"Es spielt eigentlich nur eine Rolle, dass man gute Sachen anhat, die dich vor Kälte, Sonne und Nässe schützen und den Rest nimmt man einfach gerne in Kauf, zumal man von der Landschaft absolut entschädigt wird."
Einsam liegt der Harkhof, eines der schönsten Quartiere auf der zwölftägigen Wanderstrecke: Erbaut wurde der alte Schwarzwaldhof schon 1749, auf einem sonnigen Hang hoch über dem Rheintal. Rundherum ein paar steile Wiesenhänge, umgeben von dichtem Forst aus majestätischen Tannen, Fichten und Buchen: eine idyllische Oase in den unendlichen Tiefen des Schwarzwaldes. Auf der etwa 40 Kilometer langen Strecke zwischen Kniebis und Hausach im Kinzigtal ist der Harkhof die einzige Quartiermöglichkeit.
"Das war früher nur ein Bauernhof; dann sind die Wanderer vorbeigezogen, vielen war der Weg zu weit nach Hausach. Dann haben sie übernachtet im Heuschober oder auf der Bühne. Dann hat es angefangen mit Matratzenlager, das war so die erste Übernachtungsmöglichkeit."
Marianne Hug führt den Harkhof gemeinsam mit ihrem Ehemann; zwölf Betten in frisch renovierten Einzel- und Doppelzimmern stehen für Wanderer zur Verfügung, dazu noch ein großes Bettenlager. Milch, Butter und Käse kommen von den eigenen Kühen, für Schinken und Würste hält man sich Schweine, eigener Honig wird geschleudert, die Oma backt das Brot, der Opa brennt den Schnaps.
"Also im Große und Ganze muss ich sagen, Wanderer sind eigentlich, wie sagt man, pflegeleicht. Sie bleiben jetzt nicht so lange sitzen, die sind halt kaputt abends, gehen beizeiten ins Bett und morgens geht’s dann wieder früh raus."
Nicht überall entlang des Westwegs ist die touristische Infrastruktur so gut wie hier. In manchen Gasthöfen riecht und spürt man den Mief der sechziger Jahre. Anderswo ist die kulinarische Auswahl dürftig. Verglichen mit anderen deutschen Ferienregionen ist das Preisniveau eher hoch.
Wenig Angebote für Touristen
Urs aus Stuttgart wandert mit seinem Bruder eine Teilstrecke des Westwegs; als Veranstalter von Abenteuerreisen nach Südamerika kommt er "vom Fach" – und sieht für den Wandertourismus im Schwarzwald viele Verbesserungsmöglichkeiten.
"Es ist nicht gut organisiert; also rein von der touristischen Seite her könnt sich das viel mehr ausbauen lassen; was Unterkünfte betrifft, aber auch was Restauration betrifft. Die Leute verstehen es noch nicht so ganz, was man daraus machen könnte. Die sind halt noch verwöhnt von den 50er, 60er Jahren, da wo hier der Tourismus geblüht hat. Die leben noch in der Welt oder in der Hoffnung, dass es immer noch so ist. Aber es ist halt nicht mehr so. Man muss sich auch bemühen, wenn man Geld verdienen möchte."
Zwischen 18 und 35 Kilometer sind die Etappen des Westwegs; je weiter ich nach Süden komme, desto leichter wird es, Unterkünfte zu finden. Um Titisee und Feldberg herum tauche ich für einen Tag in eine völlig andere Welt ein: Touristenströme, Reisebusse, Souvenirläden, Kitsch und Kommerz.
Dann wird es wieder einsam. Schmale Klettersteige entlang der Hänge des Belchen, wunderschöne Almlandschaften oberhalb des Münstertals; das Wandern wird zur Meditation: die Stille nur unterbrochen durch das Plätschern einer Quelle oder den Wind in den Baumwipfeln. Der Duft von Walderdbeeren und Harz, von modrigen Pilzen und Farnkraut, weiche Regentropfen auf der Haut – ein Erlebnis für alle Sinne.
Am Abend vor der letzten Etappe treffen sich viele der Wanderer wieder im Gasthof zur Weserei in Kandern. Am großen Tisch in der Wirtsstube sitzen wir noch einmal zusammen, erzählen uns von den Erlebnissen und ziehen Resüme. Geo-Casherin Ann-Katrin ging den Westweg auch für ein verstorbenes behindertes Kind, das sie lange Jahre betreute.
"Der fand den Wald toll und die Blätter. Und ich hab gesagt: okay, jetzt bist du zwar nicht mehr da, aber ich nehme dich so ein bisschen mit."
"Es ist nicht gut organisiert; also rein von der touristischen Seite her könnt sich das viel mehr ausbauen lassen; was Unterkünfte betrifft, aber auch was Restauration betrifft. Die Leute verstehen es noch nicht so ganz, was man daraus machen könnte. Die sind halt noch verwöhnt von den 50er, 60er Jahren, da wo hier der Tourismus geblüht hat. Die leben noch in der Welt oder in der Hoffnung, dass es immer noch so ist. Aber es ist halt nicht mehr so. Man muss sich auch bemühen, wenn man Geld verdienen möchte."
Zwischen 18 und 35 Kilometer sind die Etappen des Westwegs; je weiter ich nach Süden komme, desto leichter wird es, Unterkünfte zu finden. Um Titisee und Feldberg herum tauche ich für einen Tag in eine völlig andere Welt ein: Touristenströme, Reisebusse, Souvenirläden, Kitsch und Kommerz.
Dann wird es wieder einsam. Schmale Klettersteige entlang der Hänge des Belchen, wunderschöne Almlandschaften oberhalb des Münstertals; das Wandern wird zur Meditation: die Stille nur unterbrochen durch das Plätschern einer Quelle oder den Wind in den Baumwipfeln. Der Duft von Walderdbeeren und Harz, von modrigen Pilzen und Farnkraut, weiche Regentropfen auf der Haut – ein Erlebnis für alle Sinne.
Am Abend vor der letzten Etappe treffen sich viele der Wanderer wieder im Gasthof zur Weserei in Kandern. Am großen Tisch in der Wirtsstube sitzen wir noch einmal zusammen, erzählen uns von den Erlebnissen und ziehen Resüme. Geo-Casherin Ann-Katrin ging den Westweg auch für ein verstorbenes behindertes Kind, das sie lange Jahre betreute.
"Der fand den Wald toll und die Blätter. Und ich hab gesagt: okay, jetzt bist du zwar nicht mehr da, aber ich nehme dich so ein bisschen mit."